Prozess gegen Kölner FotografenVerteidigung stellt Angeklagten als Komplott-Opfer dar

Lesezeit 2 Minuten
Prozess gegen Fotografen 310522

Ein 53 Jahre alter Fotograf muss sich vor dem Landgericht wegen Kindesmissbrauchs verantworten.

Köln – Der Form nach war es ein Beweisantrag, was Verteidiger Prof. Ulrich Sommer am Mittwochmorgen rund zwei Stunden vor dem Landgericht vortrug. Dem Inhalt nach klang der Vortrag des 39 Seiten starken Schriftstücks dann aber eher wie ein Generalangriff. Polizei, Staatsanwaltschaft, Mütter ehemaliger Fotomodels sowie ehemalige Weggefährten und Kollegen des wegen sexuellen Kindesmissbrauchs angeklagten Fotografen (53), sie alle stellen sich in den Augen der Verteidigung als „komplex suggestives Umfeld“ dar. Dieses habe massiv Einfluss auf die Aussagen der sechs mutmaßlich Geschädigten genommen, die laut Anklageschrift in den Jahren 1999 bis 2018 Opfer von zum Teil schweren sexuellen Übergriffen des Angeklagten geworden sein sollen.

Geschädigte sollen begutachtet werden

Mit dem Antrag will die Verteidigung des 53-Jährigen erreichen, dass die sechs mutmaßlichen Geschädigten aussagepsychologisch begutachtet werden, um ihre Glaubwürdigkeit festzustellen. Das Gericht räumte Nebenklage und Staatsanwaltschaft eine Frist bis Ende kommender Woche zur Stellungnahme ein. Anschließend soll über den Antrag entschieden werden.

In dem Antrag zeichnete die Verteidigung von ihrem Mandanten das Bild eines Opfers einer Konspiration von Müttern von Fotomodels und ehemaligen Arbeitskollegen, die dem Angeklagten Böses wollten, weil sie beispielsweise abgeblitzt seien oder gefeuert wurden. Polizei und Staatsanwaltschaft bezichtigte Sommer, keine „neutralen“ Ermittlungen geführt zu haben. So habe ein Ermittler in dem Fall in einem Aktenvermerk geschrieben: „Der Beschuldigte ist pädokriminell.“ Das aber muss der Prozess erst erweisen.

Das könnte Sie auch interessieren:

In Vernehmungen mit Zeugen hätten die ermittelnden Beamten zudem durchblicken lassen, dass sie „mit Nachdruck“ daran „arbeiteten“ den Beschuldigten „lebenslang in den Knast zu bringen“.

Stiefsohn Ziel von Angriffen

Ein Hauptangriffsziel in dem Beweisantrag stellte der ehemalige Stiefsohn des Angeklagten dar, der die Ermittlungen im vergangenen Sommer ins Rollen gebracht hatte. Ihn charakterisierte Verteidiger Sommer als „Ausgangspunkt der suggestiven Atmosphäre“ und „höchst manipulativen Menschen“. Wegen Konflikten mit seinem Stiefvater habe der Junge die Trennung seiner Mutter von dem Angeklagten herbeiführen wollen. Dabei habe er sich einer „Taktik“ bedient, „die angesichts des Zeitgeistes im Jahre 2021“ erfolgversprechend schien: „Einem Jahrzehnte lang erfolgreichen Kinderfotografen pädophile Neigungen anzudichten“, hieß es in dem Antrag.

Der Prozess wird weiter fortgesetzt.

Rundschau abonnieren