Der Kandidat der CDU hat einige Ideen, damit das Rathaus wieder bürgerfreundlich wird und die Mitarbeiter mehr Spaß an der Arbeit haben.
InterviewBürgermeisterkandidat Harald Stingl (CDU) will Menschen aus Kerpen vernetzen

Der Kerpener CDU-Bürgermeisterkandidat Harald Stingl.
Copyright: Hanna Porschen
Harald Stingl, 57 Jahre alt, ist Pressesprecher der Stadt Kerpen. Jetzt will er für die CDU auf den Chefsessel der Verwaltung wechseln und Bürgermeister werden. Was ihn bewegt und was er als Bürgermeister vorhat, verrät er Elena Pintus im Interview.
Herr Stingl, wie kam es, dass Sie Bürgermeister werden wollten?
Harald Stingl: Das war eine ganze Reihe von Ereignissen, die sich wie Puzzlestücke zusammengefügt haben. Es war für mich vorher nie Thema, bis Dieter Spürck gesagt hat, dass er doch nicht mehr kandidieren kann. Da kam die Überlegung auf. Ich dachte mir: Du machst das seit 40 Jahren, du kennst die Verwaltung gut, du bist Kerpener, das ist deine Heimat.
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Ich weiß, dass wir in Kerpen vor vielen Herausforderungen stehen, aber wir haben auch viel Potenzial, Kerpen noch weiterzuentwickeln. Daher habe ich meinen Hut in den Ring geworfen.
Was sind Ihre drei zentralen Themen?
Das, was immer spürbar war, ist, dass wir mit den Menschen in den Dialog kommen müssen. Das war deutlich spürbar bei der Erhöhung der Grundsteuer. Aufgrund dieser ersten Welle der Gegenwehr habe ich gemerkt, dass den Menschen das Haushaltsrecht nicht bekannt ist. Häufig kam ja die Frage auf, warum wir so viel Geld ausgeben. Das wurde dann erklärt und bei der zweiten Informationsveranstaltung waren schon deutlich weniger Menschen vor Ort als bei der ersten. Da werden trotzdem viele gegangen sein, die nicht glücklich über das waren, was wir gesagt haben, aber sie haben es aufgenommen und verstanden.
Das hat mir gezeigt: Ich bin in der Verwaltung, ich verstehe die Abläufe und habe das Fachwissen, die Menschen da draußen oftmals nicht. Ich muss ihnen das also nahebringen. Mehr denn je, denn unsere personellen und finanziellen Ressourcen sind begrenzt.
Zweites Thema ist die Aufstellung der Verwaltung. Das bedeutet, dass wir in die Köpfe der Kolleginnen und Kollegen noch mehr reinkriegen müssen: Wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da. Natürlich müssen wir uns an Recht und Gesetz halten, aber bei den Überlegungen, was wir machen, sollten wir immer im Hinterkopf haben: Bringt das den Bürgerinnen und Bürgern etwas?
Das gilt auch für die Politik. Bei allen unterschiedliche Blickrichtungen müssen wir auch bei politischen Entscheidungen immer daran denken, dass wir die Kolpingstadt Kerpen voranbringen wollen.
Drittes Thema ist für mich die Vernetzung, etwa von Vereinen, Politik, Bürgern und Verwaltung. Viele Menschen in Kerpen engagieren sich für etwas. Das sieht man allein daran, dass sich sechs Menschen als Bürgermeisterkandidaten aufstellen lassen. Oftmals arbeiten verschiedene Parteien aber parallel an der gleichen Sache. Ich möchte hier verbinden und Engagierte zusammenbringen.
Was braucht Kerpen darüber hinaus?
Wir brauchen dringend die Investitionen in den Bildungsbereich. Zum Beispiel die dritte Grundschule in Sindorf, die Albert-Schweitzer-Schule in Brüggen, wenn wir das schaffen, dann haben wir schon viel erreicht. Aber nach und nach, nicht alles gleichzeitig. Denn wir wollen es ja auch richtig machen. Wir wissen, dass die Schulen teilweise renovierungsbedürftig sind, aber wir sollten erstmal die genannten Schulen abarbeiten und uns dann um den Rest kümmern.
Wie schätzen Sie Ihre Konkurrenz ein?
