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Initiative „koeln.trash“Wie junge Menschen zum Müll sammeln motiviert werden

4 min

Nach dem Lauf wird beim „Trash Run“ gemeinsam Müll gesammelt.

Veranstaltungen wie gemeinsames Joggen oder Tanzen wollen vor allem eine junge Zielgruppe ansprechen. 

Mit einigen sarkastischen Videos zum Thema Müll in Köln hat vor rund einem Jahr alles angefangen: Eine künstlich verstellte Stimme kommentiert die zum Teil scheußlichen Bilder, alle gedreht in Köln. Sie zeigen „ein Mosaik aus Kaugummis“ auf dem Boden der S-Bahnhaltestelle Trimbornstraße oder „stattliche Haufen“ am Hansaring. Der Kanal „koeln.trash“ erreicht auf der Plattform Instagram ein Jahr später nun fast 14.000 Menschen. Bilder und Videos, die zum Großteil von Kölnerinnen und Kölnern eingesendet werden, zeigen ungeschönt die Vermüllung und Verunreinigung von öffentlichen Plätzen, Parkanlagen und Haltestellen. 

Derjenige, der die Videos ins Internet stellt, will anonym bleiben. Wir treffen ihn zu einem Spaziergang im Mediapark. In einem Fernsehbericht sei er „Mr. Trash“ (zu deutsch: Herr Müll) genannt worden und mit diesem Namen könne er leben, sagt der 29-Jährige, der nicht als Gesicht der Initiative im Vordergrund stehen will. Stattdessen gehe es ihm um die Sache an sich. „Ich habe in Köln immer schon den vielen Müll wahrgenommen, den Uringeruch in den Bahnstationen“, sagt Mr. Trash, der zuerst eigentlich eher spaßeshalber die dreckigen Plätze gefilmt habe. Negativ über die Stadt habe er sich dabei nie äußern wollen. „Köln ist im Herzen schön. Aber das Stadtbild kann man schon noch optimieren.“

Köln ist im Herzen schön. Aber das Stadtbild kann man schon noch optimieren.
Mr. Trash

Längst ist aus dieser Idee eine Initiative geworden, die beim Thema Sauberkeit in der Stadt aktiv werden will, ähnlich wie andere große Kölner Initiativen wie die preisgekrönte „K.R.A.K.E“, die mittlerweile bundesweit bekannt ist. Das Ziel von „koeln trash“: vor allem junge Menschen für das Thema Müllvermeidung zu sensibilisieren. Mr. Trash und einige Mitstreiter organisieren Veranstaltungen, die eine bestimmte Zielgruppe ansprechen sollen. Beim „Trash Rave“ wurde am vergangenen Wochenende am Ebertplatz mit einem DJ-Kollektiv getanzt und währenddessen der Platz von weggeworfenen Verpackungen, Dreck und Zigarettenstummeln gesäubert. Beim „Trash Run“ trifft sich regelmäßig eine Gruppe zuerst zu einer Laufrunde und sammelt anschließend im Grüngürtel Müll.

„Einfach an einem Samstag Müll sammeln, den Dreck von anderen aufheben, wenn ich selbst die ganze Woche gearbeitet habe, das macht keiner“, sagt der 29-Jährige über eine Generation von Kölnerinnen und Kölnern, die er mit anderen Dingen für sich gewinnt: Elektronische Musik, Pizza, kostenlose Getränke, Fitness - „einfach wofür sie sich interessieren“, sagt Mr. Trash. In der Kombination mit dem Saubermachen werde dies sehr gut angenommen. Von den 150 Gästen säuberten rund 50 den Ebertplatz. Eine Kölner Reinigungsfirma übernahm die Säuberung mit Hochdruckreinigern und stellte Teleskopstäbe und Lappen zur Verfügung, die AWB sorgten für Müllsäcke und deren Entsorgung (siehe Infokasten) - mit nachhaltigem Effekt, wie der Initiator sagt. „Sogar die Drogenkonsumenten und Dealer haben teilweise mit aufgeräumt.“

Im OB-Wahlkampf aktiv

„Sauberkeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe“, sagt Mr. Trash. Es gehe nicht darum, den AWB oder der Stadt Vorwürfe zu machen, sondern darum, sich gegenseitig zu unterstützen. Aktuell werden die Veranstaltungen privat und durch Spenden finanziert. „Wir wollen regelmäßige Events anbieten“, so der Initiator. Außerdem haben sie bereits Ideen, wie man Köln noch schöner machen könne: „Green Action“ soll eine Aktion heißen, bei der eine Gruppe Plätze entsiegelt und begrünt, neben Pflanzaktionen soll es dann auch Farbaktionen geben, bei denen grauer Beton durch bunte Wandkunst ersetzt wird. „Dafür brauchen wir aber Genehmigungen von der Stadt.“ Gespräche laufen bereits. 

Beim Namen „koeln.trash“ steigt der 29-jährige Kölner auf einen erfolgreichen Zug aus Frankfurt auf: Der dortige Kanal „frankfurt.trash“ hat mittlerweile bereits mehr als 40.000 Fans. Neben Aktionen wie „One Piece the Day“ - die Ermutigung, selbst jeden Tag mindestens eine herumliegende Verpackung aufzuheben und zu entsorgen - hat sich Mr. Trash auch in den OB-Wahlkampf eingeklinkt. Auf dem Profil hat er einige Oberbürgermeister-Kandidierende zu den Themen Sauberkeit und Verwahrlosung befragt. „Wir können das Thema nur sichtbar machen - die großen Entscheidungen werden woanders getroffen.“

Glasflaschen und Verpackungsmüll - auch im Grüngürtel sammelt die Initiative regelmäßig.


„Kölle putzmunter“

„Kölle putzmunter“ ist eine Initiative der Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB). Jeder kann eine private Müllsammel-Aktion anmelden, die Koordination der einzelnen Reinigungseinsätze, von der Anmeldung über die kostenfreie Ausgabe von Handschuhen und Müllbeuteln bis hin zur Abfuhr des gesammelten Mülls, übernehmen die AWB.

Bis September fanden laut AWB 2025 bereits rund 500 Aktionen mit mehr als 22.000 Teilnehmenden statt. Dies sind durchschnittlich im Monat 55 Aktionen mit fast 2.450 Teilnehmern. In 2024 haben sich 24.639 Kölnerinnen und Kölner beteiligt, im Vorjahr waren es 21.964.

Die AWB hat bis dato rund 16.000 Paar Handschuhe (davon ca. 6.000 Paar für Kinder) und 18.000 Müllbeutel für die Aufräumaktionen in diesem Jahr bereitgestellt. „Viele Müllsammler verhalten sich nachhaltig und benutzen die bereitgestellten Handschuhe der AWB mehrmals oder nutzen eigene Handschuhe“, teilen die AWB mit. Der Müll, der oft aus Zigarettenkippen und ähnlich leichten Abfällen, besteht, wird dabei nicht in Tonnen beziffert. „Bei den Aufräumaktionen von Kölle putzmunter sind die stetig steigenden Aktions- und Teilnehmerzahlen als Zeichen bürgerschaftlichem Engagements entscheidend“, so ein AWB-Sprecher.