Der Kabarettist Urban Priol spricht vor dem Auftritt in Bergneustadt über Handball, Fernsehaufnahmeleiter, Markus Söder und andere Herausforderungen.
KabarettWas Urban Priol mit Oberberg verbindet

Die meisten Kabarettfans kennen ihn aus der ZDF-Sendung „Neues aus der Anstalt“. Auf den deutschen Kleinkunstbühnen ist Urban Priol seit den 1980ern unterwegs. Am Samstag kommt er nach Bergneustadt.
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„Im Fluss“ heißt das Programm, mit dem Urban Priol am Samstag, 4. Oktober, 20 Uhr, im Bergneustädter Krawinkelsaal gastiert. Reiner Thies sprach mit dem Kabarettisten über die Satire in den Zeiten des fortschreitenden Irrsinns.
Hier im Oberbergischen ist Ihre Heimatstadt Aschaffenburg weniger bekannt als das benachbarte Großwallstadt. Sie sind zwar dem Vernehmen nach Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur – aber interessieren Sie sich auch für Handball?
Urban Priol: Gummersbach und Großwallstadt waren vor allem in den 1970ern und 80ern absolute Handballhochburgen. Ich denke bei uns an Spieler wie Kurt Klühspies oder an Manfred Hoffmann im Tor. Ich mag beides, eigentlich alles, bei dem ein Ball im Spiel ist. Handball ist aber allemal schneller und abwechslungsreicher.
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Harte Attacke und schnell zum Abschluss – Handball liegt Ihnen auch als Kabarettist viel näher.
Ja, auch im Kabarett sollte man nicht querspielen und das Spiel verlangsamen, sondern gezielt die Pointe verwandeln.
Wie sehr unterscheidet sich vor diesem Hintergrund der Bühnen-Urban vom Fernseh-Priol?
Auf der Bühne bin ich freier. Im Fernsehen gibt es das Korsett der Bühnentechnik und vor allem der Zeit. Gegen Ende fängt der Aufnahmeleiter an, mit den Armen zu fuchteln. Auf der Bühne muss man sich selbst disziplinieren. Wenn man fünf Minuten neues Material einbaut, müssen fünf alte Programmminuten raus. Da gilt die alte Regel: „Kill your darlings.“ Mein Auftritt ist immer tagesaktuell. Das macht es auch für mich spannender, selbst wenn es nur zwei neue Minuten sind. Von dem Programm, mit dem ich 2019 unter dem Titel „Im Fluss“ gestartet bin, sind vielleicht noch vier Prozent übrig. Aber das passt ja zum Titel. Ich hätte es auch „Vorsicht Baustelle!“ nennen können.
Apropos aktuell: Wir hatten in NRW am Wochenende Stichwahlen für die Bürgermeister und Landräte. Die AfD hat in den Kommunalparlamenten ordentlich zugelegt, ist aber nirgendwo in die Nähe eines Spitzenamts gekommen. Kommen wir hier im Westen um ostdeutsche Verhältnisse herum?
Auch im Osten hat es ja bisher gut geklappt. Außer in Sonneberg, aber da haben die Leute inzwischen auch gemerkt, dass der AfD-Landrat nichts reißt. Die AfD nutzt ja auch eine „Stichwahl“ bloß, um vor Messermännern zu warnen, die durch angeblich unkontrollierte Zuwanderung zu uns kommen. Sie hat sehr einfache Antworten, die Welt ist aber komplex. Das Wahlergebnis stimmt mich optimistisch. Wenn es darauf ankommt, sagt eine veritable Mehrheit, dass sie sich nicht den Hasardeuren anvertrauen möchte. Die Dumpfbacken-Follower in den sozialen Medien reden oft davon, dass sie „das Volk“ repräsentieren. 70 Prozent der Bevölkerung sind aber immer noch anderer Meinung.
Ein Blick auf die große Politik: Ich habe in Ihrer Vita gelesen, dass Sie damals den Wehrdienst erst nach der Grundausbildung verweigert haben. Würden Sie heute dabei bleiben?
Ich war damals auf großen Friedensdemos wie im Bonner Hofgarten dabei. Wir dachten ja: So schlimm ist der Russe nicht. Ob ich heute wieder demonstrieren würde, weiß ich nicht. Aber mit dem Wehrdienst würde ich es wieder genauso machen. Es war gut, beide Seiten kennenzulernen, die Bundeswehr und den Dienst im Rettungswagen der Malteser. Ich wäre für die Einführung eines Pflichtjahrs. Das Freiwillige Soziale Jahr hat meiner Tochter nicht geschadet. Nur die Gewissensprüfung war damals schon Quatsch. Jeder soll sich frei entscheiden, ob er Soldat werden will oder nicht.
Gibt es sonst etwas, was Sie dem jungen Urban gern auf den Weg geben würden?
Werde ein wenig früher gelassen! Man darf zwar, gerade als Kabarettist, den gesunden Zorn nicht verlieren, ich hätte mich aber über einige Dinge weniger aufregen sollen, im Politischen wie im Privaten. Etwa beim Fußball. Ich wurde als Kind zum Fan von Mönchengladbach. Und das war offenbar aus heutiger Sicht ein Griff ins Klo.
Nächstes Jahr werden sie 65, früher das übliche Alter für den Eintritt in die Rente. Daran wird von der Politik ja andauernd geschraubt. Was halten Sie davon? Wie werden Sie als freischaffender Bühnenkünstler es selbst mit dem Ruhestand halten?
Körperliche Arbeit ist nicht so mein Ding, aber ich glaube: Wer mit 15 in eine handwerkliche Lehre gegangen ist, für den ist mit 65 Jahren Schicht. In vielen Bürojobs können und wollen manche dagegen länger arbeiten, kriegen aber mit 60 Altersteilzeit angeboten, weil die jungen Leute weniger Gehalt bekommen. Ich finde: Wer will, soll noch vier, fünf Jahre dranhängen können. Für mich selbst gilt, dass ich so lange weitermache, wie es Spaß macht.
Sie gastieren in Bergneustadt mit ihrem Dauerprogramm „Im Fluss“, das im Untertitel verspricht, „täglich quellfrisch, immer aktuell“ zu sein. Von November an touren Sie dann mit ihrem traditionellen Jahresrückblick „TILT!“ Was unterscheidet die Abende?
Das Tourprogramm ist quellfrisch. Für den Rückblick notierte ich in einer Kladde, was im Laufe des Jahres so an mir vorbei quellte. Das normale Programm folgt einer Rahmenhandlung. Der Rückblick folgt dem Kalender. Ich springe aber auch gern quer durchs Jahr.
Sie machen seit 40 Jahren Kabarett. War der Irrsinn in der Politik je größer als heute?
Nein. Für meine Zunft ist es auf jeden Fall schwerer geworden. Es ist eine große Herausforderung, satirisch das noch zu toppen, was die Politik uns an Futter liefert.
Denken Sie dabei eher an Trump oder an Söder?
Donald Trump sollte man nicht zu wichtig nehmen und in den Leitmedien nicht immer auf die Nummer 1 setzen. Dann doch lieber den fränkischen Mini-Trump mit seinen Bratwürsten. Aber für alle Narzissten gilt: Wenn man sie ignoriert, ist es für sie die größte Strafe.
Vorverkauf
Karten für den Auftritt im Krawinkelsaal gibt es im Vorverkauf für 38 Euro auf der Homepage des Veranstalters.