Hinter rostiger TürIn Bergneustadt ist ein Stollen geöffnet worden – Das sind die Funde

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Mehrere Menschen stehen vor dem Eingang des Stollens.

In den Stollen rückten am Donnerstag Feuerwehr, Experten vom Landschaftsverband und Bürgermeister Matthias Thul vor.

Das Bernsteinzimmer, wie Bergneustadts Bürgermeister Matthias Thul erwartet hatte, fand der Forschertrupp nicht – dafür aber andere interessante Dinge.

Gespannt waren Bürgermeister Matthias Thul, seine Stellvertreterin Julia Schalles und Mitarbeiter des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege am Donnerstagvormittag darauf, was sich hinter der rostigen Stahltür am Fuße der Bergneustädter Altstadt verbirgt. Der Zugang ruhte bislang hinter Dornen und Gestrüpp versteckt und war erst vor Kurzem freigeschnitten worden. Thul scherzte: „Vielleicht finden wir sogar das Bernsteinzimmer – irgendwo muss es ja sein.“

In den 30er Jahren diente der Stollen als Luftschutzbunker

Michael Hesse und Gerd Schley vom Historischen Arbeitskreis im Heimatverein schilderten, dass nach ihren Recherchen der Stollen früher als Bierkeller genutzt und in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem Luftschutzbunker ausgebaut worden sei: „Es ist völlig unklar, in welchem Zustand er sich befindet.“ Bei einem ersten Blick vor zwei Wochen hätten sie nur viel Wasser gesehen.

So war für die Öffnung auch die Bergneustädter Feuerwehr mit einer großen Tauchpumpe angerückt. Insgesamt förderten sie etwa 5000 bis 6000 Liter Wasser aus dem Stollen. Nach der Ersterkundung durch die Einsatzkräfte berichtete Feuerwehrmann Frank Bode, dass sich neben massenweise Schlamm auch unzählige Fundstücke kurz hinter dem Eingang und dann gleich nach einer Biegung befänden.

Die Stollenforscher fanden unter anderem alte Flaschen, in denen vermutlich einst Bier war.

Die Stollenforscher fanden unter anderem alte Flaschen, in denen vermutlich einst Bier war.

Auch die Marke eines Soldaten wurde in der Höhle gefunden

Auch die Marke eines Soldaten wurde in der Höhle gefunden.

Hierbei handelt es sich wohl um eine Tonpfeife.

Hierbei handelt es sich wohl um eine Tonpfeife.

Zunächst durften nur die Mitarbeiter des Bodendenkmalamts, später auch der Bürgermeister, diesen unerforschten Gang betreten. „Unser Ziel ist, uns zunächst einen Überblick zu verschaffen“,führte Ilona Dudziński, wissenschaftliche Referentin des LVR-Amts, aus, bevor sie sich selbst auf den Weg machte. Dabei werde sie besonders auf Bearbeitungsspuren am Felsen achten: „Seit wann der Stollen besteht, ist völlig unklar. Eventuell gibt es sogar einen Bezug zu der mittelalterlichen Burganlage.“

Nachdem er den Stollen verlassen hatte, berichtete Bürgermeister Matthias Thul mit schlammverschmierten Gummistiefeln, dass er Reifen, Ölfässer, jede Menge Papiere und Aschereste entdeckt habe, sogar eine alte Soldatenmarke: „Die Damen sprühen vor Begeisterung.“ Das war Ivonne Weiler-Rahnfeld, Leiterin der LVR-Außenstelle in Overath, anzusehen: „Wir haben eine echte Zeitkapsel gefunden.“

Wahrscheinlich diente der Stollen auch nach dem Krieg für Wohnzwecke

Damit meinte sie indes keine Röhre wie bei Grundsteinlegungen, sondern unzählige Hinterlassenschaften. So habe sie neben vielen Dingen aus der Zeit als Luftschutzbunker auch massenhaft Alltagsgegenstände, etwa einen Wasserkessel, Kämme, Schrubber oder auch den Deckel einer Zahnpastatube, gesehen: „Diese Funde legen nahe, dass der Stollen auch nach dem Krieg für Wohnzwecke benutzt wurde.“

Zu dessen Ausmaßen sagte sie, dass er vermutlich eine Länge von 30 bis 40 Metern habe: „Nach einer ersten Einschätzung könnten sich darin möglicherweise bis zu 200 Leute aufgehalten haben.“ Es seien viele Flaschen gefunden worden, unter anderem eine aus der Eifel: „Das Material ist sehr gut erhalten und liefert neue Informationen über die Geschichte von Bergneustadt.“ Die Erfassung und Auswertung allerdings könne dauern. Und sie hoffe, noch in diesem Jahr damit beginnen zu können. Ein großes Lob hatte sie für Matthias Thul: „Der Bürgermeister hat vorbildlich gehandelt, indem er uns frühzeitig eingebunden und die Feuerwehr für die Erstbegehung organisiert hat.“

Sie sei überwältigt, sagte auch Ilona Dudziński. „Die ganzen Alltagsgegenstände erzählen in ihrer Summe ein Stück Geschichte.“ Diese Entdeckung sei etwas, das für die Nachwelt bewahrt werden müsse. Schmunzelnd erklärte sie, dass sie mit dem Schlafen nun wohl leichte Probleme haben werde: „Ich überlege jetzt schon, wie wir das am besten dokumentieren können.“