Kreis EuskirchenAfD zieht mit vier Vertretern in neuen Kreistag

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AfD im Kreis Euskrichen

Abschlusskundgebung: Einen Tag vor der Kommunalwahl traten  Bundesparteichef Jörg Meuthen (3.v.l.), Kreisparteivorsitzender Frank Poll (3.v.r) und Landesparteichef Rüdiger Lucassen (r.) in Euskirchen auf.

  • Die Kommunalwahl ist vorbei – und sie lieferte teilweise überraschende Ergebnisse.
  • Doch wo stehen die wichtigen Parteien? Welche Lehren sollten sie ziehen? Diesen Fragen gehen wir in einer Serie nach.
  • Heute: die AfD.

Kreis Euskirchen – Am Samstag vor der Wahl hatte die AfD in Euskirchen noch mal ziemlich groß aufgefahren, was die Prominenz angeht. Bundesparteichef Jörg Meuthen sprach auf dem Annaturmplatz ebenso wie NRW-Landesparteichef Rüdiger Lucassen. Viel mehr geht nicht.

Doch die von der Polizei geschätzten 130 Kundgebungsteilnehmer – bei etwa drei Mal so vielen Gegendemonstranten – erfüllten nicht ganz die Erwartungen der Partei, die etwa mit 300 Zuhörern gerechnet hatte.

Das könnte auch für die Ergebnisse tags darauf gelten. Die, die sich der AfD im Kreis Euskirchen verbunden fühlen, könnten sagen: Seht her, wir haben bei der Kreistagswahl im Vergleich zur vorherigen Wahl 2014 gut eineinhalb Prozentpunkte zugelegt.

Die AfD im Kreistag: Mal mehr, mal weniger

Vor sechs Jahren wurde AfD mit drei Vertretern in den Kreistag gewählt: Joachim Dürer, Michael Mondorf und Bernd Lübke. 2015 jedoch verließen Dürer und Mondorf die Partei und später auch die Fraktion. Beide waren der AfD beigetreten, als Bernd Lücke Bundeschef war und die AfD vor allem gegen den Euro und die Rettungsschirme mobil machte. Als Lücke 2015 auf dem Bundesparteitag in Essen zugunsten von Frauke Petry entmachtet worden war, wendeten sich Dürer und Mondorf mit Schaudern ab.

„Fremdenfeindlichkeit und Rassismus werden von uns strikt abgelehnt. Es ist unserer Auffassungen nach ein Gebot der Menschlichkeit, denjenigen Schutz zu gewähren, die vor dem Krieg in ihrem eigenen Land, vor islamistischem Terror und vor diktatorischen Regimen wie in Eritrea geflohen sind“, erklärte Dürer 2015.

Lübke blieb somit der einzige AfD-Vertreter im Kreistag, während Dürer und Mondorf zunächst die Fraktion Bürgerforum bildeten, sich dann aber der UWV-Fraktion anschlossen, die somit fünf Mitglieder hatte. Als Mondorf im Herbst 2019 den Kreis und damit auch den Kreistag verließ, kam der Nächstplatzierte auf der AfD-Reserveliste, über die Mondorf 2014 in den Kreistag gekommen war, an das Mandat: Bernd Michelau aus Weilerswist. Mit zwei Vertretern erlangte die AfD dadurch auch wieder Fraktionsstatus, den sie nach dem Austritt von Dürer und Mondorf verloren hatte. (sch)

Auf 6,6 Prozent kam die Partei im Kreis, ihr Landratskandidat Frank Poll auf 6,2 Prozent, was Platz vier unter den sechs Bewerbern und Bewerberinnen bedeutet.

