Das Mittelalter als „Lebenseinstellung“

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Fröhliche, kostümierte Menschen und Musik unter freiem Himmel - sollte es etwa schon wieder so weit sein? Aber nein. Die Burgfräuleins, Ritter, Gaukler und Knechte, die sich am vergangenen Wochenende am Fühlinger See herumtrieben, hatten mit Karneval nichts im Sinn. Man wähnte sich im Mittelalter.

Das Kultur-Volksfest „Mittelalterlich Spectaculum“, das auf seiner Deutschland-Tour in diesem Jahr zum ersten Mal auch in Köln Halt machte, verwandelte die Wiesen am Fühlinger See drei Tage lang in ein wahres Paradies für Mittelalter-Freunde. Ob beim Bogenschießen oder Hammerwerfen, beim Ritterturnier oder bei den wilden Kampfspektakeln mit Schwert, Beil und Fackel, ob beim Spaziergang durch das originalgetreue Zeltlager oder beim Bummel zu mittelalterlichen Klängen über den Handwerker- und Händlermarkt - die zahlreichen Besucher begaben sich auf eine märchenhafte Zeitreise ins 13. Jahrhundert und schnupperten für ein paar Stunden die Luft des mittelalterliche Lebens.

Für die wahren Mittelalterfans unter ihnen, die aufwendig verkleidet als Edelfrauen, Bogenschützen, Ritter und Narren das Seeufer bevölkerten, war das Fest mehr als nur ein einmaliges Spektakel. „Das Mittelalter ist für mich eine Art Lebenseinstellung“, erzählte die 18-jährige Isabelle Dittmar, die sich eigens für das Fest ein mittelalterliches Kleid genäht hatte.

Unverkleidete wirkten

fast wie Exoten

„Es liegt wohl an der Stimmung hier. Man trifft immer wieder die gleichen Leute“, so Dittmar. „Die Gemeinschaft ist schon fast wie eine zweite Familie.“ Dass dazu ein in Lumpen gekleideter Bettler gehörte, der seine gefesselte Frau verkaufen wollte, oder das gemeinschaftliche Bad in einer alten Wasserbütt, muss man als echter Fan in Kauf nehmen.

Fast exotisch wirkten neben den überzeugten Mittelalter-Anhängern die doch eher „gewöhnlichen“ Wochenendsausflügler, die rein zufällig vom „Mittelalterlich Spectaculum“ gehört hatten und so mit Kindern und Enkeln über den Festplatz schlenderten. Doch auch gerade diese Menschen ein wenig für die alte Zeit zu begeistern, war das Anliegen der mehr als 1000 Darsteller und Händler, die das Mittelalter für ein Wochenende aufleben ließen. „Ich möchte Kindern das alte Handwerk näher bringen, ihnen die Techniken zeigen, damit sie nicht verloren gehen“, erzählte Katrin Rost aus Hannover, während sie an ihrem Spinnrad Wolle sponn. Seit sieben Jahren ist sie nun schon mit ihrem Naturkleidungs-Stand Teil der Markt-Truppe. „Das ist mehr als nur ein Job für mich, ich mache das aus Überzeugung.“

Überzeugt hat das Kulturfest auch Daniel Heide aus Olpe, der den Markt als einen der „größten und besten, die es in Deutschland so gibt“ lobte. Die vielen Kinder jedenfalls, die mit glänzenden Augen die wilden Ritter-Kampfspiele verfolgten, werden sicher noch lange von den Fürsten und Halunken träumen und auch so manchem Erwachsenen klang wohl auf der Rückfahrt noch der wohlgesonnene Abschiedsgruß im Ohr: „Gehabet euch wohl. Mögen die Armeen des Teufels auf dem Wege zu eurem Hause vom Pfade abkommen!“

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