Eine Betrügerbande täuschte Volksbank-Kunden durch gefälschte SMS und erbeutete sensible Daten. Zehn Mitglieder sind gefasst.
Prozess in Bonn„Plötzlich sitzen Betrüger in Deinem Portemonnaie“

Ein Mann bedient einen Laptop. (Symbolbild)
Copyright: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Die Betrugsmasche ist voller Raffinesse – und der Erfolg einer bundesweit agierenden Betrügerbande war groß: Sie hatten Kunden der Volksbank im Frühjahr 2023 eine gefälschte SMS zugeschickt, mit dem Hinweis, dass ihre Registrierung für die VR-Secure App demnächst ablaufen werde. Mit einem Klick auf einen Link der Nachricht, könnten sie ihre Daten aktualisieren, hieß es.
Wer das machte, saß in der Falle, beziehungsweise landete auf einer ebenfalls gefälschten Bankseite: Hunderte von VR-Kunden trugen hier ahnungslos ihre sensiblen Kontodaten ein und luden „die Betrüger regelrecht in ihr Portemonnaie ein“. Denn mit den gefischten Bankdaten erstellten die Täter eine digitale Zahlungskarte auf ihren eigenen Mobilgeräten. Derart gut ausgerüstet, zogen sogenannte „Läufer“ los und räumten die Konten. Die bevorzugten Bank-Automaten standen vor allem in Bonn, einer auch in Troisdorf; ihre Opfer hingegen kommen quer aus der gesamten Bundesrepublik.
Bonner Landgericht: Angeklagter zieht 59.000 Euro
Vor dem Bonner Landgericht muss sich seit Freitag erneut ein Mitglied wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Computerbetrugs sowie Fälschung beweiserheblicher Daten in 40 Fällen verantworten; dem 37-Jährigen wird vorgeworfen, innerhalb von drei Monaten – zwischen März und Mai 2023 – durch fast tägliche Abhebungen mit den digitalen Zahlungskarten insgesamt 59.000 Euro gezogen zu haben. Der Angeklagte soll einer von rund 40 Bandenmitgliedern (nicht alle sind identifiziert) sein, die zumeist in den Niederlanden oder Belgien wohnen und vielfach marokkanischer Abstammung sind.
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Trotz ihrer digitalen Raffinesse hatte die Bande die einfachsten kriminellen Regeln nicht beachtet – und flog bereits nach drei Monaten auf: Denn das Zentrum ihrer Abhebungen konzentrierte sich – sehr verräterisch – auf drei Automaten der VR-Bank in Bonn.
Erfolgreiche Ermittlungen durch klassische Observation
Die Kripo Bonn observierte „klassisch“ die Tatorte und konnte bereits Anfang Juni 2023 die ersten drei Bandenmitglieder in flagranti festnehmen: Alle hatten sich von der Überwachungskamera ablichten lassen. Einige mit, andere ohne Maske. Damals ahnten die Bonner Ermittler noch nicht, mit was für einem weit verzweigten System sie es zu tun haben würden. Mittlerweile konnten zehn Bandenmitglieder erwischt werden, einige wurden bereits bis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der 37-Jährige ist der siebte Angeklagte vor dem Bonner Landgericht, der zum Auftakt zunächst geschwiegen hat. Der Betrugsfall sei, so Oberstaatsanwältin Angela Wilhelm selbstbewusst zum Prozessauftakt, „hervorragend aufgeklärt“. Jede einzelne Abhebung sei durch ein Beweisfoto der Täter bestens dokumentiert – und die Angeklagten problemlos identifizierbar. Und wenn es nur „einen kleinen Zweifel“ gegeben hätte, so sei der Einzelabhebung auch nicht angeklagt worden.
Was die Ermittler jedoch bis heute nicht so genau wissen: Wer das „kriminelle Gehirn“ der Bande ist und von wo aus es agiert. Die Festgenommenen jedenfalls seien vor allem „Läufer“, so die Oberstaatsanwältin, die an der Front eingesetzt wurden. Über die Drahtzieher haben bislang alle – trotz Geständnisse – geschwiegen.