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Kraftwerk SchwammenauelDen großen „Stöpsel“ gezogen

Lesezeit 3 Minuten

Mit ohrenbetäubendem Lärm schießen derzeit 17 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus dem Grundablass.

Schwammenauel – Für die Wassersportler war’s ideal: Der Pegel des Rursees blieb während der vergangenen drei Monate konstant – und unverhältnismäßig hoch. Selten konnten sich die Segler im Sommer über eine solch große Wasseroberfläche freuen. Bis auf wenige Meter unter Vollstau war der See gefüllt. Das lag nicht am verregneten Sommer, sondern daran, dass am Kraftwerk Schwammenauel „der Hahn zugedreht“ worden war. Und das gleich doppelt: Zum einen war der Grundablass, der vom Wasserverband Eifel Rur (WVER) kontrolliert und betrieben wird, verschlossen, zum anderen der Kraftwerksschieber des RWE.

Während der Rursee gut gefüllt war, sah das Bild an der Urfttalsperre ganz anders aus. Sie musste über das Jugendstilkraftwerk die Menge Wasser liefern, die der WVER vertragsgemäß an die Rur abgeben muss, damit der Papierindustrie in Düren genug Wasser zur Verfügung steht. „Dies hat jedoch zu einem extrem niedrigen Wasserstand geführt. Dass dieser nicht weiter abgesenkt werden kann, ist klar“, erklärte Marcus Seiler vom WVER. Die benötigte Menge konnte nur bis Ende August aus dem Urftsee abgegeben werden. Damit die Rur-Anrainer nun nicht auf dem Trockenen sitzen, hat der Verband den „Stöpsel“ gezogen: Jetzt gibt der Rursee Wasser in ausreichender Menge ab.

Pegel wird um fünf Meter gesenkt

Es schießt über die Grundablässe ins Staubecken Heimbach und in die Rur. Diese Wasserabgabe wurde von 7,5 Kubikmetern pro Sekunde sukzessive auf 11 und inzwischen auf 17 Kubikmeter pro Sekunde erhöht. Durch den erhöhten Abfluss soll der Wasserpegel der Rurtalsperre bis Anfang Oktober gezielt um fünf Meter auf etwa 271 Meter über Normalnull abgesenkt werden.

Diese Absenkung ist auch erforderlich, um im Oktober und November Böschungsarbeiten durchführen zu können. Dabei wird in erster Linie im Bereich der Woffelsbacher Bucht gearbeitet. Nach Abschluss dieser Maßnahme wird es den Besuchern möglich sein, auch bei niedrigeren Wasserständen nah ans Ufer zu gelangen. Diese Arbeiten führt die Gemeinde Simmerath im Rahmen der Umsetzung des Konzepts „Neue Mitte Woffelsbach“ durch. Ähnliches hat der WVER bereits am Anlegesteg Woffelsbach durchgeführt. Dort wurde ein behindertengerechter Zugang zu den Schiffen installiert.

Der enorme Wasserabfluss aus dem Rursee bringt dem Kraftwerks-Betreiber RWE derzeit wirtschaftlich nichts ein. Wegen der Sanierungsarbeiten am Kraftwerk Schwammenauel fließt das Wasser ungenutzt in die Rur – Strom wird nicht produziert.

Die Turbine ist abgeschaltet, hier wird emsig gearbeitet. Unter anderem ist die Druckleitung innen komplett überholt worden. Dort hatte sich im Laufe der Jahre – ähnlich, wie es einst im Römerkanal geschah – Sintergestein an den Wänden gebildet. Dieses musste zuerst abgeschlagen werden, anschließend wurde der neue Anstrich angebracht.

Neben zahlreichen Erneuerungen an Turbine und Schieber wurde die Anlage ausgebaut und wird künftig per Computer gesteuert. „Nach Fertigstellung der Arbeiten sind die RWE-Anlagen der Eifel – mit Ausnahme der Oleftalsperre – über einen einzigen PC zu steuern“, so Frank Winkens, stellvertretender Leiter „Gruppe Eifel“. In der Gruppe sind die Anlagen der Region zusammengefasst, die Zentrale ist in Frankel an der Mosel. Fehlermeldungen werden dann aufs Handy und an die Zentrale geleitet. Rund 800 000 Euro kosten die Sanierungsmaßnahmen der „RWE Innogy“, die von fünf verschiedenen Unternehmen durchgeführt wurden.

Das Kraftwerk Schwammenauel, Ende der 1930er Jahre gebaut, wurde 1959 erweitert. 1978 gab es eine erste umfangreiche Ertüchtigung. Nun, gut 30 Jahre später, erfolgt die Zweite, in deren Rahmen auch die computergesteuerte Leittechnik Einzug hält.

Derzeit läuft das Kraftwerk im Probebetrieb. „Es muss alles aufeinander abgestimmt werden“, so Winkens. Im Laufe der kommenden Woche wird es ans Netz gehen. Bis dahin schießen mit ohrenbetäubendem Krach jede Sekunde rund 17 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus dem Grundablass ins rund 100 Meter entfernt liegende Tosbecken der Rur.