In Denklingen wurde am Gedenktag für Sinti und Roma an Magdalena Horvath erinnert. Der Bürgermeister appellierte, demokratisch zu wählen.
„Das Gift des Rassismus“Reichshof erinnert an die ins KZ deportierte Magdalena Horvath

Am Grab von Magdalena Horvath wurde die Geschichte ihrer Verfolgung erzählt.
Copyright: Kupper
Trotz Regenschauer hatte sich am Samstagnachmittag eine kleine Gruppe Menschen auf dem evangelischen Friedhof in Reichshof-Denklingen am Grab von Magdalena Horvath versammelt. Weiße Rosen schmückten ihren Grabstein. Anlass war der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma, der alljährlich am 2. August begangen wird.
Gerhard Jenders von „Oberberg ist bunt, nicht braun“ erklärte, dass das Datum als Erinnerung an eine Mordaktion der SS gewählt wurde, der im „Zigeunerlager“ des KZ Auschwitz-Birkenau in der Nacht auf den 3. August 1944 Tausende zum Opfer gefallen waren. In seiner Ansprache vermittelte der Initiator den geschichtlichen Hintergrund.
In das Frauen-KZ Ravensbrück deportiert
Nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 seien deutsche Sinti und Roma in das Nachbarland deportiert und in Konzentrationslager gebracht worden. „Dort mussten sie Zwangsarbeit leisten und die Bedingungen waren so, dass die Nazis dafür den Begriff ,Vernichtung durch Arbeit benutzten.“ Ebenso erging es den etwa 8000 Roma im Burgenland nach dem Anschluss Österreichs an das Nazi-Reich. Dort wurden sie zunächst massiv ausgegrenzt. In der „Grenzmark-Zeitung“ hieß es etwa unter dem Titel „Kein Schulbesuch von Zigeunern“, dass „die Nachkommen dieses Parasitenvolkes oft mit bösen Krankheiten behaftet sind“ und zudem „eine sittliche Gefährdung für die deutschen Schüler bedeuten“.
Alles zum Thema Denklingen
- 50 Jahre bei der Gemeinde Rüdiger Gennies schaffte in Reichshof den Sprung vom Azubi zum Chef
- Sommerwettbewerb Wie Juppi Steinfort Reichshof lieben lernte
- Goldhochzeit Nümbrechter Ehepaar ließ in Kasachstan alles zurück
- Spektaculum in Denklingen Gaukler zeigten das Neueste aus dem Mittelalter
- Einsatz in Reichshof Feuerwehr findet toten Mann in brennendem Haus
- Rätselwanderung Unterwegs auf dem Prozessionswanderweg in Reichshof – Mit PDF zum Download
- Ritterschaft Lindlarer kämpfen mit Schwert und Pfanne
Jenders berichtete, dass Magdalena Horvath im Sommer 1939 zusammen mit mehr als 400 Roma in das Frauen-KZ Ravensbrück bei Berlin deportiert worden sei. Dort habe die 19-Jährige in einem Rüstungsbetrieb arbeiten müssen. Nach fast sechs Jahren KZ und Zwangsarbeit kam sie über Umwege ins damalige DP-Hospital in Denklingen.
Tuberkulose war die Todesursache
Mit DP (Displaced Persons) bezeichneten die Alliierten Zivilisten, die sich infolge des Krieges nicht mehr in ihrem Herkunftsland befanden. Vor der Umsetzung ihres Wunsches, sich in den Vereinigten Staaten niederzulassen, starb sie in Denklingen nach fünf Jahren im Alter von 31 Jahren an Tuberkulose. Jenders: „Die eigentliche Todesursache aber ist das tödliche Gift des Rassismus.“ Insgesamt seien bei der Verfolgung durch die Nazis fast eine halbe Million europäische Sinti und Roma ermordet worden. Er bat um eine Gedenkminute für Magdalena Horvath und veranschaulichte: „Wenn wir das für jeden dieser Ermordeten tun würden, müssten wir mehr als elf Monate hier stehen – Tag und Nacht!“
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, zitierte Reichshofs Bürgermeister Rüdiger Gennies Artikel 1 des Grundgesetzes. Stattdessen habe es während des Nazi-Regimes schrecklichste Verbrechen an der Menschheit gegeben. Er appellierte, bei der Kommunalwahl vehement für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen. Mit Blick auf aktuelle Kriegsereignisse bedauerte Gennies: „Auch 80 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur ist es für mich kaum vorstellbar, zu welch schrecklichen Taten der Mensch fähig ist. Und genauso schlimm ist es, dass die Menschheit nichts aus dieser menschenverachtenden Tragödie gelernt hat.“