Die Staatsanwaltschaft wirft dem 38-jährigen Nachbar der Frau versuchten Mord sowie Vergewaltigung und unerlaubte Abgabe von Drogen vor.
Prozess in BonnToxikologin über Drogencocktail in Blut von Euskirchenerin erstaunt

Wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung muss sich derzeit ein Mann aus Euskirchen vor dem Bonner Landgericht verantworten.
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Die Frau war bereits klinisch tot, als der Notarzt am 9. November des vergangenen Jahres gegen 8.38 Uhr in einer Wohnung in Euskirchen eintraf. Der Puls schlug nicht mehr, dennoch versuchten der Mediziner und Sanitäter vom Rettungsdienst, die 42-Jährige wiederzubeleben. Ihr Kampf war vergebens, um 10.05 Uhr wurde sie in einer Klinik für tot erklärt.
Der Letzte, der die Frau lebend gesehen hat, ist ihr Nachbar, ein 38-jähriger Lkw-Fahrer, der sich jetzt vor dem Bonner Schwurgericht wegen versuchten Mordes durch Unterlassen, Vergewaltigung und unerlaubter Abgabe von Drogen verantworten muss. Außerdem ist er wegen des Konsums von kinder- und jugendpornografischen Fotos und Videos angeklagt.
Euskirchenerin hatte Cannabis, Kokain, Ketamin und Ecstasy intus
Er und seine Nachbarin hatten nach seiner Einlassung zum Prozessauftakt in der Nacht zum 9. November Sex in seiner Wohnung gehabt – wie schon oft zuvor. Beide hatten demnach Alkohol getrunken und Drogen genommen. Die Frau habe oft so viel von den Rauschmitteln genommen, dass sie beim Geschlechtsverkehr manchmal „wie bewusstlos“ gewesen sei, hatte der Angeklagte am ersten Prozesstag ausgesagt.
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Auch in jener verhängnisvollen Nacht im November soll sie einen Drogencocktail konsumiert haben, den der 38-Jährige ihr laut Anklage gegeben und der zu ihrem Tode geführt haben soll.
Die forensische Toxikologin Dr. Katja Mercer-Chalmers-Bender von der Bonner Rechtsmedizin hat die Mixtur nach der Leichenschau anhand von Blutproben analysiert. Nachgewiesen wurden Cannabis, Kokain, ein Nebenstoff (Metabolit) von Kokain, das Narkosemittel Ketamin sowie die synthetische Droge MDMA, die unter dem Namen Ecstasy bekannt ist.
Hohe Menge an MDMA war ausschlaggebend für Tod der Frau
Das Opfer hatte demnach zwar Kokain in hoher Konzentration im Körper, aber die relevante Droge war MDMA. „In einer solchen Menge, wie ich sie in meiner Laufbahn noch nie gesehen habe“, sagte die Gutachterin am Dienstag vor dem Schwurgericht. Je nach Wirkgehalt des Stoffes muss die 42-Jährige zwischen neun und 382 Tabletten MDMA genommen haben, rechnete die Rechtsmedizinerin hoch. Diese Substanz hebe die Stimmung und löse Gefühlsbarrieren auf, Kokain enthemme, Ketamin unterdrücke Schmerzen, beschrieb die Sachverständige die Wirkung der Mixtur.
Die Frage des Vorsitzenden Richters Klaus Reinhoff, ob die Frau nach einer solchen Menge an Rauschgift hätte gerettet werden können, konnte die Ärztin nicht eindeutig beantworten: „Es wäre möglich, kann aber auch nicht sein.“
Das Opfer muss die Drogendosis vor dem Sexakt eingenommen haben, denn der Angeklagte hatte ihn mit seinem Handy aufgezeichnet. Das fast drei Stunden lange Video, das vom Rettungsdienst in seiner Wohnung entdeckt worden war, wurde an einem vergangenen Prozesstag vor dem Bonner Landgericht vorgeführt. Darauf ist laut Reinhoff nicht zu erkennen, dass die Frau irgendeine Substanz zu sich genommen habe. Rund 15 Minuten des Films zeigen Bewegungen von ihr, danach ist sie wie leblos.