Der Rückbau des ehemaligen Braunkohlekraftwerks Frimmersdorf II wurde offiziell am Dienstag gestartet. CDU-Bauministerin Ina Scharrenbach besuchte den Standort.
KohleverstromungRückbau des ehemaligen Kraftwerks Frimmersdorf II startet

Archivaufnahme von 1978 des ehemaligen Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf II bei Grevenbroich.
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Es war laut RWE-Angaben zeitweise das größte Wärmekraftwerk der Welt. Seit heute beginnt offiziell der Rückbau dieser Stromgewinnungsanlage der Superlative namens „Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf II“. Hier ein paar Daten zu dem Energieerzeugungsungetüm im Grevenbroicher Stadtteil Frimmersdorf: Im Zentrum der 1,5 Kilometer langen und 450 Meter breiten Anlage befindet sich ein rund 600 Meter langes Maschinenhaus, ausgestattet mit zwei 100-, zwölf 150- sowie zuletzt zwei 300-Megawatt-Blöcken („P“ und „Q “genannt). Letztere nahmen ab 1966 beziehungsweise 1970 die Stromerzeugung auf und hatten bei den RWE-Mitarbeitern die Spitznamen „Paula“ und „Quelle“. Die gesamte Kraftwerksfront hat eine Länge von rund 900 Metern, umgeben von dutzenden Kühltürmen.
Sie waren auch die letzten beiden Kraftwerksblöcke, die bis zur endgültigen Abschaltung des traditionsreichen Braunkohlekraftwerks im Rheinischen Revier in Betrieb waren. Nach der Überführung 2017 in die sogenannte Sicherheitsbereitschaft war dann vier Jahre später am 30. September 2021 endgültig Schluss. Die damals noch rund 30 Kraftwerksmitarbeiter wechselten laut RWE seinerzeit entweder in den Ruhestand oder zum benachbarten Braunkohlekraftwerk Neurath.

Noch im Rohbau befindet sich hier das Braunkohle-Kraftwerk Frimmersdorf II in den 1950er Jahren.
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Mit der Abschaltung der letzten beiden Blöcke in Frimmersdorf ging eine fast 100-jährige Energiestandort-Geschichte zu Ende. 1926 ging in dem Grevenbroicher Stadtteil ein erstes Braunkohlekraftwerk in Betrieb. Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg konnte Frimmersdorf I erst 1946 wieder ans Netz gehen, wurde in den folgenden Jahren weiter ausgebaut und dann ab dem Jahr 1955 sukzessive am Standort von der leistungsstärkeren modernen Anlage „Frimmersdorf II“ abgelöst. Nach RWE-Angaben hatte die Anlage seit seinem Bestehen Mitte des vergangenen Jahrhunderts nahezu 1000 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt, was die Stadt Düsseldorf 250 Jahre hätte mit elektrischer Energie versorgen können.
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Beschlossener Ausstieg aus dem Kohlestrom
Das von der RWE betriebene Braunkohlerevier im Niederrhein umfasst die großen Tagebau-Gebiete Garzweiler, Hambach und Inden, die die großen noch laufenden Kraftwerksanlagen in der Region täglich mit Braunkohle zur Stromgewinnung versorgen. Neben dem bereits erwähnten Kraftwerk in Neurath (zwei von ursprünglich sieben Blöcken laufen noch) sind auch Niederaußem (drei von sieben Blöcken aktiv) und Weisweiler (zwei von vier Blöcken) noch in Betrieb.
Das Ende der Stromerzeugung mit den in Deutschland gewonnenen Rohstoffen Braun- und Steinkohle ist dennoch längst eingeleitet. Spätestens 2038 sollen die letzten Blöcke der Braun- sowie auch der Steinkohle-Kraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Dies hatte der Bundestag am 3. Juli 2020 am Ende der Regierungszeit unter Kanzlerin Angela Merkel beschlossen. Die folgende Ampelregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz strebte sogar einen möglichst noch früheren Ausstieg an, idealerweise schon bis 2030. Pläne in den 2010er Jahren, nach dem Abriss der 100- und 150-Megawatt-Blöcke in Frimmersdorf auf dem frei gewordenen Gelände den Bau eines ersten Braunkohlekraftwerks mit optimierter Anlagentechnik mit 100 Prozent Trockenbraunkohlefeuerung zu errichten, wurden durch den erwähnten Kohleausstieg wieder ad acta gelegt.

Blick in die zentrale Maschinenhalle des Braunkohle-Kraftwerks Frimmersdorf II im Jahr 1956.
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Zum Hintergrund: Das geplante Aus der Kohleverstromung hat zum Ziel, den erheblichen CO2-Ausstoß bei der Stromgewinnung zu beenden und möglichst durch erneuerbare Energieerzeugung zu ersetzen. Deutschland war – und ist es aktuell noch immer – der größte Braunkohleproduzent und -verbraucher in der Europäischen Union. Ohne Abschaltung der sämtlicher großen Kohlekraftwerke sind die gesetzten Klimaziele für Deutschland wohl kaum erreichbar: Danach soll bis 2030 der Treibhausgasausstoß um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden, bis 2040 um 88 Prozent und bis 2045 soll schließlich die Treibhausgasneutralität erreicht werden. Stand jetzt.
Offizieller Start des Rückbaus von Frimmersdorf II
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) war am Dienstag extra angereist, um mit RWE Power-Vorstandsmitglied Lars Kulik den Rückbau des ehemaligen Braunkohlekraftwerks Frimmersdorf II offiziell zu starten. Die Arbeiten beginnen laut RWE jedoch erst im Juli. „Rückbau für den Aufbau: Aus der Maschinenhalle soll eine Denkfabrik werden“, so die Bauministerin am Dienstagnachmittag. Ziel sei es, den Gesamtstandort zu einem Digitalpark zu entwickeln und die Ansiedlung von Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen zu ermöglichen, so die CDU-Ministerin weiter.
Was wird zurückgebaut? Im nördlichen Bereich der Anlage werden die jüngsten Blöcke „P“ und „Q“ inklusive der Kühltürme komplett abgerissen. Die zentrale rund 600 Meter lange Maschinenhalle bleibt hingegen stehen.
Zeitplan des Rückbaus: Die von einem Fachunternehmen vorzunehmende Entkernung der zentralen Maschinenhalle werde bis etwa Mitte 2026 abgeschlossen sein. Der gesamte Rückbau jedoch werde bis Mitte 2028 andauern, teilte RWE-Sprecher Simon Lorenz am Dienstag mit.