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AstronomieNeues Großfeld-Teleskop für die zweite Kuppel der Schülersternwarte in Waldbröl

6 min
Auch dieses Bild von der Sonne stammt aus der Schülersternwarte in der Waldbröler Ortschaft Schnörringen.

Auch dieses Bild von der Sonne stammt aus der Schülersternwarte in der Waldbröler Ortschaft Schnörringen.

Bis Ende 2025 soll das Observatorium in der Ortschaft Schnörringen fertiggestellt sein. Dort können sich ab sofort Lehrkräfte einquartieren.

Zwei riesige hölzerne Kisten stehen mitten im Seminarraum, ein neues Großfeld-Teleskop will endlich ausgepackt und aufgebaut werden. Und Thomas Eversberg juckt es längst mächtig in den Fingern: „Das kommt nach draußen, unter die kleine Kuppel“, kündigt der frühere Vorsitzende des Initiativkreises „Schnörringen Telescope Science Institute“ an. Dieser hat als Trägerverein im Mai 2023 im Waldbröler Weiler Schnörringen ein astronomisches Klassenzimmer eingerichtet, eine höchstprofessionell ausgestattete Schülersternwarte.

Gründer sind der Kölner Eversberg (64) sowie sein Freund und Kollege Klaus Vollmann (64), der heute in Schnörringen lebt. Beide arbeiten als Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, beheimatet ist dieses in Bonn. In Waldbröl aber läuft nun eine Wette: Bis Ende dieses Jahres soll die Sternwarte am Ringweg endlich fertig sein, es geht um ein paar Kisten Bier. „Das wird eine Herausforderung“, weiß der Astrophysiker und Raumfahrtmanager Eversberg, der den Posten des Vorsitzenden jüngst an Simon Gier (27) aus Wissen abgegeben hat. „Wir wollten keiner dieser Astro-Vereine werden, bei denen Greise etwas von den Sternen erzählen“, sagt Eversberg und lacht.

Doch genau das ist das Ding der 29-köpfigen Enthusiastenschar, die da – zumeist an den Wochenenden – in den Himmel über Oberbergs Süden guckt, die Teleskope schwenkt, Fotos schießt, Daten sammelt und auswertet – und andere, vor allem natürlich Kinder und Jugendliche, für die Sternen- und Planetenkunde begeistern möchte. Und das eben nun auch mit einem Großfeld-Teleskop, das sozusagen Weitwinkel-Bilder liefert von Himmelskörpern. Angeschafft wurde es erneut mit Fördermittel aus der Kasse des oberbergischen Leader-Programms.

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Die große Schnörringer Kuppel indes gehört dem landesweit zurzeit größten Teleskop, das Eversberg und der Physiker Vollmann, heute zudem Geschäftsführer des Initiativkreises, schon 2008 von einer Außenstation der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität ersteigert haben – „ohne dass wir beiden Bekloppten wussten, was wir damit machen wollen und wo das eigentlich mal hin soll“, blickt Eversberg zurück und denkt an eine frühere Wette: Wer zuerst das richtige Grundstück findet, der baut eine Sternwarte. „Ich habe verloren“, gesteht der Kölner. Inzwischen hat Klaus Vollmann den Boden am Ringweg dem Trägerverein überschrieben.

In Waldbröl-Schnörringen hat die Crew der Sternwarte alle Hände voll zu tun, wieder mal

Der hat nun also alle Hände voll zu tun, wieder mal. Kollege Eversberg zählt auf, was in den kommenden Wochen und Monaten zu erledigen ist: „Das Großteleskop dreht sich sehr gut, aber die Kuppel läuft noch nicht ganz rund, die Software funktioniert, ist aber noch nicht ganz fertig, ebenso die automatische Fokussierung.“ Und dann ist da ja noch der wenig spektakulär wirkende Spektograf, den die Schülersternwarte gemeinsam mit Forschern der Macquarie University um Professor Christian Schwab, einem gebürtigen Hanauer, in Sydney entworfen und in die Marktstadt geholt hat – bezahlt worden ist das höchstsensible und empfindliche Geräte mit einem wahren Cocktail aus den Förderkassen verschiedener Programme und Institutionen.

Männer, die in den Himmel gucken (von links): Klaus Vollmann (Mitgründer und Geschäftsführer), Simon Gier (neuer Vorsitzender des Trägervereins), Neu-Mitglied Ottmar Will aus Marienheide und Thomas Eversberg (Mitgründer und ehemaliger Vorsitzender des Trägervereins).

Männer, die in den Himmel gucken (von links): Klaus Vollmann (Mitgründer und Geschäftsführer), Simon Gier (neuer Vorsitzender des Trägervereins), Neu-Mitglied Ottmar Will aus Marienheide und Thomas Eversberg (Mitgründer und ehemaliger Vorsitzender des Trägervereins).

Mit dem Teleskop gekoppelt, macht der Spektograf Regenbogen-Lichtbilder im All, und das in 3D. Zwischen den Farben des gesamten Spektrums sind es jedoch die feinen, schwarzen Linien, die der Wissenschaft Freude machen – weil sie Daten bergen. „Und uns verraten, was über unseren Köpfen eigentlich los ist“, erklärt der Experte Eversberg, der auch beruflich mit eben solchen Geräten arbeitet. In Schnörringen steht der Spektograf aber immer noch in der Warteposition: Es fehlen die richtigen Glasfaserkabel, um ihn mit dem Teleskop zu verbinden. „Leider hat ein Missverständnis dazu geführt, die richtigen Übertragungsleitungen kommen in Kürze“, verrät Thomas Eversberg.

