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Union empörtKölner Grüne schließen Bündnis mit der CDU im Stadtrat aus

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Sitzung des Kölner Stadtrats

Sitzung des Kölner Stadtrats

Im Kölner Stadtrat wird es kein Bündnis mit Beteiligung der CDU geben. Die Grünen schließen eine Zusammenarbeit mit der Union kategorisch aus. Die reagiert empört.

Zehn Jahre haben Grüne und CDU im Kölner Stadtrat ein Bündnis gebildet, doch eine Fortsetzung wird es nicht geben. Denn die Kölner Grünen haben ein erneutes Bündnis mit der Union am Freitag kategorisch ausgeschlossen. Die Parteivorsitzenden Kirsten Jahn und Cyrill Ibn Salem erklärten auf Anfrage: „Die aktuelle Entwicklung in der Kölner CDU – und zuletzt ihr Rückzug aus einer jahrzehntelang erfolgreichen Vereinbarung gegen Rechtsextremismus – macht es für uns nicht möglich, jetzt über ein gemeinsames Ratsbündnis zu sprechen. Eine Partei, die sich aus zentralen demokratischen Absprachen zurückzieht, kann für uns derzeit kein verlässlicher Partner sein. Gleichzeitig arbeiten wir an einem Bündnis, das Köln in den herausfordernden Zeiten klar nach vorne bringt und weiterentwickelt.“

Hintergrund ist die Ankündigung der Kölner CDU, das Kölner Fairnessabkommen, das viele Parteien seit 1998 vor Wahlkämpfen unterschreiben, nicht mehr mitzutragen und sich auch aus dem Bündnis „Köln stellt sich quer“ (KSSQ), das sich gegen Rechtsextremismus engagiert, zurückzuziehen. In dem Fairnessabkommen des Runden Tischs für Integration verpflichten sich die Unterzeichner, „nicht auf Kosten von unter uns lebenden Menschen mit Migrationshintergrund Wahlkampf zu betreiben und inhaltlich fair zu bleiben“ sowie keine Vorurteile gegen Migranten „zu schüren oder in den eigenen Reihen zu dulden“.

Im Kommunalwahlkampf sah sich die CDU von den Mitunterzeichnern unfair behandelt. Wegen eines Flyers zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Oberfinanzdirektion hatten die Grünen der CDU einen eklatanten Verstoß gegen das Abkommen vorgeworfen - noch bevor Ombudsleute den Fall untersucht hatten. Sie urteilten später, es liege kein Verstoß vor.

Die Grünen-Vorsitzende Kirsten Jahn sagte der Rundschau: „Die CDU hat die Vereinbarungen ohne Not aufgekündigt. Das war für uns ein Schritt zu viel. Das ist für uns keine Petitesse.“ Für die Grünen gehörten solche Absprachen zum demokratischen Grundverständnis. Dass sich die CDU gerade in diesen Zeiten davon verabschiede, habe das Maß voll gemacht.

Kölner CDU reagiert empört auf Bündnis-Absage der Grünen

Die Kölner CDU reagierte empört auf die Ankündigung der Grünen, sie erklärte: „Wir halten den Ausstieg der Grünen aus den laufenden Sondierungsgesprächen für ein Ratsbündnis für aus langer Hand vorbereitet und die jetzige Begründung für vorgeschoben. Es scheint die Absicht der Grünen zu sein, uns durch diese unlautere Vorgehensweise in eine rechtsextreme Ecke zu stellen, in der wir weder sind noch hingehören. Für uns als CDU Köln ist klar: Es gab und gibt keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen.“

„Trotz diverser inhaltlicher Differenzen und des unfairen Wahlkampfs der Grünen uns gegenüber“, so die CDU, sei man bereit gewesen, „im Interesse unserer Stadt über verschiedene Möglichkeiten einer Zusammenarbeit im Stadtrat zu sprechen. Diese Gespräche empfanden wir in den letzten Wochen als schwierig, aber dennoch konstruktiv.“ 

Die Kölner CDU-Vorsitzende Serap Güler sagte der Rundschau: „Das scheint mir eine Retourkutsche der Grünen dafür zu sein, dass wir als CDU in der Stichwahl Torsten Burmester als Oberbürgermeister-Kandidaten unterstützt haben. Mit der Übernahme echter Verantwortung für die Stadt hat das nichts zu tun. Das macht die Grünen auch für die SPD und Oberbürgermeister Burmester sicher nicht zum verlässlicheren Partner. Es liegt jetzt bei SPD und Burmester: Gibt es nun ein von den Grünen dominiertes Ideologiebündnis, oder schaffen wir doch noch verantwortliche Strukturen für Köln?“

