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InterviewSascha Milana (FDP): „Hürth schöpft sein Potenzial nicht aus“

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Das Foto zeigt den Bürgermeisterkandidaten vor dem Bürgerhaus in Hürth.

Der Kaufmann und Finanzwirt Sascha Milana (FDP) will Bürgermeister in Hürth werden.

Sascha Milana tritt für die FDP bei der Bürgermeisterwahl in Hürth an. Im Interview spricht er über seine Wahlchancen und Ziele.

Sie leben seit drei Jahren in Hürth. Was hat Sie dazu bewegt, gleich für das höchste kommunale Amt zu kandidieren?

Als ich nach Hürth gezogen bin, habe ich das Potenzial der Stadt gesehen. Mich hat es betrübt, dass dieses Potenzial nicht ausgeschöpft wurde, obwohl es möglich gewesen wäre. In Zusammenarbeit mit meinen Kollegen haben wir dann beschlossen, dass ich der Bürgermeisterkandidat werde.

Sie sind erst 2021 zunächst in die Kölner FDP eingetreten. Warum gerade die FDP?

Das war ein längerer Prozess. Ich habe mich mit allen Parteien auseinandergesetzt und geschaut, welche am besten meine Überzeugungen widerspiegeln. In der FDP habe ich mich wiedergefunden – insbesondere, weil sie eine Mitmachpartei ist, bei der alle Mitglieder die Möglichkeit haben, mitzubestimmen. Auch der Weg der Partei und die Freiheit, die sie repräsentiert, haben mich überzeugt.

Die FDP hat in Hürth bei den vergangenen beiden Kommunalwahlen auf eigene Bürgermeisterkandidaten verzichtet. Warum ist das dieses Mal anders?

Wir waren mit der Situation, die wir vorgefunden haben, nicht zufrieden und haben entschieden, dass wir selbst aktiv etwas ändern wollen.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf den Wahlsieg ein?

Ich glaube, wir treffen einen Nerv. Die Leute spüren: Da kommt jemand, der nicht nur reden, sondern auch machen will und dabei nicht mit dem Aktenkoffer, sondern mit offenen Ohren unterwegs ist. Die Chancen? Ich würde sagen: realistisch bis aussichtsreich, mit Tendenz zur Überraschung.

Bislang sind Sie in Hürth politisch noch nicht in Erscheinung getreten. Was wollen Sie tun, um Ihre Bekanntheit bis zur Kommunalwahl zu steigern?

Wir sind auf Instagram, Facebook und YouTube aktiv, betreiben digitale Öffentlichkeitsarbeit, organisieren Wahlkampfstände, verteilen Flyer und führen viele Gespräche mit Bürgern. Überall, wo sich Gelegenheiten bieten, bin ich präsent.

Ein Bürgermeister muss eine große Verwaltung führen können. Welche Führungserfahrung bringen Sie mit?

Vor meinem Job bei Vodafone war ich Teamleiter im Workforce Management. Da habe ich Prognosen betreut und Mitarbeitende geführt. Auch jetzt als Partnermanager bin ich in einer Führungsfunktion. Nebenbei bin ich Geschäftsführer der GMY GmbH, welche sich auf Strategie- und Digitalisierungsberatung spezialisiert hat. Hiermit denke ich, mehr als ausreichend Führungserfahrung für den Job als Bürgermeister mitzubringen.

Was unterscheidet Sie von Ihren beiden Mitbewerbern?

Ich bin kein gelernter Verwaltungsfachmann oder Geschichtslehrer – ich habe das Arbeiten selbst gelernt. Ich weiß, was die Leute brauchen, was der Mittelstand braucht, was die Unternehmen brauchen. Und durch meine Arbeit als Prognoseanalyst weiß ich, was die Stadt für die Zukunft braucht. Das ist der Unterschied.

Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken und Schwächen Ihrer Wahlheimatstadt Hürth?

Die Wasserstoffbusse sind ein positives Beispiel. Das ist eine wegweisende Technologie. Leider wird das Potenzial nicht ausgeschöpft – der Wasserstoff stammt aktuell noch aus grauer Produktion. Der graue Wasserstoff ist nur ein Zwischenschritt. Grüner Wasserstoff sollte das Ziel sein. Da fehlt mir der Elan.

Ich möchte, dass die Menschen das Gefühl haben: Hürth kümmert sich um die Zukunftsthemen.
Sascha Milana (FDP), Bürgermeisterkandidat

Gibt es weitere Beispiele dafür, dass Potenziale nicht ausgeschöpft werden?

