Elvis-Museum in KircheibJonny Winters lebt für den King of Rock'n'Roll

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Fürs Entertainment geboren: Jonny Winters lebt für Elvis Presley. 

Kircheib – Gerade hat er noch seinen Teller mit dem selbst gebackenen Zitronenkuchen ordentlich beiseite gestellt, um in Sekundenschnelle umzuschalten, zum Mikrofonständer zu greifen, sich breitbeinig in Pose zu bringen und mit tiefem Bass loszuschmettern: „In The Ghetto“, eines der nachdenklichen Lieder des King of Rock’n’Roll, Elvis Presley, den Jonny Winters so heftig verehrt.

Keine Frage, der Mann im knallroten Anzug mit den langen Fransen ist fürs Entertainment geboren. Winters ist denn auch die Hauptattraktion in seinem eigenen Elvis-Museum, das er mit seiner Frau Irma eingerichtet hat. Sein Memphis heißt Kircheib, ein Nest kurz hinter Hennef-Uckerath am Rande des Westerwaldes, sein Graceland ist sein Elternhaus.

Warum gerade Elvis? Mit fünf Jahren habe er angefangen, Gitarre spielen zu lernen, und der Elvis, der sei ein Vorbild von ihm gewesen, „auch wegen all dem Glitzer, weißt du“, sagt Jonny Winters. Als er hörte, der King sei gestorben, musste ein kleiner Fernseher her, schwarz-weiß damals noch, damit er mal eine Show von ihm sehen konnte. Antennen waren Mangelware, also wurde ein gebogener Kleiderbügel benutzt, um überhaupt einen Sender zu finden. „Das hatte ich aus dem Osten“, berichtet Jonny Winters schmunzelnd.

Auftritt im Kölner Tanzbrunnen: Entscheidung nur mit  Elvis-Titeln weiterzumachen

Vor der Zeit mit Elvis habe er mit Tanzmusik angefangen, sein Bruder spielte Akkordeon, einer aus dem Nachbarort Schlagzeug. Später war es eine Beatkapelle namens Tigers, die viele Beatles-Titel nachspielte. „Damals war ich der Schreier in der Band“, erzählt Jonny Winters. Das war Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre. Seinen ersten Elvis-Anzug hatte er 1979.

Unvergessen ist sein erster Auftritt im Kölner Tanzbrunnen bei einer der ebenso berüchtigten wie heiß geliebten „Talentproben“. Da spielte man auch als Sangeslaie gleich mit einer Profi-Liveband auf der Bühne – ein anderes Kaliber als Castingshows heute. „One Night“ von Presley und „Peggy Sue“ von Buddy Holly haben sie gespielt – das üblicherweise gnadenlose Publikum sei mächtig mitgegangen, erinnert sich Jonny Winters. „Das war, als wenn du einem Löwen zum Fraß vorgesetzt wirst.“ 6000 Leute waren da. Das sei der ausschlaggebende Punkt gewesen, um nur noch mit Elvis-Titeln weiterzumachen, erzählt seine Frau.

Er trat fortan allein auf. „Mein Vater hat immer gesagt, Jung, geh’ allein, dann haste keinen Ärger mit den anderen.“ Eine Agentur aus Saarbrücken wurde auf den Gitarre spielenden Solosänger aufmerksam und vermittelte einen Auftritt in Hannover. „Ich war so aufgeregt, da hab ich sogar meine weißen Stiefel vergessen“, erinnert sich Jonny Winters und lacht. Er lacht übrigens oft.

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Einen schneeweißen Lincoln hatte der King auch, die Karosse von Jonny Winters und Ehefrau Irma ist allerdings Baujahr 1995.

Bürgerlich kann Winters auch. Als Starkstromelektriker hat er angefangen, dann als Berufskraftfahrer gearbeitet. In Bonn ist er Bus gefahren, von Lessenich nach Mehlem und Medinghoven, drei Touren am Tag – und hat natürlich am Steuer gesungen.

