Der Rechtsanwalt Kai-Uwe Steck steht seit 2024 vor Gericht. Der Staatsanwalt fordert knapp vier Jahre Haft, der Verteidiger will eine Einstellung des Verfahrens.
Hier wird Geschichte geschriebenErstes Cum-Ex Urteil im Siegburger Gerichtsgebäude erwartet

Modernste Verhandlungsbedingungen: Im Saal P 1.1 des Siegburger Gerichtsgebäudes wird am Dienstag ein Urteil im Cum-Ex-Verfahren gesprochen.
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In diesem Raum wird am Dienstag, 3. Juni, Geschichte geschrieben: Im Sitzungssaal P 1.1 in der Siegburger Außenstelle des Bonner Landgerichts soll das erste Urteil in einem Prozess um den Cum-Ex-Finanzskandal verkündet werden. Sebastian Hausen, der Vorsitzende der 12. Großen Strafkammer, hat den Termin auf 12 Uhr angesetzt. Dann wird der angeklagte Rechtsanwalt Kai-Uwe Steck wissen, ob er - wie von Staatsanwalt Jan Schletz beantragt – wegen schwerer Steuerhinterziehung für knapp vier Jahre einsitzen muss oder ob das Verfahren eingestellt wird, wie Stecks Verteidiger Gerhard Strate plädiert hatte.
Die Hauptverhandlung gegen den 53-jährigen Steueranwalt begann am 21. November vergangenen Jahres im Saal 11 des Bonner Landgerichts; damals war das 43 Millionen Euro teure Prozessgebäude in der Kreisstadt noch nicht fertig; es wurde nach zweijähriger Bauzeit im Februar eröffnet und soll vor allem für die Cum-Ex-Verfahren genutzt werden.
Beteiligte arbeiten unter Bedingungen, von denen sie früher nur hätten träumen können
Die Verfahrensbeteiligten arbeiten in dem Bau an der Bahnhofsstraße 30 unter Bedingungen, von denen sie in dem im Jahr 2000 eingeweihten Landgericht in der Bundesstadt nur träumen können: Das Siegburger Haus ist klimaneutral und barrierefrei, die drei Säle sind mit modernster Technik ausgestattet. Es gibt eine Video- und Soundanlage, Scanner für das Einlesen von Akten. Der Vorsitzende kann über einen Touchscreen das Licht und auch die Jalousien steuern. Die Richterbank vor dunkler Holzverkleidung ist 15 Meter lang mit fünf Plätzen für die drei Berufsrichter und die zwei Schöffen; weitere Stühle für Ersatzschöffen oder Ersatzrichter, die bei langwierigen Prozessen dabei sein müssen, können hinzugestellt werden; dazu kommt der Arbeitsplatz für den Protokollführer.
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Das Landgericht Bonn errichtete für die Cum-Ex-Prozesse ein Gebäude mit drei Gerichtssälen in Siegburg.
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Links vor der Richterbank stehen drei Reihen für Angeklagte und ihre Verteidiger, rechts vor dem Fenster befinden sich sieben Plätze für Staatsanwaltschaft, Gutachter oder beigeladene Vertreter des durch Cum-Ex geschädigten Bundeszentralamts für Steuern. Der große Saal P 1.1 fasst rund 110 Zuschauer, die beiden kleineren Säle je 50, die wie alle anderen Beteiligten auch auf Rot gepolsterten Stühlen sitzen.
Gesamte Prozesslogistik vom Landgericht gesteuert
Die gesamte Prozesslogistik wird vom Landgericht gestellt; das heißt, Richter, Protokollführer und Wachtmeister, die jeden Eintretenden an einer Schleuse kontrollieren, reisen für jeden Verhandlungstag von Bonn aus an. Findet dort nichts statt, steht der Bau leer. Er ist mit einer kleinen Brücke mit dem Altbau des Amts- und Arbeitsgerichts verbunden, die Zwischentür ist verschlossen.
Stefan Weismann, der Ende Mai in Pension gegangene frühere Präsident des Landgerichts, war der maßgebliche Betreiber für den Bau der Außenstelle. Als die Idee aufkam, begannen in seiner Behörde gerade die ersten Prozesse um die illegalen Steuermodelle, durch die windige Finanzjongleure den Staat um Milliarden Steuern betrogen haben sollen. Allein im Fall Steck geht die ermittelnde Kölner Staatsanwaltschaft von einem Schaden von 428 Millionen Euro aus.
Doch die erwartete Flut an Cum-Ex-Prozessen, die vor allem in Bonn laufen sollen, weil hier das Bundeszentralamt für Steuern sitzt, blieb bisher aus. Die Staatsanwaltschaft kommt mit Anklagen nicht nach, obwohl sie gegen 1700 Personen im Zusammenhang mit dem Steuerkarussell ermitteln soll. Am Landgericht läuft nach Angaben einer Sprecherin neben dem Steck-Prozess seit Monaten nur ein weiteres, eines stehe vor der Eröffnung, zwei seien anhängig. Es kann also sein, dass ab übermorgen das schmucke Prozessgebäude wieder leer steht.