Es ist 80 Jahre her, dass die Skulptur des „Segnenden Christus“ in Alfter durch den Geistlichen Dr. Johannes Daniels eingeweiht wurde.
Mahnmal für den FriedenVor 80 Jahren wurde in Alfter die Statue des segnenden Christus eingeweiht

Mahnmal für Frieden: Der segnende Christus ruft Versöhnung, Verständigung und Gewaltlosigkeit auf – sowohl im persönlichen als auch im politischen Sinne.
Copyright: Frank Engel-Strebel
Sie wirkt schon ein wenig monumental und weckt mit den ausgebreiteten Armen sofort Assoziationen zur kolossalen Christus-Statue in Rio de Janeiro. Wer vom Alfterer Friedhof entlang der Hauptbühne des Freilichtwandertheaters am Buchholzweg und dem jüdischen Friedhof an den vielen Hecken und Sträuchern spazieren geht, der wird bereits aus der Ferne von der Statue des „Segnenden Christus“ buchstäblich mit offenen Armen in Empfang genommen.
Am 7. Oktober wird es 80 Jahre her sein, dass die Skulptur durch den Bonner Geistlichen Dr. Johannes Daniels eingeweiht und gesegnet wurde. Geschaffen wurde sie von dem Bildhauer Jakobus Linden (1886–1950), Auftraggeber war der als Vorgebirgsrebell bekannte Friedensaktivist, Landwirt und Erfinder des Brombeerweins „Rebellenblut“ Wilhelm Maucher (1903–1993).
Eigentlich wäre der Alfterer Dechant Wilhelm Bergené für diese Zeremonie zuständig gewesen, schildert Ernst Gierlich, Vorsitzender der Heimatfreunde Roisdorf, in seinen Aufzeichnungen über die Geschichte der Statue. Doch das Verhältnis zwischen ihm und Maucher sei sehr angespannt gewesen. Maucher habe einen „rebellischen Kampf“ mit Bergené und dem Erzbischöflichen Generalvikariat in Köln geführt, als er am Ende des Zweiten Weltkrieges den „Segnenden Christus vom Vorgebirge“ südlich vom Lokal „Heimatblick“ in Roisdorf aufstellen lassen wollte.
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Ein bronzezeitlicher Grabhügel an der Grenze zwischen Alfter und Roisdorf
Die Idee hing aber nicht mit der exponierten Stelle zusammen, vielmehr soll sich dort laut dem damaligen Gemeindeförster Wilhelm Hennes ein Ort, der „Am Heiligen Grab“ hieß, ein bronzezeitlicher Grabhügel an der Grenze zwischen Alfter und Roisdorf, befunden haben. Hennes schrieb in seinen Erinnerungen: „Die Statue wurde errichtet zum Dank für die Errettung aus großen Kriegsnöten.“
Dr. Daniels soll bei der Einsegnung gesagt haben, dass mit diesem Denkmal wieder ein „christliches Zeichen im öffentlichen Leben“ erstehen sollte, im Gegensatz zu der gottlosen Propaganda der Nazis als Hoffnung für eine bessere Zukunft für alle Völker. Bis zu 60 Freunde und Bekannte sollen an der Einweihungszeremonie vor 80 Jahren teilgenommen habe.
Maucher schrieb über die Figur: „Ich setzte diesen segnenden Christus, der alle Menschen an sich ziehen und helfen wollte, als Mahnmal gegen Hitlers These, alle Menschen zu vernichten, die nicht arischer Abstimmung oder Nazi-Gegner waren.“

