Die Exponate gehen an das LVR Museum in Bonn sowie an die Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel aus Schleiden.
Historischer FundArchäologen finden Weltkriegsbomber und Knochen am Tagebau bei Kerpen

Tünde Kaszab-Olschewski, Archäologin, hält Teile eines britischen Bombers in den Händen.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Metall, Knochen und Plexiglas: Eine Gruppe von Archäologen ist an der Kante des Tagebaus Hambach bei Kerpen-Manheim auf einen bedeutenden Fund gestoßen. Die Grabung galt den Trümmern eines britischen Militärflugzeugs, das vor 82 Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der ländlichen Gegend zerschellt war. Wie die Eigentümerin des Grundstücks, die RWE Power, auf Anfrage mitteilte, seien die Grabungen Teil der üblichen Vorarbeiten zur Erweiterung des Tagebaus gewesen. „Die Trümmer fanden die Archäologen auf dem Gelände, auf dem künftig die Manheimer Bucht entstehen soll“, erklärt ein RWE-Sprecher. Bei dem Flieger handelte es sich um eine Short Stirling, einen der größten britischen Bomber im Zweiten Weltkrieg.
Kerpen: Absturz der Maschine war bereits bekannt
Drei Soldaten sprangen damals mit dem Fallschirm ab und überlebten, vier weitere gelten als vermisst. Alle Namen sind bekannt. Fotos der Besatzung zeigen junge Männer Mitte 20. An der Absturzstelle fanden die Grabungstechniker des Amts für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) Metallteile und sterbliche Überreste von Menschen, vermutlich der Besatzungsmitglieder.
Dass in der Nacht auf den 31. Juli 1943 in der Gegend ein britischer Bomber abgestürzt war, war bekannt. Augenzeugen hatten den Absturz beobachtet. Einer der überlebenden Briten hatte darüber sowie über seine Kriegsgefangenschaft einen Aufsatz geschrieben. Der britische Bomber vom Typ Short Stirling MK III war am 31. Juli 1943 nach einem Angriff auf Remscheid auf dem Rückweg zu seiner Basis von der Flugabwehr getroffen worden und in der Nähe von Manheim abgestürzt.
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Tünde Kaszab-Olschewski, Archäologin, hält Teile eines britischen Bombers in den Händen.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Doch wie kam es zu dem Fund? Der Tipp kam von der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel aus Schleiden. Die Gruppe will dazu beitragen, ungeklärte Fliegerschicksale aus der Zeit von 1939 bis 1945 zu erhellen, und hatte auf Wunsch der Archäologen nach der Absturzstelle gesucht. Bald seien die ersten Metallteile aufgetaucht und ein Kolben des Flugzeugmotors gefunden worden. Dann hätten sie auch Knochen entdeckt, berichtet Jörg Dietsche. Als klar war, dass es sich um ein Flugzeug der Royal Air Force handelt, habe er den Kontakt zur britischen Botschaft in Berlin und damit zu den englischen Behörden vermittelt.
Archäologin Tünde Kaszab-Olschewski hat meist mit Funden zu tun, die aus der Römerzeit stammen und weit über tausend Jahre alt sind: antike Töpfe, Gräber und Münzen. Doch die Grabung an der Kante des Braunkohle-Tagebaus sei ihr nahegegangen. „Ich konnte nicht anders“, erzählte die Wissenschaftlerin: Sie stellte eine Kerze mitten in der grauen Landschaft voller Erde, Kohle und Steine am Tagebau Hambach auf.

In der Nähe der Absturzstelle eines britischen Bombers stehen die Archäologen Mathis Laux (l) und Daniel Gansera.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Den Fund meldete sie auch der Polizei. Immerhin wurden sterbliche Überreste von Menschen gefunden. „Nachdem man datieren konnte, dass die Knochen aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, musste keine Mordkommission einberufen werden“, erzählt sie.
Inzwischen ist der Einsatz der Archäologen am Tagebau Hambach beendet. Die Grabungstechniker Daniel Gansera und Mathis Laux suchen nun an anderen Orten nach Spuren aus der Vergangenheit. Eine Woche hatten sie an der Absturzstelle Zeit.
Einige der Trümmer gehen an das LVR-Landesmuseum nach Bonn, wo sie bearbeitet und ausgestellt werden. Andere Exponate sollen der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte als Dauerleihgabe übergeben werden. Der Zusammenschluss von historisch interessierten Privatleuten plant in der Eifel auf Vogelsang IP eine Dauerausstellung und später ein Dokumentationszentrum über den Luftkrieg.
In einem Magazin in Titz, in der Außenstelle des Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland, sind die sterblichen Überreste deponiert. Eine DNS-Analyse der Knochen müsse noch erfolgen, sagt die Archäologin Kaszab-Olschewski. Offiziell gelten vier vermutlich beim Absturz umgekommene Besatzungsmitglieder als verschollen. Doch der Fund einer Schuhsohle, von Resten einer Uniformjacke mit Zigarettenetui und von Fallschirmzubehör macht die Archäologen sicher, dass sie jetzt deren sterbliche Überreste gefunden haben. Der Fund hat die Archäologin berührt: „Wir möchten, dass sie bestattet werden.“
Auch die anderen gefundenen Exponate sind hier zwischengelagert: 17 große Plastikkisten mit kleinen Trümmern aus Metall warten hier auf eine weitere Bearbeitung. (mit dpa)