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Gefahren im WasserEinjähriges Kind fast in Kölner Pool ertrunken - „Eltern müssen jede Sekunde aufpassen“

Lesezeit 4 Minuten
Einsatzkräfte der DLRG simulieren die Rettung einer Person aus dem Fühlinger See.

Einsatzkräfte der DLRG simulieren die Rettung einer Person aus dem Fühlinger See.

Die Zahl der Badeunfälle steigt: Feuerwehr und DLRG demonstrierten Rettungsmöglichkeiten am Fühlinger See in Köln. 

Es ist ein heißer Tag im Juli 2021, es ist viel los am Fühlinger See, als die damals elfjährige Sophie einen vierjährigen Jungen entdeckt, der leblos im Wasser treibt. Das kommt ihr komisch vor. Sie zieht ihn am Arm aus dem Wasser, ihre Mutter beginnt sofort mit der Reanimation. Durch die schnelle Rettung durch Sophie überlebte das Kind ohne bleibende Schäden. „Ich erzähle meine Geschichte, weil mir sehr wichtig ist, dass sowas nicht noch mal passiert“, sagt die heute 15-jährige Schülerin.

Und doch passiert es immer wieder: Am Samstag ertrank ein dreijähriger Junge im Strandbad des Rather Sees. Ebenfalls am Wochenende wurde in Köln ein einjähriges Kind aus einem privaten Pool gezogen, das laut Feuerwehr mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus liegt. „Kinder ertrinken fast immer lautlos“, sagt Marco Strohm, Leitender Notarzt der Feuerwehr Köln, und appelliert: „Eltern müssen jede Sekunde aufpassen. Jede kleinste Unaufmerksamkeit kann dazu führen, dass ein Kind ertrinkt - auch im Planschbecken oder im Gartenteich, und auch im Schwimmbad, wo es eine Badeaufsicht gibt.“

Ersthelferin Sophie rettete 2021 einen Vierjährigen vor dem Ertrinken.

Ersthelferin Sophie rettete 2021 einen Vierjährigen vor dem Ertrinken.

Um auf die Gefahren und Risiken für Kinder und Erwachsene im Wasser aufmerksam zu machen, hatten Feuerwehr und DLRG am Mittwoch zu einer gemeinsamen Übung eingeladen. Am Fühlinger See demonstrierten sie die Rettung eines gekenterten Stand-up-Paddlers, der sich kaum noch über Wasser halten kann und um Hilfe ruft, durch ein Boot der DLRG. Sowie die Suche nach einem vermissten Schwimmer durch Taucher der Feuerwehr.

Jede Sekunde zählt

Rund vier Minuten braucht das alarmierte Boot der DLRG im Ernstfall vom „Black Foot Beach“ an See 5 bis zum See 7, an dem es seit dem vergangenen Jahr eine offizielle Badestelle gibt. Dort steht auch eine vor zwei Notrufsäulen, die am Fühlinger See installiert wurden. Die ehrenamtlichen Retter der DLRG werden parallel zur Feuerwehr und zum Rettungsdienst alarmiert. Sie sind an Wochenenden und Feiertagen am Fühlinger See und am Rhein in Bereitschaft, alle haben eine Ausbildung zum Sanitäter.

Bei der Rettung gelte immer: Jede Sekunde zählt. „Wenn Menschen länger als sechs Minuten unter Wasser sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu schweren neurologischen Schäden oder zum Tod kommt, erheblich“, erklärt Notarzt Strohm. „Nach einer halben Stunde Rettungszeit haben wir so gut wie keine Überlebenden mehr.“ Daher sei der mutige Einsatz von Ersthelfern lebensnotwendig, wenn jemand aus dem Wasser gezogen wird. „Sie werden telefonisch von unserer Leitstelle bei einer Reanimation unterstützt“, so Strohm. 

Taucher der Wasserrettung zeigen, wie sie eine Person aus dem Fühlinger See retten.

Taucher der Wasserrettung zeigen, wie sie eine Person aus dem Fühlinger See retten.

Die DLRG unterstützt auch bei der Suche nach Vermissten: Ihr Hochwasserrettungsboot Delphin 6, das mit Rollen transportiert werden kann, war auch am Wassermannsee in Vogelsang im Einsatz, wo vor zwei Wochen nach einem vermissten 22-Jährigen gesucht wurde. Auch Taucher der Kölner Feuerwehr waren in Vogelsang im Einsatz. „Die Sicht war dort im See gleich null“, sagt Ulrich Laschet, Sprecher der Feuerwehr Köln. Nur durch Tasten können sich die Taucher dann orientieren. Im Fühlinger See war am Mittwoch die Sicht mit drei Metern verhältnismäßig gut. Ein Azubi der Feuerwehr konnte - wie auch der gekenterte Stand-up-Paddler - aus dem See gerettet und wiederbelebt werden.

Immer weniger Menschen können schwimmen

Die Übung hat einen ernsten Hintergrund: Die Zahl der tödlichen Badeunfälle steigt. Die DLRG hat 2024 411 tödliche Badeunglücke bundesweit verzeichnet – 31 Todesfälle mehr als im Vorjahr. In Köln wurde die Feuerwehr 2024 31-mal alarmiert, da Personen im Wasser in Lebensgefahr geraten waren, in diesem Jahr bereits mehr als 20 Mal - fast immer mit dem Notruf „PRhein“ - also Person im Rhein. Auch Taucher der rund 35-köpfigen Kölner Tauchgruppe werden im Rhein als Strömungsretter eingesetzt. Dort wurden alleine am vergangenen Wochenende vier Menschen vermisst. Rettungshubschrauber und Drohnen unterstützen die Retter. 

Gründe für Badeunfälle können laut der Einsatzkräfte die eigene Überschätzung sein, Alkohol und Drogen oder die Unterschätzung der Gefahren in Flüssen und Baggerseen, wie Temperaturunterschiede oder Strömungen. Und es gibt ein weiteres Problem: „Die Statistik zeigt leider von Jahr zu Jahr, dass Personen, die schwimmen können, immer weniger werden“, sagt Kian Shahbodaghi von der DLRG Köln. Immer mehr Schwimmbäder seien geschlossen, es gebe weniger Schwimmzeiten für die Schwimmausbildung sowie kaum adäquaten Schwimmunterricht in Schulen, so Shahbodaghi. „Kinder müssen im frühen Alter Schwimmen lernen, damit genau solche Badeunfälle verhindert werden können. Wir appellieren auch an Erwachsene, die nicht schwimmen können, es im Rahmen eines Schwimmkurses zu erlernen.“