Anka Dawid-Töns hat die Leitung des LVR-Industriemuseums in Euskirchen-Kuchenheim übernommen. Vorher war sie im Freilichtmuseum Lindlar tätig.
Tuchfabrik MüllerWas die neue Leiterin des Industriemuseums in Euskirchen vorhat

In der ehemaligen Tuchfabrik Müller kann man meinen, die Zeit sei stehen geblieben. Zu sehen ist der Zustand von 1961.
Copyright: Johannes Bühl
Die Tuchfabrik Müller hält für Anka Dawid-Töns immer wieder Überraschungen bereit. „Bei jedem Reinlaufen entdecke ich etwas Neues. Das ist spannend“, sagt die 48-Jährige. Seit dem 1. Juli leitet sie das LVR-Industriemuseum in Kuchenheim, dessen Herzstück die alte Fabrik ist.
„Die Arbeit hier macht mir sehr viel Spaß, auch weil das Spektrum riesig ist. Es reicht von A wie Arbeitssicherheit bis Z wie Zufriedenheit der Besucher“, zog Dawid-Töns nach den ersten zwei Monaten eine erste kleine Bilanz, als Dr. Walter Hauser sie dieser Zeitung vorstellte.
Die Fabrik in Kuchenheim ist so, wie sie 1961 verlassen wurde
Hauser ist Direktor des LVR-Industriemuseums, zu dem sieben Schauplätze gehören, eben auch die Fabrik in Kuchenheim, die 1961 geschlossen wurde und in einen jahrzehntelangen Dornröschenschlaf fiel. Sie blieb so bestehen, wie die Belegschaft sie nach dem letzten Arbeitstag hinterlassen hatte.
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Der Direktor des LVR-Industriemuseums, Walter Hauser, mit der neuen Leiterin des Standorts Kuchenheim, Anka Dawid-Töns.
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1994 begann der Landschaftsverband Rheinland (LVR), die Fabrik wieder zum Leben zu erwecken. Er machte aus ihr ein Museum, das die Blütezeit der Tuchindustrie lebendig werden lässt. „In Europa existieren nur wenige Standorte, deren Zustand authentisch erhalten worden ist“, sagt Hauser, der von einer „wunderbaren Zeitkapsel“ spricht.
Zwischen unseren Freilichtmuseen und Industriemuseen gibt es viele Berührungspunkte.
In Anka Dawid-Töns hat der LVR eine Leiterin gefunden, die nach Hausers Ansicht hervorragend zu dem Haus passt und das Museum bereichern wird. Zum einen, weil sie als Kulturwissenschaftlerin von jeher interdisziplinär arbeitet, zum anderen, weil sie lange im LVR-Freilichtmuseum Lindlar im Bergischen Land gearbeitet hat und deshalb mit der Museumsarbeit im ländlichen Raum und mit alter Bausubstanz vertraut ist.
„Zwischen unseren Freilichtmuseen und Industriemuseen gibt es viele Berührungspunkte“, sagt Hauser. Gleichzeitig bringe Dawid-Töns den Blick von außen mit: „Das tut uns gut.“
Anka Dawid-Töns engagiert sich im Landesverband Museumspädagogik NRW
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit engagiert sich die Neu-Euskirchenerin seit mehr als zehn Jahren ehrenamtlich im Vorstand des Landesverbandes Museumspädagogik NRW in der regionalen und überregionalen Bildungsarbeit.
In der Tuchfabrik hat sie die Nachfolge von Dr. Dennis Niewerth angetreten, der Kuchenheim Ende 2024 verließ, um Direktor des Museums der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg zu werden. Die neue Leiterin stammt aus Singen (Hohentwiel). Aus der Stadt in der Nähe des Bodensees ging sie nach Tübingen, um Empirische Kulturwissenschaften und Romanistik zu studieren.
Ihr Volontariat absolvierte die Kulturwissenschaftlerin in Lindlar
Ihre beruflichen Stationen führten sie zum Volontariat ins Freilichtmuseum Lindlar und von dort ins Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach. Danach war sie lange freiberuflich tätig. Sie realisierte Ausstellungs- und Bildungsprojekte für Museen und Geschichtsvereine, schwerpunktmäßig an der Schnittstelle von Kultur-, Umwelt- und Industriegeschichte.
Zuletzt war sie wieder in Lindlar tätig, als wissenschaftliche Referentin. Sie zeichnete auch verantwortlich für die Neugestaltung des Eingangsgebäudes sowie für Ausbau und Einrichtung einer historischen Dorfschule, die originalgetreu in das Museum versetzt worden war.
Die 48-Jährige hat schon einige Projekte im Hinterkopf
Einen Umbau der Eingangszone kann sie sich auch in Kuchenheim gut vorstellen. Wenn sie über weitere Projekte spricht, die sie nach und nach in Angriff nehmen möchte, sprudelt es geradezu aus ihr heraus. Wissenschaftlich will sie – stets bezogen auf die Tuchfabrik – zum Beispiel Themen wie Konsum, Arbeitsbedingungen und Energieversorgung aufgreifen, ebenso Aspekte des Rohstoffs Wolle.
Daneben schweben ihr Kooperationen mit Vereinen vor. Eine weitere Aufgabe werde darin bestehen zu überlegen, ob es gelingen kann, die historische Fabrik, die seit der Eröffnung als Museum nur im Rahmen von Führungen zu besichtigen ist, bis zu einem gewissen Grad zu öffnen.
„Wichtig ist auch der Wissenstransfer. Wie schaffen wir es, das gesammelte Fachwissen der Kollegen zu bewahren, die als Vorführer an den Maschinen stehen? Sie haben zum Teil noch Berufe in der Textilbranche gelernt, für die es heute keine Ausbildung mehr gibt. Wir müssen verhindern, dass ihre Kenntnisse mit fortlaufender Zeit verloren gehen“, sagt Dawid-Töns.
Großen Wert legt sie darauf, in den Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern zu treten: „Der Austausch ist wichtig. Man darf nicht nur im eigenen Saft schmoren.“