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Aus für BargeldAutofahrer in Bergisch Gladbach dürfen nicht mehr an Parkautomaten zahlen

Lesezeit 4 Minuten
Ein klassischer Automat mit Münzfach steht am Straßenrand.

Die Parkautomaten in Bergisch Gladbach sind bald Geschichte. Parkscheine gibt es dann nur noch digital per Handy-App.

In der Stadt wird es ab 2026 keine Parkscheinautomaten mehr geben. Die Entscheidung fällt nach langer Debatte im Infrastruktur-Ausschuss. 

Beim Parken gibt die Politik jetzt Vollgas. In der Stadt wird es keine Parkautomaten mehr geben. Parkgebühren können ab Januar 2026 im gesamten Stadtgebiet nur noch per Handy bezahlt werden. Zuletzt war ein digitales Parkautomaten-System ohne Bargeld bei den Mitgliedern des Infrastruktur-Ausschusses noch auf breite Ablehnung gestoßen. Jetzt die radikale Umkehr: Die Automaten sollen ganz abgeschafft werden.

Im Ratssaal geht es anderthalb Stunden, inklusive Sitzungsunterbrechung, hin und her. Der Vorstoß der Grünen, die Automaten ganz abzuschaffen, kommt völlig überraschend: „Sie sind teuer und verbrauchen viel Platz“, sagt Markus Bollen. Für den Beschluss finden die Grünen nach langer intensiver Diskussion mit Unterstützung von SPD und Freie Wählergemeinschaft eine Mehrheit. CDU und AfD stimmen dagegen. Die FDP enthält sich.

Zu sehen sind drei Parkscheine aus Wien.

Das Wiener Pickerl dient als Vorbild für die Gestaltung des künftigen Gladbacher "Plus-Tickets".

Um weiterhin eine Bargeldzahlung zu ermöglichen, soll parallel eine Papiervariante nach Wiener Vorbild, dem „Pickerl“, für die Gebührenzahlung eingeführt werden. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, nach weiteren Verkaufsstellen für die Gladbacher „Plus-Tickets“ zu suchen, die hinter die Windschutzscheibe gelegt werden können. Bislang stehen, wie berichtet, als einzige Verkaufsstellen die drei Bürgerbüros in der Innenstadt, Refrath und Bensberg zur Verfügung.

Die Vorteile des Handyparkens für die Stadt liegen auf der Hand: Die Kosten für die Anschaffung neuer Automaten in Höhe von 265.000 Euro entfallen. Der Wartungsaufwand in Höhe von 10.000 Euro jährlich sowie die Ausgaben für die Entleerung der Bargeldfächer durch einen Dienstleister in Höhe von 90.000 Euro pro Jahr sind überflüssig. Viel Geld, das in andere Projekte gesteckt werden könnte. Im Schnitt nimmt die Stadt im Jahr 500.000 Euro durch Parkgebühren ein.

Nicht alle App-Anbieter sind kostenfrei

Vor allem die Älteren in der Bevölkerung werden vermutlich Erklärungsbedarf haben. Denn das Handy-Parken funktioniert über eine App. Fachbereichsleiter Dirk Cürten berichtet: „Sechs Anbieter stehen zur Verfügung. Nicht alle sind allerdings kostenfrei.“ Ein entscheidender Vorteil der Apps sei, dass anders als beim klassischen Automaten, der Nutzer nur für die tatsächliche Parkzeit bezahle und das Ticket aus der Ferne verlängern oder frühzeitig abbrechen könne.

Martin Derda vom Seniorenbeirat warnte in der letzten Sitzung im März davor, ältere Menschen auszugrenzen. Er berief sich auf Studien, die belegten, dass 30 Prozent der über 70-Jährigen nur eingeschränkt mit dem Smartphone umgehen könnten. Für Bergisch Gladbach würde dies 24 Prozent der Bevölkerung betreffen.

Wie Derda stellt die CDU den Punkt Bürgerfreundlichkeit in den Vordergrund. „Wir möchten den Bürgern ermöglichen, mit Bargeld zu zahlen“, betont Martin Lucke. Er geht sogar so weit, doch zu versuchen, einen neuen Dienstleister zu finden, der die Geldkassetten der bestehenden Automaten mit Münzfach leert. „Wir sehen keinen dringenden Handlungsbedarf“, meint Lucke. Es sei genug Zeit, um ein erneutes Ausschreibungsverfahren abzuwarten. Der CDU-Antrag, einen interfraktionellen Arbeitskreis einzuberufen, findet aber keine Mehrheit.

Vertrag mit derzeitigen Anbieter läuft aus

Bekanntlich läuft der Vertrag mit dem aktuellen Dienstleister Ende des Jahres aus, der nicht verlängern will. Laut Verwaltung zeichnet sich ab, dass es keinen Nachfolger geben wird. Die Leerung der Geldfächer in Eigenregie zu stemmen, sei nur möglich, wenn zusätzliches Personal eingestellt würde.

„Wir sagen immer, wir müssen die Verwaltung straffen und Kosten sparen. Dann müssen wir das aber auch mal tun“, sagt Ragnar Migenda, Erster Beigeordneter. Abgesehen von der Pflicht, mit dem Geld der Bürger sparsam umzugehen: „Die Investition in neue Automaten steht doch in keinem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis.“

Christine Leveling (SPD) weist auf das Recht in Deutschland hin, mit Bargeld zahlen zu können. „Ich habe die Sorge, dass die Bürger nicht mitgenommen werden.“

Skeptisch zeigt sich Ursula Mörs (FDP), dass sich viele Geschäftsinhaber finden werden, die die Papierparktickets verkaufen wollen. Sie habe mit Händlern in Refrath darüber gesprochen. Sie würden dies als viel zu aufwendig empfinden.

Die Stadtverwaltung sei sich bewusst, dass die Umstellung Probleme für die Nutzer mit sich bringe. Sie sagt zu, eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit zu starten.