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Kommunalwahl in NRWGrüne gewinnen in Bornheim sechs Ratsmandate dazu

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Briefwahlunterlagen sortierten Susanne Romauer (r.) und Marita Schorn in einem Klassenraum des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. Der Anteil der Briefwähler ist stark gestiegen.

Briefwahlunterlagen sortierten Susanne Romauer (r.) und Marita Schorn in einem Klassenraum des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums. Der Anteil der Briefwähler ist stark gestiegen.

Bornheim – Haarscharf verpasste der parteilose Kandidat Christoph Becker, sehr vielen noch als Rektor der Europaschule in Erinnerung, die absolute Mehrheit im ersten Bürgermeisterwahlgang und damit den Sprung ins Rathaus. Ein spannender Wahlabend in Bornheim! Becker kam auf 49,40 Prozent und stellt sich in zwei Wochen der Stichwahl gegen Petra Heller (CDU). Die CDU-Fraktionsvorsitzende aus Merten vereinigte 41,21 Prozent der Wählerstimmen auf sich. Die Wahlbeteiligung liegt bei 48,38 Prozent. Klare Gewinner der Stadtratswahl sind die Grünen: Sie sind jetzt zweitstärkste Kraft nach der CDU und haben die Zahl ihrer Sitze auf 11 mehr als verdoppelt. SPD und CDU verlieren je zwei Mandate, die ABB bekommt Fraktionsstärke, UWG und FDP bleiben unverändert, die Linke büßt einen Sitz ein.

Bisher haben CDU, FDP und UWG zusammengearbeitet und gemeinsam große Projekte wie die Mertener Gesamtschule durchgesetzt. Diese Mehrheit haben sie verloren. Nur mal angenommen, alle anderen Fraktionen „koalieren“ gegen den Dreier-Pakt, dann entsteht mit 25 zu 25 ein Patt – die Stimme des Bürgermeisters kann das Zünglein an der Waage werden. Oder die ABB.

Ein Blick in die Wahlbezirke: Die CDU hat zwar im Gesamtergebnis der Ratswahl abgespeckt (von 42,13 Prozent im Jahr 2014 auf 35,64 jetzt), hat aber 18 Direktmandate geholt. Bei der SPD kommen Anna Peters (Bornheim) und Rainer Züge (Sechtem) über ein Direktmandat in den Rat, bei den Grünen Tina Görg-Mager (Sechtem), von der FDP Christian Koch. Er holte in seinem Heimatort Hemmerich satte 35,9 Prozent.

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CDU: „Wir haben zwei Mandate verloren“, sagt die Bornheimer CDU-Vorsitzende Gabriele Kretschmer, „aber wir sind sehr zufrieden, dass wir bei dem allgemeinen Trend nicht mehr verloren haben“. Der Rat habe jetzt 50 Mitglieder, „das ist schon eine Hausnummer“, sagt Kretschmer. Am Montagabend traf sich der Stadtverbandsvorstand, um die Ergebnisse in den Orten zu analysieren. Sie habe gedacht, die Wahlbeteiligung fiele höher aus, das Interesse an der Kommunalpolitik, der Politik vor der Haustür, sei größer. „Heute gibt es nicht mehr den klassischen Interessierten, es gibt nur noch Betroffene.“ Was die bevorstehende Stichwahl angeht, sei sie sehr zuversichtlich, „dass der Bürger erkennt, wir müssen dem Rat die notwendige Stabilität geben“. Die CDU werde jetzt „alles tun, damit Petra Heller ins Rathaus einzieht“.

SPD: „Das Wahlergebnis kann in Gänze betrachtet nicht als positiv bewertet werden. Die Verluste sind schmerzhaft, dennoch ist dem landesweiten Abwärtstrend in Bornheim noch etwas entgegengesetzt worden“, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende Wilfried Hanft. „Wir haben unser Ziel, zweitstärkste Kraft in Bornheim zu sein, knapp verfehlt, trotz einiger sehr guter Ergebnisse, allen voran der Gewinn der beiden Direktmandate in Sechtem und Bornheim und die Ergebnisse in Hersel und Brenig. Auch ermöglicht es die Listenverbindung mit Grünen und Linke in der kommenden Wahlperiode, wieder einige Ortsvorsteher zu benennen; zum Beispiel in Sechtem und Brenig. Festzuhalten bleibt auch, dass die bisherige sogenannte Gestaltungsmehrheit aus CDU, FDP und UWG nach diesem Wahlergebnis nicht mehr vorhanden ist. Jetzt geht es zunächst darum, dass Christoph Becker in der Stichwahl am 27. September mit unserer tatkräftigen Unterstützung zum Bürgermeister der Stadt Bornheim gewählt wird.“

