Die SPD erhielt fast überall die Quittung für ihre umstrittene Regierungspolitik in Berlin. Davon hat sie sich bis heute nicht erholt und sich scheinbar aufgegeben.

SPD-Rolle in Rhein-ErftWas Rüttgers bereits 1999 wusste – aber es kam schlimmer

Jürgen Rüttgers, hier bei einer Rede in seiner Funktion als Vorsitzender des Freundeskreises der Abteil Brauweiler, hatte 1999 eine Aussage zur Entwicklung der politischen Landschaft in NRW getroffen, die eintreten sollte.
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Besaß er politischen Weitblick oder kam es einer Prophezeiung gleich? Vermutlich beides. Jürgen Rüttgers rief nach dem Wahlerfolg der CDU bei den Kommunalwahlen 1999 den „Anfang vom Ende der SPD-Herrschaft in Nordrhein-Westfalen“ aus. Der spätere Ministerpräsident aus Pulheim war damals CDU-Vorsitzender in NRW – und er sollte recht behalten.
Es war jenes Jahr, als landauf, landab SPD-Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister abgewählt wurden. Und ja, davon hat sich die SPD-NRW nie mehr erholt – das Intermezzo mit Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin ausgeklammert.
Effertz und Boecker hielten in Elsdorf und Hürth noch bis 2015 die Fahne hoch
Auch im Rhein-Erft-Kreis nicht, wenngleich die politischen Verhältnisse nicht annähernd, mit denen im Ruhrgebiet zu vergleichen gewesen sind, in denen es neben der SPD keine wahrnehmbare Alternative gab und sie sich nicht fragen musste, mit wem sie eine Mehrheit im Stadtrat bilden sollte. Sie war die Mehrheit.
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Noch bei der Kreistagswahl 1994 lagen die Sozialdemokraten mit 47,1 Prozent satte zehn Prozentpunkte vor der CDU. Dann kam die Wahl 1999 und der Niedergang der SPD setzte auch an Rhein und Erft ein. Hier und dort noch etwas zeitverzögert. So hielt sich in Bergheim Jürgen Peters bis 2004 im Amt, und Wilfried Effertz und Walther Boecker hielten als Bürgermeister in Elsdorf und Hürth sogar noch bis 2015 die Fahne hoch.

Dieter Freytag tritt im September in Brühl nicht mehr an.
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Und auch vor fünf Jahren triumphierten in drei von zehn Rathäusern noch SPD-Kandidaten: Sascha Solbach in Bedburg, Erwin Esser in Wesseling und Dieter Freytag in Brühl. Gut möglich, dass es nach der Wahl am 14. September nur noch zwei sein werden. Solbach gilt in Bedburg als ungefährdet, distanzierte vor fünf Jahren seinen damaligen und heutigen Herausforderer Michael Stupp mit einem Stimmenanteil von mehr als 72 Prozent.
In Wesseling ist die nächste Bürgermeisterwahl erst wieder 2030 – war Esser doch 2022 aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden und hatte sich Ralph Manzke (SPD) in einer vorgezogenen Neuwahl durchgesetzt. Im benachbarten Brühl tritt Freytag nicht mehr an, sodass die SPD nicht mehr auf den Amtsinhaber-Bonus setzen darf. Dort scheinen sich Bernhard Schumacher (SPD) und Marc Prokop (CDU) ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu liefern, mit leichten Vorteilen für den bestens vernetzten Christdemokraten.
Das klingt vertraut, schließlich hatte Könen dies auch 2020 schon versprochen
In zwei der neun Städte verzichtet die SPD auf einen eigenen Kandidaten: in Erftstadt und wie auch schon 2020 in Elsdorf. Da hat eine Volkspartei offenbar den Glauben an sich selbst verloren und sich damit abgefunden, nur noch Juniorpartner zu sein. So wie in Elsdorf, wo Parteichef Harald Könen zwar nach der Bekanntgabe des Verzichts angekündigt hat, dass die SPD bei der nächsten Wahl natürlich einen eigenen Kandidaten stellen werde.
Das klingt vertraut, schließlich hatte Könen dies auch 2020 für 2025 versprochen. Die Suche nach einem Bewerber scheint anstrengender zu sein und mehr Kreativität zu erfordern, als den Steigbügelhalter für Amtsinhaber Andreas Heller (CDU) zu geben.
In Erftstadt ist das Dilemma noch größer. Dort verpasste die damalige Beigeordnete Monika Hallstein mit 47,4 Prozent in der Stichwahl den Sprung auf den Bürgermeisterinnen-Posten denkbar knapp. Sie erhielt ganze 900 Stimmen weniger als Carolin Weitzel von der CDU. Seitdem ist die SPD in Erftstadt nur noch mit sich selbst beschäftigt. Urgestein Bernd Bohlen trat aus und gründete den Aufbruch '22. Erst kürzlich wurde der Vorstand, der erst 2023 runderneuert wurde, in den zentralen Positionen erneut neu besetzt. Und weit und breit kein Bürgermeisterkandidat.
SPD-Herrschaft im Rhein-Erft-Kreis – das war einmal.