NS-AufarbeitungKann Oberberg früheren Oberkreisdirektor Goldenbogen weiter ehren?

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Oberkreisdirektor Friedrich-Wilhelm Goldenbogen, rechts im Bild, am Rohbau des Krankenhauses in Waldbröl.

Oberkreisdirektor Friedrich-Wilhelm Goldenbogen (r., Oberkreisdirektor von 1946 bis 1979) am Rohbau des Waldbröler Krankenhauses. Dort ist bis heute eine Straße nach ihm benannt.

Die Diskussion über eine Umbenennung der Dr.-Goldenbogen-Straße in Waldbröl nimmt neue Fahrt auf. 

Ist es angemessen, dass in Waldbröl nach dem früheren Oberkreisdirektor Friedrich-Wilhelm Goldenbogen weiterhin eine Straße benannt ist? Der Bergneustädter Lothar Gothe verneint das seit langem und wird nicht müde, auf dessen NS-Vergangenheit hinzuweisen. Seit Jahren tritt Gothe dafür ein, dass die Dr.-Goldenbogen-Straße, die hinauf zum Kreiskrankenhaus führt, nicht mehr so heißen soll. Auch erinnert er daran, dass ein inzwischen verstorbener Oberberger 2022 einen Antrag ans Rathaus gerichtet hatte mit dem Ziel, dass die Straße einen neuen Namen bekommen sollte.

Die jüngste Demo gegen Rechtsextremismus in Waldbröl hat Lothar Gothe jetzt noch einmal zum Anlass genommen, an eben diese Forderung zu erinnern. Zugleich hat er für die Einwohnerfragestunde der kommenden Sitzung des Kreistags das Gremium aufgefordert, „sich von der Ehrung des früheren OKD Dr. Friedrich-Wilhelm Goldenbogen durch die Waldbröler Straßen ,Friedrich-Wilhelm-Straße und ,Dr.-Goldenbogen-Straße aufgrund von dessen NS-Belastung und seiner äußerst großzügigen Förderung des Nazimalers und bekennenden radikalen Antisemiten Werner Peiner in den 50ern“ zu distanzieren.

Gothe verlangt Aufarbeitung durch externe Historiker 

Zudem fordert der Bergneustädter, dass das Gremium beschließen möge, dass „der Landrat wegen der weiteren Verschleppung einer Aufarbeitung der Nachkriegs-NS-Belastung von Kreistag und Verwaltung durch einen unabhängigen, externen Historiker gerügt wird“. Der Kreistag solle laut Gothe seinen Fachausschuss damit beauftragen, mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) Verbindung aufzunehmen, der mehrere Forschungsprojekte zur NS-Kontinuität im LVR durch externe Historiker hat durchführen lassen. Gothe erinnert zudem daran, dass Landrat Jochen Hagt vor mehr als einem Jahr in einer öffentlichen Veranstaltung zugesagt habe, einen externen und unabhängigen Historiker mit der Aufarbeitung der NS-Kontinuität in Oberberg zu beauftragen.

Für den LVR berichtet derweil Birgit Ströter, Pressereferentin im LVR-Dezernat Kultur und Landschaftliche Kulturpflege, dass „im Rahmen der Erforschung der Geschichte von Provinzialverband und LVR ein Projekt initiiert wurde, in dem Arbeit und Rolle von Kulturverwaltung und Kulturpolitik nach 1953 aufgearbeitet und historisch eingeordnet werden soll“.

LVR lässt auch die Rolle Goldenbogens analysieren

Dabei geht es unter anderem um „Kontinuitäten und Diskontinuitäten zur NS-Zeit“, aber auch und darüber hinaus um Schwerpunkte kultureller Arbeit sowie um das Personal, das damit betraut wurde. In diesem Rahmen würden neben den politik-, verwaltungs- und gesellschaftsgeschichtlichen Fragen auch biografische bearbeitet. „So wird auch Goldenbogen als ein wichtiger Vertreter der LVR-Kulturarbeit und -politik wissenschaftlich analysiert und eingeordnet. Das Projekt startete im Dezember und wird mit Veröffentlichung der Ergebnisse sicherlich drei Jahre dauern“, teil der LVR mit.

Auf Nachfrage dieser Zeitung weist Landrat Jochen Hagt den Vorwurf von Lothar Gothe, die Aufarbeitung des Nationalsozialismus im Oberbergischen Kreis zu verschleppen, „als unbegründet zurück“. Die Verwaltung sei durch den Kreisausschuss gebeten worden, ein Themenfeld vorzubereiten und mit den Fraktionsvorsitzenden abzustimmen, in welcher Form man sich künftig dem Thema widmen wolle. Daraufhin habe die Verwaltung zunächst eine umfassende Recherche zu den bestehenden Werken und Publikationen zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus im Oberbergischen Kreis durchgeführt, heißt es in einer Mitteilung des Kreises.

Auf Grundlage dessen und zur konkreten Definition eines Themenfeldes habe die Verwaltung Kontakt zu einem unabhängigen Historiker aufgenommen. Mit diesem habe sich die Verwaltung bereits in fortgeschrittenen Gesprächen befunden, ehe der Historiker die Beauftragung aus Kapazitätsgründen abgesagt habe. In Zusammenarbeit mit dem NS-Dokumentationszentrum in Köln sei anschließend ein Historiker gefunden worden, mit dem zwischenzeitlich Gespräche zur konzeptionellen Weiterbearbeitung des Themenkomplexes geführt worden seien.

Die vorliegenden Erkenntnisse würden dem zuständigen Gremium des Kreistags in der laufenden Sitzungsfolge vorgestellt. Darüber hinaus sei das zuständige Gremium des Kreistags in regelmäßigen Abständen über den jeweils aktuellen Sachstand informiert worden. Lothar Gothes Einwohneranregung werde auf die Tagesordnung der Sitzung des Kreisausschusses am Donnerstag, 21. März, gesetzt.


Besitz des Klinikums

Die Dr.-Goldenbogen-Straße in Waldbröl ist weder im Besitz der Stadt Waldbröl, noch Eigentum des Oberbergischen Kreises. Sie gehört dem Klinikum Oberberg. 1984 war sie dem früheren Oberkreisdirektor Friedrich Wilhelm Goldenbogen gewidmet worden. Für eine Umbenennung wäre dennoch der Rat der Stadt zuständig. „Aber dafür fehlen uns noch gesicherte Erkenntnisse“, sagt Bürgermeisterin Larissa Weber. Ihren Angaben gebe es bisher keine belastenden Ergebnisse.

Am 30. März 2022 hatte sich der Stadtrat laut Weber mit insgesamt zwei Eingaben, eine aus Waldbröl und eine aus Reichshof, beschäftigt, handeln konnte er daher aber nicht. Weber: „Wenn es Neues gibt, wird das sicher in der Politik erneut diskutiert.“ (höh)

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