Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Mehr MitregiererSo verändert die Kommunalwahl Rhein-Bergs politische Landkarte

5 min
Der Sitzungssaal im Kreishaus.

Eine neue Sitzverteilung ergibt sich nach der Wahl in Rhein-Bergs Stadt- und Gemeinderäten ebenso wie im Kreistag.

In Zukunft werden deutlich mehr unterschiedliche politische Kräfte in den Stadt- und Gemeinderäten sowie im Kreistag mitreden.

Von wegen Politikmüdigkeit – schon während des Wahlsonntags zeichnete sich ab, dass die Wahlbeteiligung bei dieser Kommunalwahl deutlich höher in Rhein-Berg sein würde als bei den vorherigen Wahlterminen. Und sie verändert auch deutlich die politische Landkarte des Rheinisch-Bergischen Kreises. Ein Überblick und besondere Aspekte der Wahlergebnisse:

Zersplitterung: Die Rats- und Kreistagsdiagramme in der Grafik zeigen es deutlich: Künftig werden deutlich mehr unterschiedliche politische Kräfte in Rhein-Bergs Stadt- und Gemeinderäten sowie im Kreistag mitreden wollen. Dabei sind einige von ihnen nur mit wenigen Sitzen in den Räten vertreten. Politische Gruppierungen mit einer, zwei oder drei Stimmen dürften die politische Meinungsbildung deutlich ausdehnen. Da ist es dringend angesagt, auch von den verbliebenen größeren Parteien den Fokus auf breitere Mehrheiten im demokratischen Spektrum zu legen. Auch die FDP ist in den meisten Kommunen auf einem Splitter-Niveau angekommen.

Die AfD verzeichnet auch im Kreis Zuwachs

Auch AfD ist Wahlsieger: Wer den bundesweiten Wahltrend der letzten Monate im Blick hatte, den wird es kaum verwundern, dass die AfD auch im Rheinisch-Bergischen Kreis viele Wählerstimmen dazugewonnen hat und sich damit wohl auch zu den Wahlsiegern zählen kann. Denn in allen Städten und Gemeinden des Kreises sind ihre Zahlen teils um zehn Prozentpunkte oder mehr gestiegen. Bei den Stadt- und Gemeinderatswahlen haben sie die meisten Prozente in Burscheid zugelegt. Waren sie 2020 noch gar nicht vertreten, erhielten sie bei der diesjährigen Kommunalwahl 10,5 Prozent. Dahinter reihen sich Kürten und Overath mit einem Zuwachs von je zehn und neun Prozentpunkten ein. Ihr Ziel, drittstärkste Kraft zu werden, haben sie, auch wenn es die Sitzverteilung vielleicht nicht direkt erahnen lässt, nur in Wermelskirchen erreicht. In allen anderen Städten und Gemeinden liegen sie weiterhin hinter CDU, SPD und Grünen. Im Kreistag wird sich für die AfD etwas ändern, denn bei der Kreistagswahl konnte sie ihre Sitze verdreifachen. Seit 2020 war sie mit drei Sitzen vertreten, zukünftig hat sie neun Sitze – und damit auch mehr Entscheidungsmacht als die letzten fünf Jahre. Dieser Aufwärtstrend der AfD zeichnet sich nach Angaben des Landes Nordrhein-Westfalen auch in ganz NRW ab. Im Vergleich zu 2020 hat die AfD landesweit einen Zuwachs von 9,4 Prozentpunkten verzeichnen können, während die anderen Parteien mit Ausnahme der Linken an Wählerstimmen verloren haben. Damit ist die AfD nicht nur in Rhein-Berg der Wahlsieger der diesjährigen Kommunalwahl.

Grafik der Sitzverteilung in Stadt- und Gemeinderat sowie im Kreistag.

So sieht die Sitzverteilung nach der Kommunalwahl aus.

