Im Bonner Norden entdeckten Behörden ein unterirdisches Drogenlabor. Ein 66-jähriger Deutsch-Iraker steht im Juli 2024 vor Gericht.
Für AmphetaminölProzess um Drogenlabor im Bonner Kleingarten beginnt

Der Angeklagte vor dem Bonner Landgericht.
Copyright: Ulrike Schödel
Eine anonyme Anzeige brachte den kapitalen Drogenfall ans Licht: In einer Kleingartenanlage im Bonner Norden soll sich unter einem unauffälligen Wochenendhäuschen ein unterirdisches Drogenlabor befinden.
Großeinsatz in Bonn deckt illegales Drogenlabor auf
Was bei einem Großeinsatz von Polizei, Ordnungsamt und Feuerwehr am 8. August 2024 offenbar wurde, übertraf die kühnsten Vorstellungen und hatte geradezu phantastische Dimensionen: In einem zweigeschossigen Bunker mit zahlreichen Räumen fanden die Ermittler einen selbstgebauten Reaktor zur Herstellung von Amphetaminöl.
Allein an diesem Tag konnten rund 75 000 Liter verschiedenster Chemikalien in blauen Regentonnen gesichert werden. Der mutmaßliche Betreiber der gigantischen Anlage wurde nicht vor Ort angetroffen, auch nicht seine Tochter, der das Grundstück seit 2021 gehört. Dafür waren fünf Georgier da, die behaupteten, just das Gartenhäuschen zu renovieren. Sie gaben der Polizei eine Telefonnummer vom „Chef“.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Bonn
- Prozess in Bonn Schuss auf Vermieter in Euskirchen – Opfer: „Er wollte mich töten“
- Prozess in Bonn Toxikologin über Drogencocktail in Blut von Euskirchenerin erstaunt
- Freispruch am Landgericht Krankhaft eifersüchtiger Euskirchener würgte Frau und Tochter
- Prozess in Bonn Mietstreit in Euskirchen eskalierte bis zu einem Schuss
- Landgericht Prozess wegen Fluthilfebetrugs in Euskirchen zieht sich hin
- Prozess in Bonn „Plötzlich sitzen Betrüger in Deinem Portemonnaie“
- „Hatte schlichtweg Hunger“ 37-Jähriger stiehlt 17 Fischkonserven und muss zwei Jahre in Haft
Verdächtiger flog aus Marokko zurück und wurde festgenommen
Der 66-jährige Deutsch-Iraker hielt sich damals in Marokko auf, zum Urlaub: Als die Bonner Kripo dem Mann am Telefon mitteilte, dass man just auf dem Gelände seiner Tochter ein veritables Drogenlabor entdeckt habe, soll er den nächsten Flieger nach Hause genommen haben. Bald darauf jedoch – am 13. September 2024 – wurde er in seinem Büro festgenommen.
Nach neun Monaten Untersuchungshaft muss sich der gelernte Automechaniker jetzt vor dem Bonner Landgericht wegen BTM-Handels im großen Stil verantworten: Die Anklage wirft ihm unter anderem die Zubereitung von 19 Kilo Amphetaminöl und anderen Substanzen vor. Darüber hinaus soll er – darauf weisen die 47 000 Liter beschlagnahmten Abfälle aus einer vorausgegangenen Amphetaminölproduktion hin – bereits über 1800 Liter Amphetaminöl verfügt und es weiterverkauft haben. Der Millionen-Erlös betrug so die Anklage präzise: 3 217 663,06 Euro.
Angeklagter bestreitet Vorwürfe im Drogenprozess
Der 66-jährige Angeklagte - schmächtig, gebeugt und mit sanftmütigem Lächeln - hatte im Vorfeld gegenüber den Ermittlern beteuert, dass er weder von dem unterirdischen Bunker noch etwas von einem Drogenlabor wisse. Der Schrebergarten sei „ein Urlaubsdomizil, wo er regelmäßig Zeit mit meiner Familie und Freunden“ verbringe. Auch seine Tochter, ebenfalls in Verdacht geraten, ist davon überzeugt, dass der Vater unschuldig im Gefängnis sitzt. Das Ermittlungsverfahren gegen die 26-Jährige wurde mangels Beweisen vorerst eingestellt, wie Staatsanwalt Martin Kriebisch auf Anfrage bestätigte. So auch die Ermittlungsverfahren gegen die fünf Georgier, die vorübergehend festgenommen worden waren.
Zum Prozessauftakt hatten die beiden Verteidiger des 66-Jährigen, der zunächst zu den Vorwürfen geschwiegen hat, um ein Rechtsgespräch gebeten: Vor allem baten sie wegen des gebrechlichen Zustandes ihres Mandanten dringend um eine Haftverschonung; nicht zuletzt auch, so Anwalt Michael Hakner, weil die Beweislast „doch sehr dünn“ sei: In dem gesamten Bunker habe man keine einzige DNA-Spur des Angeklagten gefunden, auch gäbe es keinen einzigen Chat, der einen Hinweis darauf gäbe, dass er etwas mit Drogenhandel zu tun habe. Nicht zuletzt sei der 66-Jährige ohne Vorstrafen und habe „in seinem ganzen Leben mit Drogen nie etwas zu tun gehabt“.
Gericht erkennt keine Aussicht auf Bewährung
Bei einem „konsistenten Geständnis“, so Kammervorsitzender Nicolaus Alvino, könnte über eine Haftverschonung nachgedacht werden. Ob mit oder ohne Geständnis, so Alvino weiter, eine Freiheitsstrafe mit Bewährung – wie von der Verteidigung angedacht – komme bei diesen kapitalen Vorwürfen nicht in Frage. Da solle sich der Angeklagten „keine falschen Hoffnungen“ machen.