Grüne: Fraktionsgeschäftsführer Markus Hochgartz hat am Sonntagabend erstmal eine Flasche Sekt aufgemacht. Die Ökopartei hat mit 20,91 Prozent der Stimmen bei der Ratswahl ihr Ergebnis verdoppelt und die SPD von Platz zwei verdrängt, die Zahl der Sitze steigt von fünf auf elf. Hochgartz sieht mehrere Gründe dafür: „Wir haben sicher vom Bundestrend profitiert, aber auch gute Arbeit vor Ort geleistet. Unsere Mitgliederzahl hat sich verdreifacht, es gab viel Resonanz auf die Reihe ,Bornheim 2030’.“ Ein Scherflein beigetragen haben sicher auch die Jungwähler, die über die Bewegung „Fridays für Future“ wieder politisch aktiver werden: „Ich glaube, dass es bei vielen Jüngeren angekommen ist, dass auch eine Kommunalwahl wichtig ist“, sagt Hochgartz. Dass CDU, UWG und FDP ihre „Gestaltungsmehrheit“ verloren haben, sieht Hochgartz eher positiv: „Es war mit wechselnden Mehrheiten viel konstruktiver.“

FDP: „Zunächst einmal freue ich mich natürlich, dass die FDP Bornheim ihre drei Sitze im Rat halten konnte und ich persönlich in meinem Wahlkreis sogar ein Direktmandat gewonnen habe“, kommentiert Christian Koch. „Ein Direktmandat hatte die FDP noch nie. Wir sind ab heute unterwegs, damit unsere Bürgermeister-Kandidatin Petra Heller in der Stichwahl als Siegerin vom Platz geht.“ Die FDP sei voll motiviert und mache ab jetzt zwei Wochen engagierten Wahlkampf.

UWG: „Wir freuen uns, dass wir unsere vier Sitze behalten haben. Frank Roitzheim ist ja erst vor gut einem halben Jahr dazu gestoßen, dadurch hatten wir zuletzt fünf. Es war uns bewusst, dass wir in einem Wahlbezirk Stimmen verlieren würden, insofern war das keine Enttäuschung“, so Else Feldenkirchen.

ABB: „Wir haben überall zugelegt, Stimmenanteil vervierfacht. Mehr kann man sich nicht wünschen. Enttäuschung – keine! Wahlziel erreicht. Fraktionsstärke erreicht, mit 3 Sitzen sogar übertroffen. FDP und Linke überholt. Leider hat das bei der UWG nicht geklappt.“ So zieht Ratsmitglied Paul Breuer, bislang einziger ABB-Vertreter im Rat, Bilanz. „Die großen Verlierer sind erwartungsgemäß CDU, SPD und die Linke. Der 1. Wahlsieger ist mit Abstand die Partei Bündnis90/DieGrünen. (...) Es kann nunmehr Arbeit auf viele Schultern gelegt werden. Als Fraktion kann man uns nicht mehr von Informationen, Arbeitskreisen etc. ausschließen.“

Die Linke: „Offensichtlich haben wir es nicht geschafft, die Wählerinnen und Wähler auf unseren Weg für soziale Gerechtigkeit mitzunehmen“, analysiert Michael Lehmann. „Dass wir weniger als der Landesdurchschnitt verloren haben, ist wenig tröstlich, weil wir ganz knapp an der Fraktionsstärke vorbei geschrammt sind. Das Ergebnis von Christoph Becker freut mich sehr. Es zeigt deutlich, dass ein frischer Wind durch schwarze Bornheimer Flure weht.“

Briefwahl-Trend

Auf mehrere Briefwahlbezirke musste man am Sonntagabend bei der Stimmauszählung für die Bürgermeisterwahl in Bornheim besonders lange warten. Ein Zeichen für die hohe Belastung der Briefwahlvorstände, wie Bürgermeister Wolfgang Henseler auf Anfrage erklärte. Bei der aktuellen Kommunalwahl gab es mehr als doppelt so viele Briefwahlbezirke, jeder hatte zwischen 900 und 1100 Stimmen auszuzählen.

Jetzt bereite die Stadt die Stichwahl am 27. September vor. Die Ergebnisse werden diesmal nicht im Gymnasium, sondern im Ratssaal präsentiert. Die Wahlberechtigungen behalten ihre Gültigkeit; wer sie nicht mehr hat, sollte seinen Ausweis ins Wahllokal mitnehmen. (jr)

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