Der Friedensweg ist eine Mahnung für alle Besucher.
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Gierlich wertet die Statue als ein Hauptwerk des Künstlers Jakobus Linden, der nach Studienaufenthalten in Karlsruhe und München in Köln gewirkt hatte und ab 1919 in Bonn-Poppelsdorf ein Atelier hatte. Linden hat zahlreiche Kriegerdenkmäler und Ehrenmale, beispielsweise in Buschhoven, Hemmerich und auf dem Judenfriedhof in Bonn geschaffen. Zu Linden und dessen Frau Senta, die Zahnärztin in Alfter war, pflegte die Familie Maucher lange eine freundschaftliche Verbindung. Maucher wie Linden waren streng gläubige Christen, auch wenn der Vorgebirgsrebell häufig mit der katholischen Kirche haderte.
Aus Kunststein hat Linden die Figur bereits unmittelbar nach Kriegsende im Auftrag Mauchers geschaffen und zwar im für ihn typischen Stil aus Realismus und Expressionismus. Die Jesus-Skulptur kommt mit einem langen, schlichten Gewand bekleidet daher. Die ausgebreiteten Arme sollen die Betrachter nicht nur segnen, sondern sie auch umarmen: „Kopf und Arme sind leicht vorgebeugt, so dass er dem Betrachter entgegen zu schreiten scheint. Glatt, fast kantig sind der Körper und das ernst und ruhig wirkende Gesicht gestaltet.
Die Statue scheint gleichwohl bewegt und lebendig, das Gewand lässt die Körperformen durchscheinen“, heißt es bei Gierlich. Zu der 1931 eröffneten Christusstatue in Rio gibt es einige Unterschiede. So fehlen bei der Alfterer Figur die Wundmale: „Er ist damit der auf Erden das Reich Gottes Verkündende, noch nicht der Gekreuzigte und Auferstandene“, erklärt Gierlich.
Zehn Gebotssteine „gegen die Machthaber und Politiker dieser Erde“
33 Jahre nach Kriegsende, 1978, ließ Maucher unterhalb der Christusstatue zehn Gebotssteine „gegen die Machthaber und Politiker dieser Erde“ verlegen, wodurch der heutige Friedensweg entstand. Maucher mahnte unter anderem vor Atom- und Neutronenbomben, vor Auf- und Wettrüsten, vor Diktaturen und Schikanen, aber auch vor der „Volksverdummung durch Massenmedien.“ Ende 2009 schien die Idylle am Friedensweg akut bedroht als 16 Jahre nach Mauchers Tod das Lokal „Heimatblick“ schloss.
Es fand sich jedoch ein Käufer für das Anwesen und das Grundstück mit dem Friedensweg. Die neue Eigentümerin, die TXL Business Academy, beabsichtigte, den Fiedesweg zu beseitigen. Es kam laut Gierlich zu einem „Sturm der Entrüstung“ in der Bevölkerung. Die Firma ging jedoch insolvent bevor es zu einer notariellen Übertragung des Friedenswegs kam.

Der Autor und Kabarettist Jürgen Becker besuchte die Anlage 2012 für eine WDR-Reportage.
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Am Ende gelang es mit Unterstützung der Politik und nicht zuletzt durch den Förderverein „Haus der Alfterer Geschichte“ und dem Motorradklub „Kuhle Wampe“ und dessen Sprecher, Günter Benz aus Alfter, den Friedensweg zu erhalten.
Seitdem pflegen Ehrenamtliche das Gelände, das auch einen beeindruckenden Fernblick bis ins Rheintal bietet, regelmäßig . 2012 schaute sogar der bekannte Kabarettist Jürgen Becker am Friedensweg für die WDR-Serie „Becker, der Entdecker“ vorbei, um ungewöhnliche Orte in NRW aufzusuchen. 2021 gelang es den Ehrenamtlichen, eine Gedenkstätte für Maucher auf dem Alfterer Gemeindefriedhof einzurichten, nachdem zuvor die Erbenfamilie dessen Grab nach der Nutzungszeit beseitigen ließ. Zur Einsegnung durch Pastor Stefan Lischka war auch Mauchers langjähriger Vertrauter und Freund Manfred Titsch aus Köln gekommen.
Fast schon prophetisch-vorausschauend aus heutiger Sicht klingen Mauchers Worte, die er 1979 in einem Interview mit dem Bonner Stadtmagazin „Schnüss“ sprach, auf die Frage, ob noch einmal die Gefahr eines Faschismus bestünde? „Ja, das glaube ich, so wahr ich hier sitze. Wenn so ein Mann mit seinem Anhang kommt, und redet wie Goebbels und wie Göring und Hitler geredet haben, diesen Hetzton. Denn verhetzen kann man jeden Menschen im Handumdrehen.“
Pflegeeinsatz am Friedensweg
Wer am Samstag, 13. September, beim Pflegeeinsatz am Friedensweg mithelfen möchte, kommt einfach um 10 Uhr zum Buchholzweg. Günter Benz bringt Werkzeug mit. Unter dem Motto „80 Jahre für den Frieden unterwegs“ bietet die VHS Bornheim/Alfter mit dem Arbeitskreis Friedensweg vom Förderverein „Haus der Alfterer Geschichte“ und dem Förderverein „Buchstützen“ der öffentlichen Bücherei Alfter-Meckenheim, der Bücherbrücke, einen zweistündigen Spaziergang auf dem Rundweg „Rebellen op Jöck“ an.
Organisiert wird die Tour von Günter Benz und Ernst Gierlich. Anmeldung: Tel.: (0 22 22) 945-460 oder info@vhs-bornheim-alfter.de.