227 Millionen Euro sollen die Kommunen an den Kreis Euskirchen zahlen. Mit diesen Berechnungen leitet Landrat Markus Ramers die Etatberatungen ein.
AlarmrufEuskirchener Landrat Markus Ramers: „Das System steht vor dem Kollaps“

Ernstes Gesicht, ernste Lage: Landrat Markus Ramers (r. im Gespräch mit seinem Allgemeinen Vertreter Achim Blindert) fordert eine Reform der Kommunalfinanzen.
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Die teils scharfen Auseinandersetzungen um den Kreishaushalt 2025 sind noch in guter Erinnerung, da wirft der Etat 2026 seine Schatten voraus. Und die sind dunkel.
Der Entwurf sieht laut Landrat Markus Ramers vor, dass die elf Städte und Gemeinden insgesamt rund 227 Millionen Euro an den Kreis zahlen sollen. Mit dieser Umlage finanziert der Kreis die Aufgaben für die Kommunen. Er selbst nimmt keine Steuern ein, erhält lediglich Schlüsselzuweisungen vom Land.
2025 gingen die Bürgermeister im Kreis Euskirchen auf die Barrikaden
Allein die Allgemeine Umlage beträgt laut der Berechnungen 110 Millionen Euro. Das wären noch einmal neun Millionen mehr als 2025, als die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – vor allem die, die der CDU angehören – auf die Barrikaden gingen. Ihre Haushalte sind selbst kein Vergnügen, das Geld für den Kreis müssen sie sich zum großen Teil bei den Bürgern über die Grund- und Gewerbesteuern holen. Steuererhöhungen mussten beschlossen werden und drohen erneut.
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Zu den 110 Millionen Euro der Allgemeinen Umlage kommen laut Ramers für 2026 die Jugendamtsumlage in Höhe von rund 100 Millionen Euro (plus 7,3 Millionen) sowie ÖPNV- und Förderschulumlagen (15,2 beziehungsweise 2,8 Millionen). Summa summarum: 227 Millionen Euro, die von den elf Städten und Gemeinden aufgebracht werden müssen.
Wir brauchen jetzt keine Debatte über vermeintlich mangelnde Sparbereitschaft, sondern eine echte Reform der Kommunalfinanzierung.
Rückblick 2024/2025: Zunächst sieht der 2025er-Entwurf 230 Millionen an Umlagen vor. Die Kommunen laufen Sturm und kurz vor der Verabschiedung „findet“ Ramers 11 Millionen – Geld, das sich aus dem positiven Abschluss des Haushaltsjahres 2023 ergeben habe.
Das löst einerseits, angesichts des Vorgehens, Kopfschütteln, anderseits, angesichts der Verbesserungen, auch etwas Erleichterung aus. Mit weiteren Einsparungen verabschiedet der Kreistag letztlich einen Haushalt mit einer Umlage, die um 19,1 Millionen Euro unter dem Entwurf lag.
Dazu trug auch das Instrument „Globaler Minderaufwand“ bei. Damit werden die Ausgaben im Kreishaushalt buchhalterisch pauschal um einen Prozentsatz niedriger angesetzt – in dem Wissen, dass in der Regel ohnehin nicht alle Mittel abgerufen werden. Geld, das die Kommunen aber schon per Kreisumlage entrichtet haben und ihnen erstmal fehlt.
Landrat Markus Ramers nimmt die Große Koalition mit ins Boot
Der Streit darüber ist nun entschärft. „Wir gehen voll ins Risiko“, kündigt Ramers einen Globalen Minderaufwand von maximal zwei Prozent an. So sei es mit CDU und SPD abgesprochen. „Das heißt“, stellt der Landrat aber auch klar: „Wir müssen im kommenden Jahr im Haushalt elf Millionen Euro einsparen, und das quer durch alle Bereiche der Verwaltung.“
Und Ramers kündigt einen weiteren, bislang fast undenkbaren Schritt an: Der Kreis leert seinen „Sparstrumpf“ komplett. Die acht Millionen sollen die Umlage für die Städte und Gemeinden abfedern.
Ungewöhnliche Schritte, die laut Ramers einen Grund haben: Deutschlands Kommunen gerieten finanziell immer stärker in die Defensive. Steigende Pflichtaufgaben, wachsende soziale Belastungen und massiv sinkende Handlungsspielräume trieben die kommunalen Haushalte an die Belastungsgrenze – vielerorts bereits darüber hinaus. „Das ganze System steht vor dem Kollaps“, so Ramers: „Immer mehr Kreise, Städte und Gemeinden sind mit einer dramatischen Schieflage ihrer Finanzen konfrontiert.“ 85 Prozent der Kreise schreiben Rote Zahlen, so der Landrat.
Markus Ramers übt Kritik an NRW-Ministerin Ina Scharrenbach
Kein Verständnis habe er daher für eine Äußerung von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU), manche Kommunen hätten „in den guten Zeiten ein bisschen das Sparen verlernt“. Ramers: „Wir setzen den Rotstift an, wo es nur geht.Wir brauchen jetzt keine Debatte über vermeintlich mangelnde Sparbereitschaft, sondern eine echte Reform der Kommunalfinanzierung.“
Wer den Kommunen immer neue Aufgaben übertrage, müsse sie dauerhaft und verlässlich finanzieren, so Ramers in Richtung Bund und Land. Ansonsten drohe sowohl Kreisen als auch Städten und Gemeinden der Verlust der Handlungsfähigkeit.
Der Kreishaushalt soll Ausgaben von über einer halben Milliarde enthalten
Der Kreis übernimmt für seine Städte und Gemeinden zentrale Aufgaben, die vor Ort allein nicht leistbar wären: etwa Jugend- und Sozialhilfe, Berufskollegs und Förderschulen, Rettungsdienst, Leitstelle und ÖPNV. Zudem bündelt der Kreis spezialisierte Dienste wie Gesundheitsamt, Veterinär- und Lebensmittelüberwachung, Umwelt- und Klimaschutz sowie Integrationsarbeit.
Für das alles und viel mehr plant der Kreis für das kommende Jahr Ausgaben von rund 550 Millionen Euro ein, alleine 300 Millionen davon an direkten sozialen Leistungen wie etwa die Grundsicherung im Alter oder die Hilfen zur Pflege – Zahlen, die nun auch die Kommunen erhalten.
Zu diesem Benehmensschreiben können die Bürgermeister dann Stellungnahmen abgeben. Landrat und Kreiskämmerer Ingo Hessenius wollen den Haushaltsentwurf 2026 offiziell zur Kreistagssitzung am 28. Januar vorlegen. Dann werden sich die Fraktionen über die Posten beugen. „Wir werden uns den Entwurf genau ansehen“, erklärte CDU-Fraktionschef Jochen Kupp. Das sei man den Kommunen und deren Bürgern schuldig. Einiges Liebgewonnenes könne sich der Kreis aber künftig nicht mehr leisten.