Ja, etwa bei der kommunalen Wärmeplanung. Die muss bis 2028 stehen. Derzeit beziehen wir Fernwärme aus einem Braunkohlekraftwerk, aber es gibt Hinweise auf Geothermie-Potenziale in der Region. Da wünsche ich mir, dass wir wenigstens Probebohrungen durchführen.

Die Idee, Erdwärme zu nutzen, wurde bereits im Zusammenhang mit dem Familienbad geprüft, aber wegen der hohen Kosten verworfen.

Ja, Investitionen kosten anfangs Geld. Aber wenn sie erfolgreich sind, zahlen sie sich langfristig aus. Die FDP hat auch beantragt, Landes- oder Bundesförderung dafür zu klären.

Die FDP ist derzeit nur mit einem Sitz im Stadtrat vertreten. Was macht Sie optimistisch, dass Sie künftig Mehrheiten organisieren können?

Im Gespräch mit Bürgern spüre ich eine gewisse Unzufriedenheit. Wenn man unser Parteiprogramm liest, erkennt man: Wir haben echte Veränderungsideen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Wähler erkennen werden, dass wir definitiv mehr als nur einen Platz im Rat verdient haben.

Sie haben angekündigt, Hürth moderner, transparenter, lebenswerter und bürgerfreundlicher machen zu wollen. Wie wollen Sie das erreichen?

Ich möchte zum Beispiel Ratssitzungen per Livestream übertragen lassen – wie in Brühl. Nicht jeder hat Zeit, persönlich anwesend zu sein. So kann man sie auch nachträglich im Netz verfolgen. Auch bei der Digitalisierung wurde hier zu wenig getan. Ein Beispiel aus meinem eigenen Alltag: Die Bauakte für unser Haus war für den Bauträger nicht greifbar, weil sie irgendwo unterwegs war. Mit digitaler Aktenführung wäre das nicht passiert.

Was wäre Ihr erstes Projekt als Bürgermeister?

Ich sehe viele Projekte. Eines ist das AI Village – ein Projekt zur Ansiedlung von Techfirmen. Das hat bei Microsoft nicht geklappt, das Unternehmen hat sich für Bergheim entschieden, nicht für Hürth. Das zeigt, dass wir bei Infrastruktur, Flächen und Breitbandausbau besser werden müssen. Auch beim Nahverkehr will ich Verbesserungen, etwa durch dichtere Takte. Dadurch sind weniger Menschen aufs Auto angewiesen. Und langfristig möchte ich den zentralen Stadtbusknotenpunkt vom Einkaufszentrum zum Bahnhof Kalscheuren verlegen.

Sie haben das Thema Verkehr angesprochen. Was sagen Sie konkret zum geplanten Verkehrskonzept für Efferen?

Das Konzept überzeugt mich nicht, weil es sich fast nur auf die Entlastung der Bachstraße konzentriert. Auch andere Bereiche – wie die Diagonalschleuse auf der anderen Seite der Luxemburger Straße – wurden nicht beachtet.

Ein großes Thema in Hürth ist der Mangel an Wohnraum – insbesondere an bezahlbarem Wohnraum. Was ist Ihr Konzept?

Wir wollen die Bauleitplanung flexibler gestalten. Hürth ist schon eine stark verdichtete Stadt, die Flächen für Neubauten sind begrenzt. Deshalb setze ich auf Nachverdichtung und Aufstockung. So könnte Wohnraum gewonnen werden, indem man auf bestehende Gebäude eine Etage draufsetzt. Außerdem stehen Häuser leer – da muss die Stadt Eigentümer ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Gleiches gilt für unbebaute Grundstücke.

Falls Sie gewählt werden: Was wollen Sie bis zum Ende der Wahlperiode in fünf Jahren erreicht haben?

Ich möchte, dass die Menschen das Gefühl haben: Hürth kümmert sich um die Zukunftsthemen. Wir denken zukunftsorientiert, handeln nachhaltig – etwa beim Thema Wasserstoffbusse. Wir gehen die Herausforderungen wirklich an.


Zur Person

Sascha Milana ist 36 Jahre alt und verheiratet. Der Einzelhandelskaufmann und Finanzwirt ist Partnermanager beim Telekommunikationsanbieter Vodafone und Geschäftsführer seiner eigenen Beratungsfirma. 2021 trat er in Köln der FDP bei, vor drei Jahren zog er nach Hürth und wechselte 2023 in den dortigen FDP-Stadtverband. Seit 2024 ist er Beisitzer im Hürther Parteivorstand.