Im Landesschnitt erhielt die AfD 5,0 Prozent, damit ist der Kreis Euskirchen für sie zwar noch keine Hochburg, aber ein Pflaster, auf dem sie ihr Ergebnis im innerparteilichen Vergleich nicht verstecken muss. Dennoch hatten die Anhänger und Mitglieder wohl mehr erwartet. Als ein Indiz dafür könnte die erste Analyse ihres Kreisvorsitzenden Frank Poll am Wahlabend dienen: Die AfD, so Poll, sei im Wahlkampf der Hetze ausgeliefert gewesen. Seine Mitbewerber um den Landratsposten hatten sich auch bei den etwa 450 Gegendemonstranten anlässlich der AfD-Kundgebung eingefunden – für Poll „ein Unding“.

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Die, die die AfD nicht mögen, könnten hervorheben, dass die Partei nicht so viele Stimmen erhalten, wie sie befürchtet hatten. Bei der Europawahl eineinhalb Jahre zuvor bekam die AfD noch fast doppelt so viele Prozente. Bei Wahlen für das Europarlament sitzt augenscheinlich der Stift beim Kreuzchenmachen schonmal etwas lockerer, um den Protest an den anderen Parteien deutlich zu machen, als wenn es um das Rathaus oder den Kreistag geht.

Hochburg Kall

Erstmals ist die AfD auch in einigen Räten im Kreis vertreten: mit vier Vertretern in Euskirchen (7,5 Prozent) sowie mit jeweils zwei Mitgliedern in Mechernich (4,5 Prozent) und Weilerswist (6,6 Prozent). Als Hochburg der „Alternative für Deutschland“ entpuppte sich jedoch die Heimatgemeinde ihres Kreisvorsitzenden und Landratskandidaten Poll: 8,2 Prozent der Stimmen bringen auch dort zwei Sitze im künftigen Gemeinderat Kall, einen für Poll und einen für Manfred Knie. Kall erwies sich mit 9,5 Prozent auch als bester Stimmenlieferant für die Kreistagswahl, gefolgt von Euskirchen mit 7,8 und Weilerswist mit 7,3. In Kall schaffte Poll bei der Landratswahl 9,2 Prozent – mehr als in jeder anderen Kommune im Kreis.

Die Resultate in der Gemeinde machen aber auch deutlich, dass die Wahl für die AfD-Anhänger nach dem 13. September weitgehend erledigt war: Dass sie früheren Aufrufen der AfD-Führung, bei der Stichwahl doch die CDU-Kandidaten zu unterstützen, gefolgt wären, lässt sich an den Ergebnissen beim besten Willen nicht ablesen. SPD-Landratskandidat Markus Ramers legte auch dort bei der Stichwahl zu, wo der ausgeschiedene Poll bei ersten Wahlgang seine besten Resultate holte. CDU-Bewerber Johannes Winckler hatte aber auch im Vorfeld klar gemacht, dass er jegliche Zusammenarbeit mit einer Partei, in der ein Björn Höcke eine Rolle spiele, ablehne – und zwar unmissverständlich.

Einen unsichtbaren Zaun wird die vier Kreistagsmitglieder der AfD wohl auch im Kreistag umgeben. Keine der anderen Fraktionen inklusive der Linken-Einzelkämpferin Melanie Hill wollen mit ihnen zu tun haben. Dieser Vorsatz verlangt dem geplanten Bündnis aus CDU, FDP und UWV, das über nur eine Stimme Mehrheit verfügt, einiges ab: Was, wenn ein Antrag nicht mit eigener Bündnis-Mehrheit verabschiedet wird, sondern nur, weil die AfD-Mandatsträger zustimmen? Die vorletzte Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat gezeigt, zu was sowas führen kann.

Redebeiträge überschaubar

Mit vier Vertretern hat die AfD einen mehr als zu Beginn der auslaufenden Wahlperiode, drei mehr als zu deren Mitte und zwei mehr als aktuell, da diese Legislatur ausläuft (siehe „Die AfD im Kreistag...“). Die meiste Zeit war der Blankenheimer Bernd Lübke allein auf weiter Flur. Die Zahl seiner Redebeiträge in öffentlichen Sitzungen ist überschaubar. Doch mit künftig vier Leuten könnte die AfD vermehrt von sich reden machen. Auch diese Vorstellung werden Anhänger und Gegner höchst unterschiedlich bewerten.

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