Ich habe mich mit den Kolleginnen und Kollegen nicht so intensiv beschäftigt, weil ich mich für meine eigenen Ziele einsetze. Ich mache ein Angebot, ich bringe etwas mit und die anderen Mitbewerbenden bringen ihre Ideen mit. Ob ich in einer Poleposition bin, müssen die Wähler entscheiden. Was man aber aus meiner Sicht sagen kann, dass außer Alessa Flohe die anderen nicht die kommunale Verwaltungserfahrung mitbringen.
Wir haben aber alle einen sehr, sehr guten Umgang miteinander gefunden. Das habe ich gemerkt, als wir bei der Podiumsdiskussion auf Schloss Loersfeld waren.
Was wäre das Erste, was Sie als Bürgermeister machen würden?
Ich würde die drei vorher angesprochenen Themen in die Köpfe der Mitarbeiter bringen. Ich weiß, dass wir uns im Rathaus in der Vergangenheit etwas abgeschottet haben, auch spürbar für die Bürger. Das hatte aber auch gute Gründe. Allein, was ich an Bedrohungslagen erlebt habe für Kolleginnen und Kollegen in den letzten zwei Jahren, habe ich sonst in den ganzen vierzig Jahren nie erlebt. Nichtsdestoweniger sollten wir auf der Verwaltung wieder dahin kommen, dass wir uns wieder die Frage stellen, ist das, was wir machen, die richtige Leistung für die Bürgerinnen und Bürger?
Das Zweite wäre, die Bürgerfreundlichkeit wieder zu stärken und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erinnern, dass alle Menschen ordentlich behandelt werden wollen.
Als Drittes ist ganz wichtig auch die Frage: Wie gehe ich mit Fehlern um? Wenn ich versuche, Fehler zu vertuschen, dann lenke ich meine Energie und Arbeitszeit in etwas, das nicht produktiv ist. Wir müssen Fehler benennen und beheben und dafür sorgen, dass sie nicht wieder passieren. Man darf auch nicht alles schönreden, wenn es grobe Fehler sind, dann muss man auch über Konsequenzen nachdenken.
Grundsätzlich ist es aber normal, Fehler zu machen, das macht jeder von uns. Ich bin ein großer Freund davon, auszuprobieren. Das muss dann aber auch so kommuniziert werden, und wenn es nicht funktioniert, müssen wir nachsteuern oder die Idee verwerfen. Es ist besser, Neues auszuprobieren, als in der Starre zu verharren.
Dabei möchte ich auch Klarheit und Sicherheit schaffen. Für mich bedeutet Führung, den Kurs vorzugeben, aber in dieser Richtung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Freiheit zu lassen, sich auszuprobieren.
Viele Ihrer Konkurrenten sagen, ein Problem der Verwaltung sei der hohe Krankenstand. Wie sehen Sie das?
Wir hatten in der Vergangenheit tatsächlich hohe Krankenstände, zum Beispiel in den Kindertageseinrichtungen, die aber auch in Teilen erklärbar sind, weil Erzieherinnen und Erzieher eben viel Kontakt mit kleinen Kindern haben und dadurch öfter krank werden. Das hat sich aber auch wieder gebessert. Wir haben die Schließzeiten schon deutlich reduziert, müssen jedoch noch besser werden.
Ich denke, dass auch in diesem Punkt das Thema Sicherheit sehr wichtig ist. Menschen, die anfangen, bei einer Behörde zu arbeiten, für die ist Sicherheit oft eine Motivation. Ich möchte mit klaren Zielen arbeiten, damit die Menschen wissen, in welchem Rahmen sie sich bewegen können und wohin die Reise geht.
Falls Sie Bürgermeister werden, worauf würden Sie sich am meisten freuen? Worauf haben Sie richtig Lust?
Das ist das, was ich jetzt schon spüre. Den Kontakt mit den Menschen. Die Feinheiten, die ich jetzt mitbekomme, die die Menschen bewegen und die Veränderungen, die sie sich wünschen. Das sind oftmals Feinheiten, wie etwa, dass Familien wollen, dass ihre Kinder zusammen auf eine Schule gehen können.
Und richtig spannend ist auch zu sehen, was alles schon da ist in Kerpen. Vereine, Kirchengemeinden, Netzwerke. Die zusammenzubringen, damit sie Probleme, die sie ohnehin angehen wollten, womöglich schon parallel zusammen lösen können.