Prozess in Bonn beginntBonner nach Schießerei in Wildwestmanier in Swisttal vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Polizisten und ein Hund suchen im August nach der Abgabe mehrerer Schüsse auf einem Feld bei Essig nach Spuren.

Polizisten und ein Hund suchen im August nach der Abgabe mehrerer Schüsse auf einem Feld bei Essig nach Spuren.

Wie Revolverhelden gingen zwei „Freunde“, die sich im Gefängnis kennengelernt hatten, im August in Swisttal aufeinander los. Dann lag einer von beiden viermal getroffen am Boden. Nun hat in Bonn der Prozess begonnen.  

Wildwest in Essig: Am Abend des 1. August, einem ungewöhnlich heißen Sommertag, trafen sich auf einem Feldweg an der Ecke Rathausstraße/Aachener Straße zwei Männer, gingen wie Revolverhelden langsam aufeinander zu, dann fielen Schüsse. Ein 48-Jähriger wurde viermal getroffen, die Projektile durchschlugen den rechten Arm und das rechte Bein.

Wegen dieser Schießerei zwischen abgeernteten Getreidefeldern muss sich seit gestern ein 44 Jahre alter Bonner vor dem Schwurgericht des Bonner Landgerichts verantworten. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen ihn sind happig: versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Verstoß gegen das Waffengesetz, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Fahren ohne Führerschein.

Kein "Unbekannter" für die Justiz

Der Mann ist für die Justiz kein Unbekannter: Wachtmeister holten ihn aus der Justizvollzugsanstalt Siegburg ab, wo er nach einem Urteil des Amtsgerichts Neuwied wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine neunmonatige Haftstrafe verbüßt. In den Jahren 2013/14 saß er in der JVA Euskirchen, weil er Fahrscheinautomaten der Deutschen Bahn aufgebrochen hatte.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Bonn

In diesem Gefängnis kam es zu einer schicksalhaften Begegnung mit dem späteren Opfer, das dort ebenfalls als Häftling untergebracht war. Beide seien sich sympathisch gewesen, schilderte der Angeklagte in einer von seinem Verteidiger Jürgen Schüttler verlesenen Einlassung. Sie hätten „Geschäfte“ gemacht, seien gemeinsam zum Urlaub nach Mallorca geflogen. Er habe in der Autowerkstatt seines neuen Freundes gearbeitet und ihn auch in Lebenskrisen beraten.

Da er mit Geld schlecht umgehen könne, habe es der Kleinunternehmer in Verwahrung genommen und die Scheine in eine Dose gesteckt, angeblich 35.000 Euro. Im vergangenen Sommer jedoch kam es zum Krach, so der 44-Jährige weiter. Der Freund habe seine Frau und seine Kinder verprügelt, daraufhin habe er ihn zur Rede gestellt. Im Laufe der Auseinandersetzung soll jeder dem anderen gedroht haben, er werde ihm „Leute“ schicken.

Mit der Waffe im Hosenbund zum Showdown

Der Angeklagte verlangte schließlich eine Aussprache, in der es auch um das Geld aus der Blechbüchse gehen sollte. Treffpunkt war der Feldweg in Essig, nicht weit entfernt von der Werkstatt. Der 44-Jährige steckte sich eine Pistole in den Hosenbund, beide Männer näherten sich, dabei schob der Angeklagte das Magazin in die Waffe, weil der Konkurrent „was in der rechten Hand hielt“.

Als sie noch acht bis zehn Meter voneinander entfernt gewesen seien, habe er gesehen, was das war: eine silberfarbene Pistole. „Jetzt ging es um die Frage: Wer ist schneller?“ Das war er. Von vier Schüssen getroffen, brach der 48-Jährige zusammen, Polizeifotos vom Tatort zeigen Blut, das in den Feldrain gesickert war.

Als die ersten Streifenbeamten von der Wache Meckenheim mit schusssicheren Westen, Helmen und Maschinenpistolen gegen 20.15 Uhr eintrafen, kümmerten sich schon Notarzt und Rettungskräfte um das Opfer. Auch dessen Frau und zwei Kinder waren herbeigeeilt. Auf die Frage der Polizei, wer der Täter gewesen sein könnte, antworteten sie, sie wüssten es nicht.

Auto ausgebremst und beschossen

„Ich wollte ihn nicht töten“, beteuerte gestern der Schütze. Kurz nach der Tat lief er nach Odendorf und ließ sich per Taxi nach Bonn bringen. Dort nahm er den Audi seines Neffen, fuhr ziellos durch die Stadt, ärgerte sich auf der Pützchens Chaussee über einen Autofahrer, der ihm zu langsam war, bremste ihn aus und schoss dann auf die Motorhaube des Opel. Die Kugel blieb im Reifen stecken.

Anschließend will er die Pistole in den Rhein geworfen haben. Aber seine Wut war noch nicht verraucht. Am folgenden Abend, so die Staatsanwaltschaft, klingelte er an der Tür des Werkstatt-Chefs. Als die Ehefrau und einer der Söhne öffneten, forderte er das Geld, das in der Werkstatt liege, und kündigte an, er werde so oft wiederkommen, „bis ich das Geld habe“.

In der Anklage ist von einer Drohung „mit massiver Gewaltanwendung“ die Rede. Tage später wurde der Mann von Spezialkräften der Polizei verhaftet. Der Prozess wird fortgesetzt.

Rundschau abonnieren