Mehrfachmandate: Kann man die Interessen einer Kommune auch gegenüber dem Kreis vertreten – und gleichzeitig die des Kreises gegenüber den Kommunen; und noch dazu im Landtag sitzen? Man kann. Oder besser Frau kann. Tülay Durdu (SPD), die bei der vergangenen Landtagswahl ins Düsseldorfer Parlament gewählt worden ist, hat sich bei der Kommunalwahl sowohl als Kreistagsmitglied als auch als Rösrather Stadträtin beworben und ist gewählt worden. Als damals neue Landtagsabgeordnete habe sie sich ganz auf die neue Aufgabe, auf die Arbeit im Landtag und im Kreistag konzentrieren wollen, erläutert die SPD-Politikerin, warum sie damals ihr Ratsmandat zurückgab. Jetzt habe sich alles „so eingependelt“, dass sie – auch auf Wunsch der SPD vor Ort – wieder für den Stadtrat kandidiert habe. Auch Durdus Landtagskollege Martin Lucke von der CDU kandidierte erneut für den Bergisch Gladbacher Stadtrat – und holte das Direktmandat in Bensberg-Süd. Die Erfahrung der Kommunalpolitik lasse sich „unglaublich gut in die Arbeit in Düsseldorf einfließen“ lassen.

Liberale Politik ist auf einem Tiefpunkt

Minus im FDP-Stammland: Die Verluste der FDP setzten sich fort. Würde wie im Bundestag, aus dem die Liberalen nach der Wahl im Frühjahr ausziehen mussten, eine Fünf-Prozent-Klausel gelten, hätte sie aus dem Kreistag (4,6 Prozent) sowie aus mehreren Stadt- und Gemeinderäten ausziehen müssen. Vergangenen scheinen die Zeiten, da ein Bundesvorsitzender aus Wermelskirchen die Partei wieder hoch und ins Parlament an die Spree gebracht hatte. Bergisch Gladbachs FDP-Ehrenvorsitzende Ingrid Koshofer, die am Sonntag lange einsam die liberale Fahne bei der Wahlpräsentation im Kreishaus hochhielt, möchte unterdessen den Mut nicht sinken lassen, dass liberale Politik auf Dauer doch gebraucht werde.

Linker Zuwachs eher gering: Nachdem die Linke bei der Bundestagswahl einen unerwarteten Aufschwung erlebt hatte, bleibt ihr Wahlergebnis bei der Kommunalwahl in Rhein-Berg auf einem eher gemäßigten Niveau. In Bergisch Gladbach und in Overath sitzt sie zukünftig wieder im Stadtrat mit drei Sitzen (Bergisch Gladbach) beziehungsweise einem Sitz (Overath). Mit ihrem Ergebnis von 4,7 Prozent in Bergisch Gladbach liegt die Linke noch vor der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und auch vor der FDP. Damit ist sie in Bergisch Gladbach die fünftstärkste politische Kraft, in den anderen Städten und Gemeinden des Kreises liegt sie weiter hinten. In Wermelskirchen hat sie sich um 3,5 Prozentpunkte verbessert und damit im Kreis mit insgesamt 5,7 Prozent das beste Ergebnis erzielt. In den Kommunen Burscheid, Kürten und Odenthal traten die Linken dieses mal nicht zur Kommunalwahl an. Auch bei der Kreistagswahl hat die Linke nicht so viel Zuwachs verzeichnen können, wie das Ergebnis der Bundestagswahl von 8,8 Prozent hätte vermuten lassen. Am Sonntag wählten sie lediglich 4,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Das sind 1,7 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Kommunalwahl. Der Plan der Linken-Landratskandidatin Cornelia Swillus-Knöchel, bei der Kreistagswahl mehr Aufmerksamkeit auf die Themen der Linkspartei zu lenken, ist mit diesem Ergebnis wohl nur mittelmäßig gut aufgegangen. Die Kandidatin selbst erreichte bei der Landratswahl 5,5 Prozent. In der Kandidatenliste landete sie damit auf dem vorletzten Platz.