Viel Trinkgeld habe er bekommen. Gute fünf Jahre ging das so. Und Elvis? „Der war immer da“, sagt Winters. Und zwar so sehr, dass er bei einer Lkw-Tour in den Hafen von Bremen glatt nach Bremerhaven gefahren war, dorthin, wo Presley 1958 angekommen war, um in Deutschland seinen Militärdienst abzuleisten. Winters traute sich zu, „mal größere Konzerte auszuprobieren“, trat wieder im „Tanzbrunnen“ auf und traf dort auf andere Leute aus der Kölner Musikszene.

Bei der ersten CD „Jonny Winters sings for the King“, aufgenommen in Bad Godesberg, spielte ein Posaunist der Polizeikapelle Köln aus Siegburg mit. Zehn Mark für den Sprit hatte er genommen, sonst nichts. Man kannte sich, man half sich.

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Als Fan der Elvis-Titel der 70er Jahre wie „Aloha from Hawaii“ mit großen Orchestern muss Winters viel Aufwand bei seinen Auftritten betreiben. Er war bei „Elvis der Woche“ im Hamburg dabei. „Der Jonny vom Dorf in der großen Stadt“, sagt Winters und lacht ansteckend. Wie viele Auftritte er schon absolviert hat? „Ach du lieber Gott“, sagt er und schlägt die Hände zusammen, „Tausende.“ Allein auf Gran Canaria stand er sechs Monate lang zweimal pro Woche auf der Bühne.

Vor acht Jahren dachte sich Ehefrau Irma, das dunkle und triste Erdgeschoss des Hauses müsste mal aufgeräumt werden. Oder man könnte die Elvis-Fan-Artikel, die sich in Truhen und Kartons stapelten, dort ausstellen. Mitgebracht hatte sie Jonny Winters von seinen zahlreichen Aufenthalten in den USA, in Memphis, auf dem dortigen Elvis-Anwesen Graceland oder aus Las Vegas.

Wegen Corona fallen Reisen nach Tupelo und Memphis aus

Ein besonderes Exponat kam von Karl-Heinz Stein, dem ehemaligen Friseur Elvis Presleys während dessen Militärzeit und ein alter Freund von Jonny Winters: Er überließ ihm die komplette Barbershop-Einrichtung, in der er Presleys Haarpracht während dessen Militärzeit im hessischen Friedberg gepflegt hatte. Sogar die Preistabelle ist noch vorhanden. Ebenso klein wie selten ist Irmas Lieblingsstück in der Ausstellung: ein Stückchen roter, flauschiger Teppichboden aus Graceland.

Seit 1985 ist Winters jedes Jahr nach Tupelo und Memphis gereist, um dem King zu huldigen. Wegen Corona fallen diese Reisen seit 2020 aus. Mit einem Dutzend Fans fahren die Eheleute dann zu den Presley-Pilgerstätten, verbunden mit Stippvisiten in Nashville und Las Vegas. Ins „The International Hotel“, wo Elvis 1970 sein legendäres Comeback-Konzert gespielt hatte.

Das Museum

Elvis-Museum Deutschland in Kircheib, Röttgenstraße. Besuchstermine unter 0172/1094244 oder online.

„Die nächste Tour ist schon fest, wir warten nur darauf, dass wieder alles geöffnet wird“, sagt Jonny Winters. „Ich muss als Fan doch wissen, wo der König wohnt. Da muss ich doch mal hin!“ Für diejenigen, die sich nicht so viel leisten können, möchte Managerin Irma noch eine Low-Budget-Tour anbieten, „damit sie einmal an seinem Grab stehen können“.

Wie lebt es sich eigentlich als kunterbunter Hardcore-Fan im ländlichen Kircheib? Alles bestens, sagt Winters, man kenne sich schließlich von Kindesbeinen an. Da wird auch toleriert, dass der Mann seit den 80er Jahren tatsächlich Jonny Winters heißt. Er hat es sich so eintragen lassen. Und wie alt ist der Elvis vom Westerwald? „Na, 42“, sagt Jonny. „So alt wie der King geworden ist.“ Sagt’s und lacht.

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