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Kreishaus IIOberbergs CDU-Fraktionschef nennt Grüne „Rattenfänger“

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CDU-Fraktionschef Michael Stefer (li.) sorgte dafür, dass die Redezeit pro Fraktion auf acht Minuten begrenzt wurde. Nicht nur SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Lichtmann fand das nicht gut.

Bevor es überhaupt zum Dialog über den Bau von Kreishaus II kommen konnte, stellte CDU-Fraktionschef  Michael Stefer den  Antrag, die Redezeit pro Fraktion auf acht Minuten zu begrenzen.

Der oberbergische Kreistag hat am Donnerstagabend in einer Sondersitzung nach einer bisweilen hitzigen Debatte und gegenseitigen Vorwürfen die Bildung einer interfraktionellen Arbeitsgruppe im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau von Kreishaus beschlossen. Und zwar mit den Stimmen der Mehrheit von CDU, UWG, FDP/FWO/DU.

Ein deutlich weitergehender Antrag von SPD, Grünen und Linken bekam keine Mehrheit. Dieser sah vor, dass während der sechsmonatigen Arbeit der AG keine bindenden Entscheidungen getroffen werden. Der Kreis kann das Projekt nun also trotz aller Kritik aus Politik, Kommunen und Bevölkerung weiter vorantreiben. Los geht es bereits am kommenden Montag, wenn der Stadtentwicklungsausschuss in Gummersbach den Aufstellungsbeschluss für ein Bauleitplanverfahren fassen soll. Ein Antrag der AfD bekam auch keine Mehrheit. Er sah ebenfalls ein Moratorium von sechs Monaten vor, allerdings sollte die Besetzung der AG erst nach der Kommunalwahl erfolgen.

Doch der Reihe nach: Große Überraschungen wurden von der Sondersitzung des Kreistags am Donnerstagabend so kurz vor der Wahl nicht mehr erwartet. Die Standpunkte waren klar. Doch SPD, Grüne und Linke hatten mit ihrem Antrag auf Bildung einer Arbeitsgruppe bei einem gleichzeitigen, halbjährigen Stopp aller Aktivitäten auf Seiten der Verwaltung noch einmal den Versuch unternommen, mit der Mehrheitsfraktion von CDU, UWG, FDP/FWO/DU ins Gespräch zu kommen. 

Mehrheitsfraktion hatte erst gar nicht tagen wollen

Doch bevor überhaupt gesprochen wurde, beantragte CDU-Fraktionschef Michael Stefer, die Redezeit pro Fraktion auf acht Minuten zu begrenzen. Der Unmut in den Reihen der Opposition war unüberhörbar. „Der Antrag hat gezeigt, wo die Reise hingeht in Sachen Kompromissbereitschaft“, sagte SPD-Fraktionschef Sven Lichtmann. Die Mehrheitsfraktion im Kreistag hatte bereits im Vorfeld den Sinn der Sitzung so kurz vor der Wahl infrage gestellt und die Opposition ermutigt, ihren Antrag auf Sondersitzung wieder zurückzunehmen. Ohne Erfolg. Ralph Krolewski (Grüne) hatte „formal den Gegenantrag“ gestellt, was aber zu nichts führte. 

Stefer sorgte wenig später mit seiner Aussage, dass insbesondere die Grünen „im Wahlkampf den Rattenfänger von Hameln spielen“ würden, für zusätzlichen Unmut. Er spielte damit auf die Onlinepetition der Grünen gegen Kreishaus II an, mit der man Menschen habe locken wollen. Das Vorgehen der Grünen sei  „anmaßend und an Arroganz kaum zu überbieten“, wetterte Stefer.

Persönliche Erklärung und strikte Zurückweisung

Doch eine Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: In einer persönlichen Erklärung wies Ralph Krolewski Stefers Vergleich mit Rattenfängern „strikt zurück“, wie der Mediziner sagte. Diese Wortwahl habe rein gar nichts mit dem Märchen zu tun, sondern sei ein Kampfbegriff, den Rechte gegen Linke verwenden würden. Dass er im Kreistag falle, zeige, wie erhitzt die Debatte inzwischen sei. Nach der Sitzung suchte Stefer den Kontakt zu Krolewski und beteuerte, das nicht so gemeint zu haben.

In seinem Eingangsstatement hatte Lichtmann klargemacht, dass eine Arbeitsgemeinschaft keinen Sinn mache, wenn diese tage, während draußen bereits die Bagger rollten. Dass alle Beschlüsse eingefroren werden müssen, findet Lichtmann für die Arbeit einer Arbeitsgruppe daher unverzichtbar. Lichtmann warf Landrat Jochen Hagt vor, seiner Verantwortung als Vorsitzender des Kreistags nicht gerecht geworden zu sein bei dem Thema. Dabei gehöre das Projekt noch einmal auf den Prüfstand. Man müsse klären, welche Ämter tatsächlich zentralisiert werden müssten. 

Nicht über die Köpfe der Bürger entscheiden

Einen Ausweg aus der Situation will Bernadette Reinery-Hausmann (Grüne). Sie hatte Hagt vor der Sitzung symbolisch die 3294 Unterschriften für die von ihr gestartete Online-Petition gegen den Bau des Kreishauses überreicht. Sie sagte, dass viele Menschen draußen die Pläne ablehnten. Die Arbeitsgruppe wollte sie daher auch als Signal dafür verstanden wissen, dass nicht über die Köpfe der Bürger entschieden werde.

Reinhold Müller (FDP) vermutete hinter dem Antrag des „Linksbündnisses Oberberg“, ein Moratorium durch die Hintertüre bekommen zu wollen und dabei das Projekt zu unterlaufen. Jan Köstering (Linke) kritisierte, dass die von der CDU angeregte Arbeitsgemeinschaft eine Alibirunde sei, die tage, während das Projekt weiter laufe und der Kreis Fakten schaffen könne. Das sei ein Spiel mit gezinkten Karten. Noch weiter als die Vorredner ging Bernd Rummler (AfD). Für ihn ist der Kreishausneubau „überflüssig“.