Kölner SPD-Chefs bedauern die Entscheidung der Grünen

Güler kritisierte insbesondere die Vorgehensweise der Grünen. Sie hatten am Donnerstag im Stadtrat gemeinsam mit der CDU und anderen Parteien die Entsendung von Ratsmitgliedern in die Aufsichtsräte städtischer Unternehmen beschlossen und dabei eine gemeinsame Front gebildet, damit die AfD möglichst wenige Mandate erhielt. Am nächsten Tag verkündeten sie dann die Absage an ein Bündnis mit der CDU. „In einem anständigen Verfahren untereinander wäre der Weg: Wir führen die Sondierungsgespräche sauber zu Ende und besprechen dann im direkten Austausch, warum eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist“, sagte Güler. Die Grünen hätten „gestern Abend noch in geselliger Runde mit unseren Fraktionsmitgliedern zusammengesessen und heute Morgen haben wir kurz vor der Presse über ihre Entscheidung erfahren. So geht man nicht miteinander um.“

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagte: „Der Ausstieg der Grünen ist nur vorgeschoben. Sie suchen einen Grund, sich vor inhaltlichen Gesprächen zu drücken, weil sie genau wissen, dass ihr Wahlprogramm für Stillstand steht. Egal, ob beim Wohnungsbau oder im Verkehr, es braucht Mut zu neuen Ideen, und diese Kraft haben die Grünen nicht.“

Die Parteivorsitzenden der Kölner SPD, Claudia Walther und Andre Schirmer, bedauerten die Entscheidung der Grünen. Dass die CDU aus dem „jahrzehntelangen Konsens“ der Demokraten ausgeschert sei, halte man für falsch. „Wir setzen dennoch weiter auf den Dialog mit der CDU, zu einer gemeinsamen Lösung zurückzufinden.“ Gespräche mit Grünen und CDU hätten gezeigt, „dass die inhaltlichen Differenzen nicht so groß sind, als dass sie nicht überwunden werden könnten“. Man sei weiter in der Pflicht gegenüber den Kölnern, „in einer schwierigen Lage im Rat eine tragfähige Zusammenarbeit miteinander zu vereinbaren“.

Kommt jetzt ein Ratsbündnis aus Grünen, SPD und Volt?

Derweil forcieren die Grünen, die im Stadtrat 22 Sitze haben, jetzt die Gespräche über ein mögliches Bündnis mit der SPD (18 Sitze) und Volt (5 Sitze). Gemeinsam käme Grün-Rot-Lila auf 45 Sitze und hätte mit der Stimme von Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) eine ganz knappe Mehrheit: 46 von 91 Stimmen.

Jedoch wäre ein solches Bündnis das Gegenteil dessen, was Burmester sich vorgestellt hatte. Immer wieder hatte der OB erklärt, dass er im Rat auf breite Mehrheiten setzen will. Eine Zusammenarbeit mit den Linken (10 Sitze) schließt er jedoch aus, obwohl Grün-Rot-Rot eine komfortable Mehrheit von 50 Sitzen hätte. Nun ist auch das größtmögliche Bündnis aus Grünen, CDU und SPD (gemeinsam 58 Sitze) vom Tisch.

Bei Volt ist man an einem Bündnis mit Grünen und SPD durchaus interessiert. Aus SPD-Kreisen ist jedoch zu hören, einen Automatismus für ein Bündnis mit Grünen und Volt werde es nicht geben. Zwar sei nach den Ankündigungen der Parteien ein formales Bündnis unter Beteiligung von CDU und Grünen keine Option mehr. Aber auf Ratsebene sei die Bereitschaft zur politischen Zusammenarbeit deutlich ausgeprägter als auf der Parteiebene.

Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen erklärte: „Auch wenn der Oberbürgermeister sich öffentlich ein breites Verantwortungsbündnis von Grünen, SPD und CDU gewünscht hat, war für uns ein solches nicht absehbar. Wir führen seit Beginn ernsthafte Gespräche mit SPD und Grünen, es gibt eine ausreichende Schnittmenge mit Grünen und SPD in alltäglichen Fragen. In anderen Fragen müssen wir entscheidungsfreudiger werden und breite Mehrheiten im demokratischen Spektrum suchen.“

OB-Sprecher Alexander Vogel sagte der Rundschau: „Seit dem Wahlabend ist klar, dass eine Mehrheitsfindung im Rat kompliziert ist. Der Oberbürgermeister hat daher bereits mehrfach betont, dass es ein klassisches, festes Bündnis in dieser Ratsperiode wahrscheinlich nicht geben wird. Gleichwohl bleibt der Oberbürgermeister bei seinem Appell an die demokratischen Fraktionen im Rat, dass man für grundlegende Entscheidungen Mehrheiten finden muss, um die Herausforderungen in Köln bewältigen zu können.“