Drei neue Roboter-Teleskope, finanziert von der Hans-Hermann-Voss-Stiftung in Wipperfürth, zählen seit kurzem ebenfalls zum Inventar der Sternwarte, sie können ausgeliehen werden von Schulen im Kreisgebiet: Lehrkräfte sollen damit Schülerinnen und Schülern Lust auf die Astronomie machen. „Sie stellen die Teleskope auf dem Schulhof auf, steuern sie per Fernbedienung und die Neugier der Jugendlichen kommt von allein“, ist Eversberg sicher.

Das in Waldbröl gegründete Schulnetzwerk Astronomie Oberberg zählt heute 19 aus dem gesamten Kreisgebiet

Bereits im Mai 2021 gegründet worden ist das Schulnetzwerk Astronomie Oberberg, das heute 19 Schulen aus Oberberg vereint. Auf dem Gelände, neben der kleinen Kuppel, steht das Schülerlabor mit drei gleich ausgestatteten Beobachtungsstationen. „Leider ist der Weg zu uns, die Distanz, für die Schulen oft ein Problem“, bedauert der ehemalige Vorstandschef, das Wipperfürther Engelbert-von-Berg-Gymnasium sei dagegen regelmäßiger Gast mit Klassen und Kursen.

Auch ein Ort der Kultur400 bis 500 Besucherinnen und Besucher jeden Alters, schätzt Thomas Eversberg, kommen pro Jahr zur Sternwarte. Die sieht er auch als Ort der Kultur, an dem Filme und Vorträge einen festen Platz haben – „Raumfahrt“ ist das große Thema, das bis ins kommende Jahr reicht und etwa den Bonner Professor Uli Klein vom Argelander-Institut für Astronomie mit einem Vortrag über das James-Webb-Teleskop nach Waldbröl bringt.

Mit Verschwörungen und Lügen rund um die Mondlandung am 20. Juli 1969 beschäftigt Thomas Eversberg indes selbst in einem Vortrag am Freitag, 12. September, ab 19 Uhr in der Sternwarte, Ringweg 8a. Er zeigt Fotos, Filme und physikalische Fakten – der Eintritt ist frei, eine Spende erbeten. Und weil der Platz knapp ist, ist eine Anmeldung mit Name und Teilnehmerzahl Pflicht bei der „Wir für Waldbröl“-GmbH per E-Mail an: info@wir-fuer-waldbroel.de.

www.stsci.de


Zwei Stellen für Lehrkräfte warten in Waldbröl-Schnörringen auf Bewerberinnen und Bewerber

Die Schülersternwarte ist ein Lernort jenseits der Schulwände – nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern ab 1. Oktober auch für Lehrerinnen und Lehrer von Real- und Gesamtschulen im Regierungsbezirk Köln, die sich ab sofort bei der Bezirksregierung um eine Abordnung nach Waldbröl-Schnörringen bewerben können. Ihre Tätigkeit dort ist zunächst auf ein Schuljahr befristet und mit etwa acht Stunden pro Woche ausgewiesen.

In dieser Zeit sollen die Pädagoginnen und Pädagogen – unter anderem – Unterrichtsreihen an Partnerschulen im Netzwerk Astronomie Oberberg anbieten sowie didaktisches Material erstellen, das sowohl in der Sternwarte verwendet als auch von Lehrkräften in den Schulen genutzt wird. Auch sollen sie eine Schnittstelle bilden mit Kooperationspartnern der Sternwarte im Bereich der Bildung.

Auskünfte zum Projekt erteilen Thomas Eversberg, 0178/136 63 04 oder thomas.eversberg@dlr.de, und Martin Finke von der Bezirksregierung, (0221) 147 24 92 oder martin.finke@bezreg-koeln.nrw.de. Mehr dazu findet sich auch auf den Internetseiten der Sternwarte.


Wechsel an der Vorstandsspitze in Waldbröl-Schnörringen

Jüngst hat sich Thomas Eversberg als Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Trägervereins, des Initiativkreises „Schnörringen Telescope Science Institute“, aus diesem Amt verabschiedet und Simon Gier als seinen Nachfolger vorgeschlagen – er wurde dann auch gewählt.

Gier ist 27 Jahre alt, lebt in Wissen an der Sieg und arbeitet bei der Stadt Altenkirchen als Fachinformatiker im Bereich der Systemintegration. Mitglied im Schnörringer Verein ist er seit vier Jahren. „Schon als Junge hat mein Herz für die Physik geschlagen“, verrät er. „Ich war sechs, sieben Jahre alt, als ich die ersten Physik-Bücher verschlungen habe.“ Obwohl der Vorstandsvorsitz eine „coole Sache“ sei, habe er gezögert, gesteht der Wissener. „Aber heute bin ich mir sicher, dass ich das hinbekomme und entscheiden kann, wie es mit unserem Verein weitergeht.“

Dieser finanziert sich zu 100 Prozent aus Spenden und Zuwendungen sowie aus Programmen, die der Trägerverein vor allem in der Region sucht und anzapft. Anfang des Jahres etwa mussten in aller Eile 8500 Euro aufgetrieben werden für Notargebühren und Vermessungsarbeiten, damit das Grundstück dem Verein übertragen werden konnte.