Der Angeklagte stahl Thunfisch- und Heringsdosen sowie eine Flasche Wein aus einem Supermarkt.
„Hatte schlichtweg Hunger“37-Jähriger stiehlt 17 Fischkonserven und muss zwei Jahre in Haft

Ein 37-Jähriger stahl in einem Supermarkt Fischkonserven und musste sich nun vor dem Bonner Landgericht verantworten. (Symbolbild)
Copyright: Boris Roessler/dpa
Das Bonner Landgericht hat einen 37-Jährigen wegen räuberischen Diebstahls zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt. Der Mann hatte 17 Konserven mit Fisch aus einem Supermarkt gestohlen und einen Mitarbeiter mit einem Messer bedroht.
Die Nacht zuvor hatte der Mann schlecht geschlafen. Vielleicht auch, weil der 37-Jährige schlichtweg hungrig war. So brach er am Morgen des 17. Januar 2025 von einer städtischen Unterkunft, in der er eine bescheidene Bleibe hatte, auf und enterte gegen 9.12 Uhr – so dokumentiert es später das Überwachungsvideo – einen Supermarkt an der Geistinger Straße in Hennef. Eilig hatte der Mann es nicht. Vor dem Konservenregal stoppte er und nahm mehrere Thunfischdosen sowie Makrelen- und Heringskonserven aus der Auslage und ließ sie in Jacke und Pullover verschwinden.
Angeklagter stahl Konserven mit 1,9 Promille und unter Drogeneinfluss
Gegen 9.17 Uhr ging er zwischendurch zum Weinregal, griff nach einer Flasche Rosé, die er in einer Hosentasche versenkte, um dann weitere Fischdosen nachzuladen. Am Ende waren es insgesamt 17 Konserven.
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Der Fischdosen-Diebstahl im Wert von 64,99 Euro landete vor dem Bonner Landgericht. Am Freitag wurde der 37-Jährige wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls sowie Bedrohung zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Denn der Angeklagte war möglicherweise ordentlich unter Drogen- und Alkoholeinfluss, als er die Tat begangen hat: Denn nach seiner Festnahme wurde ein Alkoholgehalt von 1,9 Promille sowie eine gehörige Portion Amphetamine festgestellt; dazu hatte er einen leeren Magen.
37-Jähriger bedrohte Marktangestellten mit eingepacktem Gemüsemesser
Entsprechend schloss die 3. Große Strafkammer eine eingeschränkte Schuldfähigkeit bei der Tat (normalerweise Mindeststrafe fünf Jahre) nicht aus. Strafmildernd wirkte sich zudem aus, so die Vorsitzende Richterin Claudia Gelber, dass der Mann, „der in total prekären, sozialen Verhältnissen gelebt hat und finanziell komplett ausgebrannt war, schlichtweg Hunger hatte“.
Zunächst war im Supermarkt niemandem die Szenerie, die das Video aufgezeichnet hatte, aufgefallen: Erst als der seltene Kunde – bereits mit der Fisch-Beute beladen – sich vor dem Zeitschriftenstand aufhielt und in Zeitungen blätterte, entdeckte der Marktleiter den auffällig ungepflegten Mann. So behielt er ihn im Blick, auch als der Kunde – jetzt war es 9.27 Uhr – sich noch ein Gemüsemesser mit sieben Zentimeter langer Klinge nahm, das er sich in die rechte Gesäßtasche steckte. Nach weiteren Griffen nach Salami, Schokolade und Schnaps, passierte er den Kassenbereich, ohne zu bezahlen.
Polizei fand 37-Jährigen, als er dabei war, eine Dose Thunfisch zu essen
Der Marktleiter versuchte nun den Dieb auf dem Bürgersteig zu stoppen. Aber der wollte nur in Ruhe gelassen werden, weil er, so Gelber, „vor lauter Hunger Angst hatte, die Beute zu verlieren“. So zog er das geklaute Messer, offenbar noch in der Verpackung, und fuchtelte damit gegen den Marktleiter: Verschwinden solle er, drohte er. Sonst werde er ihm den Kopf abschneiden. Dazu machte er Stichbewegungen, ohne den Angestellten mit dem Messer zu berühren. Dieser bekam es dennoch mit der Angst und hielt sich fortan auf Distanz. Er verfolgte den Dieb weitere 100 Meter, bis er ihn verlor.
Schließlich der bizarre Showdown: Die alarmierte Polizei fand den 37-Jährigen bald darauf in einer Garageneinfahrt, wo er mit Genuss aus einer geöffneten Dose den Thunfisch verzehrte. Da der Mann auf die Aufforderung der Beamten, die eine Pistole auf ihn gerichtet hatte, sich zu ergeben, nicht reagierte, brachten sie ihn mit Gewalt zu Boden.
Im Prozess hatte der Angeklagte reumütig den Diebstahl eingeräumt, es war nicht sein erster. Zwölf Vorstrafen verzeichnet sein Register. Das Angebot der Kammer jedoch, ihn in einer Entziehungsmaßnahme unterzubringen, lehnte er strikt ab: Ein Alkohol- oder Drogenproblem habe er nicht, beteuerte er wiederholt. Ohne ein freiwilliges Zeichen sind die Richter bei einer solchen Maßnahme machtlos.