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Richter nennt ihn „coole Socke“Marktmitarbeiter stellt mutmaßlichen Seriendieb in Niederkassel

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf den Schriftzug „Landgericht“ an der Fassade des Gerichtsgebäudes.

Ein mutmaßlicher Seriendieb muss sich vor dem Bonner Landgericht verantworten.

Der mutmaßliche Seriendieb drohte mit Rasierklinge und Golfschläger. Davon ließen sich zwei Zeugen jedoch nicht beeindrucken.

Zwei mutige Männer haben mitgeholfen, einen mutmaßlichen Seriendieb zu überführen. Bei einem genügte es, dem Verdächtigen seinen nackten Arm zu zeigen, um ihn zur Aufgabe zu bewegen. „Coole Socke!“, lobte Marc Eumann, Vorsitzender Richter am Bonner Landgericht, ein wenig salopp den Mitarbeiter eines Supermarktes in Niederkassel, der bei der Festnahme des 37-Jährigen geholfen hatte.

Der Angeklagte wurde am Dienstag, 27. Mai, wegen besonders schwerer räuberischer Diebstähle in zwei Fällen und wegen eines einfachen Diebstahls zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Kassierer im Discounter ließ sich von Drohung mit Rasierklinge nicht beeindrucken

Der Fall „Coole Socke 1“ spielte sich am 21. Juni vergangenen Jahres in einem Discounter in Niederkassel ab, wo der Angeklagte zwei Flaschen Whisky im Gesamtwert von 19 Euro in seinen Rollkoffer gesteckt hatte, den er an der Kasse vorbeischieben wollte. Als aber Alarm ausgelöst wurde, lief der Kassierer dem Dieb hinterher und stellte ihn draußen auf dem Vorplatz.

Der ertappte Mann holte daraufhin laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eine Rasierklinge aus dem Koffer und fuchtelte damit herum. Ein Kollege des Kassierers, der wieder zur Kasse gerufen worden war, ließ sich von der Klinge nicht beeindrucken, sondern rollte einen Hemdärmel auf und zeigte einen Unterarm voller Narben. Eumann: „Als wollte er sagen: Was interessiert mich deine Rasierklinge‘“. Der Mann mit dem Koffer ließ sich widerstandslos von der inzwischen eingetroffenen Polizei festnehmen.

Polizist stellt Dieb auf dem Weg zur Arbeit und blockiert Straßenbahntüren

Fall „Coole Socke 2“ ereignete sich am 22. Oktober 2024 in Beuel. Der Angeklagte hatte nach den Feststellungen des Gerichts gegen 4.50 Uhr mit einem Golfschläger die Glastür einer Kneipe am Konrad-Adenauer-Platz eingeschlagen, von der Theke drei angebrochene Flaschen Schnaps im Wert von 50 Euro genommen und in eine Mülltüte gepackt. Als er flüchten wollte, wurde er von einem Bundespolizisten entdeckt, der auf dem Weg zum Dienst war.

Diese laut Richter Eumann ebenfalls „coole Socke“ verfolgte den Fremden, und als der in die Stadtbahn der Linie 66 in Richtung Bonn-Zentrum eingestiegen war, blockierte der Beamte die Tür mit einem Fuß und rief gleichzeitig die Kollegen von der Landespolizei. Der 37-Jährige soll ihm daraufhin mit dem Golfschläger gedroht haben. Den Stock ließ er erst fallen, als Polizisten ihn mit erhobener Pistole dazu aufforderten. Seit dem Tag sitzt der Angeklagte in Siegburg in Untersuchungshaft.

Zu diesen beiden besonders schweren räuberischen Diebstählen, bei denen er Waffen oder gefährliche Gegenstände eingesetzt hatte, kam ein einfacher Diebstahl in einer Boutique in Sankt Augustin, wo er am 20. April 2024 unbemerkt drei Jacken und drei Hosen im Wert von 159,95 Euro gestohlen hatte.

Bei einem weiteren Diebstahlversuch am selben Abend in einem anderen Laden wurde er erwischt – und war dann auch die Beute aus dem Textilgeschäft los. Die Strafverfolgung weiterer Taten wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt oder weil der Angeklagte dabei nicht zurechnungsfähig gewesen war. So hatte er volltrunken auf einer Baustelle in Bonn drei Elektrowerkzeuge entwendet: Beim Alkoholtest waren drei Promille gemessen worden.

Der Angeklagte hatte wohl ein massives Alkoholproblem, bis zu seiner Festnahme trank er nach eigenen Angaben pro Tag zwei Liter Schnaps, den er mit den Diebstählen finanzieren wollte. Mittlerweile sei er, auch dank der Haft, „trocken“.