Dem 36-Jährigen wird die Beteiligung an drei bewaffneten Tankstellenüberfällen zur Last gelegt. 40.000 Euro Kaution sind wohl weg.
Überfälle in Siegburg und HennefVerdächtiger taucht vor Prozess in Bonn unter

Zum Prozessauftakt erschien nur einer von zwei Angeklagten vor dem Landgericht in Bonn. (Symbolbild)
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Zum Prozessauftakt gegen zwei mutmaßliche Tankstellenräuber, die im November 2024 drei bewaffnete Raubüberfälle begangen haben sollen, blieb ein Platz auf der Anklagebank frei. Ein 36-jähriger Familienvater, wie sein 39-jähriger Mitangeklagter haftverschont, erschien nicht im Saal S 1.14 des Bonner Landgerichts. Am meisten überrascht von der Leere neben ihm war sein Verteidiger Bernd Arnold: „Das war nicht vorhersehbar“, erklärte der Anwalt den Prozessbeteiligten vor der 16. Großen Strafkammer. „Ich habe letzte Woche noch mit ihm gesprochen, wir haben den Prozess intensiv vorbereitet.“
Angeklagter hat sich am Montag krankschreiben lassen
Er habe „alles Erdenkliche getan, um für meinen Mandanten einen Haftverschonungsbeschluss zu erwirken“, erklärte der Verteidiger in einer Beratungspause des Gerichts. Nach Abgabe des Reisepasses und der Zahlung von 40.000 Euro Kaution war der 36-Jährige auf freien Fuß gekommen. Es habe keinerlei Hinweis gegeben, dass er verschwinden könnte, so Arnold weiter. „Wo soll ich denn hin?“, soll ihn der Angeklagte nach dem letzten Gespräch gefragt haben. Immerhin lebt er hier mit seiner Familie und zwei kleinen Kindern, auch hatte er einen festen Job.
Erste Zweifel hatte Arnold allerdings schon, als der 36-Jährige am Dienstag nicht zum Abschlussgespräch bei ihm erschienen war: Alle seine Versuche, den Mann zu erreichen, waren ergebnislos geblieben. Die Familie ist ratlos. Seit Montag ist der 36-Jährige beim Arbeitgeber krankgeschrieben, seiner Meldepflicht bei der Polizei ist er am Mittwoch nicht nachgekommen.
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Bei Überfällen in Siegburg und Hennef soll der Flüchtige führende Rolle gespielt haben
Jetzt ist er spurlos verschwunden. Für den Verteidiger unverständlich: Denn die Karten standen für seinen Mandanten nicht schlecht, obwohl er bei allen Raubüberfällen - wie die Überwachungskameras belegen - eine führende Rolle gespielt haben soll.
Gleich beim ersten Überfall auf die Mundorf-Tankstelle „Im Bröltal“ in Hennef, bei der gegen 20.40 Uhr vier schwarz gekleidete Personen den Mitarbeiter abgepasst hatten, der von der Toilette kam, soll er das Wort geführt haben: „Geld her, Geld her!“ Dabei wurde der Mann mit Metallstange und Pistole bedroht. Mit 1500 Euro Beute waren die vier Männer in einem blauen Pkw in Richtung Ruppichteroth geflüchtet.
Zwei weitere Überfälle, auf die Shell-Tankstelle in Siegburg-Schreck am 19. November (Beute: 340 Euro) sowie am 30. November auf die Star-Tankstelle Siegburg-Stallberg (Beute: 2000 Euro), liefen nach dem gleichen Muster ab. Am 1. Dezember 2024, also keine 24 Stunden später, sollte der vierte Überfall stattfinden. Der Polizei waren aber drei Personen in der Nähe der Mundorf-Tankstelle in Siegburg aufgefallen, die bereits maskiert waren. Noch bevor sie das Gelände betreten hatten, wurden sie gestoppt.
Aber nur einen der drei Männer konnten die Beamten festnehmen, die beiden anderen flüchteten; eine Suche in der Nacht mit Hubschrauber und Wärmebildkamera blieb erfolglos. Der Festgenommene, der ein Messer bei sich gehabt hatte, hatte den Beamten erklärt, er sei gerade gejoggt. Es war der 36-Jährige, der jetzt untergetaucht ist.
Das Geld ist weg
Nach einer einstündigen Unterbrechung der Verhandlung verkündeten die Bonner Richter, dass der Haftverschonungsbeschluss des flüchtigen Angeklagten aufgehoben wird und die Polizei ihn jetzt mit Haftbefehl sucht. Auch die hinterlegte Kaution über 40.000 Euro, so der Vorsitzende Richter, dürfte verfallen sein. Einem Onkel des Angeklagten, der die Summe offenbar eingezahlt hatte, erklärte er deutlich: „Das Geld ist weg.“
Bis Montag will die Kammer jetzt abwarten, ob der Flüchtige gefunden wird oder er sich selbst stellt. Falls nicht, wird das Verfahren gegen den zweiten Angeklagten voraussichtlich abgetrennt, dann wird allein gegen diesen verhandelt.