Wog nur noch acht KiloStaatsanwaltschaft will Strafen im Fall des fast verhungerten Mädchens aus Bergheim nicht mildern

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Das Bild zeigt das Gebäude des Landgerichts in Köln.

Das Landgerichtsgebäude in Köln. (Symbolbild)

Im Fall der fast verhungerten Alina fordern die Anwälte für die Mutter und ihren Ex-Lebensgefährten mildere Haftstrafen.

Sie hatte ihrer Tochter über Jahre hinweg zu wenig Nahrung gegeben, sie in einem abgedunkelten Zimmer gehalten, in dem sich ein Bett befand, das mit Fäkalien besudelt war. Als die damals fünf Jahre alte Alina (Name geändert) im August 2020 vom Jugendamt in Obhut genommen wurde, wog sie bei einer Körpergröße von knapp einem Meter gerade noch acht Kilogramm.

Im Mai 2021 war die Mutter (27) wegen versuchten Mordes durch Unterlassen in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Ihr damaliger Lebensgefährte – der nicht der Vater Alinas ist – war zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil in Teilen auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück ans Kölner Landgericht.

Karlsruher Richter sahen auch eine „grausame Tatbegehung“

Der BGH war dem Urteil des Landgerichts insofern gefolgt, als auch die Karlsruher Richter eine „grausame Tatbegehung“ als erwiesen ansahen. Die angenommene Mordabsicht zur Verdeckung einer Straftat – in diesem Fall konkret, dass die miserable Behandlung Alinas vom Jugendamt oder ihren Erziehern in der Kita nicht entdeckt wurde – konnte der BGH hingegen nicht nachvollziehen. 

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Im neuerlichen Verfahren wurden am Montag, 6. November, die Plädoyers gehalten. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, dann bleiben die beiden Strafen so bestehen. Zwar habe die aktuelle Verhandlung keinen versuchten Verdeckungsmord nachweisen können. „Hierzu haben wir keine Feststellungen treffen können“, sagte der Staatsanwalt. Dennoch forderte er erneut neun Jahre Haft für die 27-Jährige sowie sieben Jahre Haft für den 26-Jährigen.

Versuchter Verdeckungsmord konnte nicht nachgewiesen werden

Zur Begründung bezog er sich zum einen auf die gravierenden Folgen der Mangelernährung für Alina, die seit geraumer Zeit in einer heilpädagogischen Anstalt untergebracht ist. Zum anderen führte er den Aufhebungsbeschluss des BGH zum ursprünglichen Urteil an: „Der BGH hat in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass er die Strafen insgesamt für angemessen hält.“ 

Da waren die Verteidiger naturgemäß anderer Ansicht. Markus Gebhard, der die 27-Jährige vertritt, sagte: „Man kann bei der Strafzumessung nicht völlig außer Acht lassen, dass ein versuchter Verdeckungsmord nicht nachgewiesen werden konnte.“ Zudem habe die Mandantin in der Haft eingesehen, „dass das, was sie getan hat, fast zum Tod ihrer Tochter geführt hat“.

Auf das Sorgerecht alle ihrer Kinder verzichtet

Sie habe auf das Sorgerecht für alle ihre Kinder verzichtet, habe das Fachabitur abgelegt und arbeite als Assistentin im Friseursalon der JVA. In einer JVA-Kirchengruppe setzte sie sich zudem intensiv mit ihrer Verantwortung auseinander. „Das ist der Inbegriff dessen, was wir unter Resozialisierung verstehen“, sagte Gebhard und forderte eine siebenjährige Haftstrafe.

Die Verteidigerin des 26-Jährigen plädierte hingegen auf höchstens drei Jahre Haft für ihren Mandanten. Er habe keine Verantwortung für das, was Alina durch die 27-Jährige angetan worden sei. Alina sei bereits mangelernährt gewesen, als er noch gar nicht mit der Angeklagten zusammengelebt habe. Ein Urteil soll am Mittwoch gesprochen werden.

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