Der 1. FC Köln durfte von der Pokalsensation träumen, unterlag am Ende Bayern München aber mit 1:4.
1. FC KölnDie gestohlene Chance auf die Sensation

Ragnar Ache trifft per Kopf zum verdienten 1:0 für den 1. FC Köln.
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Der Traum von der Sensation lebte fast 40 Minuten. So lange war der Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Köln dem großen FC Bayern München in der zweiten Runde des DFB-Pokals mehr als ebenbürtig und führte sogar 1:0. Nach 90 unterhaltsamen Minuten und einer insgesamt großartigen Leistung hatten die Geißböcke dann zwar standesgemäß mit 1:4 (1:2) verloren, sie durften das Rheinergiestadion erhobenen Hauptes verlassen. „Wir waren mutig, haben uns nicht hinten reingestellt und Mann gegen Mann gespielt. Das hat uns ein gutes Gefühl gegeben“, sagte FC-Stürmer Marius Bülter.
Lukas Kwasniok hatte sich für sein erstes Duell mit Bayern als Trainer wie angekündigt etwas einfallen lassen. Um dem Tempo von Michael Olise und Serge Gnabry zu begegnen, beorderte er Kristoffer Lund links in die Dreierkette und zog Jakub Kaminski auf die linke Schiene hinter Said El Mala zurück.
Eric Martel besetzte wie erwartet das Zentrum der Dreierkette, dafür ging der pass- und zweikampfstarke Tom Krauß auf die Doppelsechs. In der Offensive kam Ragnar Ache zwischen El Mala und Marius Bülter zu seinem zweiten Startelfeinsatz. Der Mittelstürmer sollte lange Bälle festmachen oder mit seiner Kopfballstärke ablegen — und natürlich bei Standards für Gefahr sorgen.
Römer-Choreograhie der Südkurve
Bevor es losging, schickten die in weinrote Regenjacken gewandeten FC-Fans in der Südkurve zunächst Genesungswünsche an Timo Hübers: „Zusammenhalt bedeutet, dass keiner zurückgelassen wird. Kämpfen Timo!“ , stand auf dem Banner. Der 29-Jährige hatte sich am Samstag beim 0:1 in Dortmund schwer am rechten Knie verletzt und war am Montag erfolgreich operiert worden. Es folgte eine gewaltige Choreo: „Des Römers Erbe bliev beston, Kölle weed niemols ungerjon!“ und ein römischer Legionär mit einem Stadtwappen-Schild zierten die Süd.

Die Choreografie in der FC-Südkurve.
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Der FC griff das Motto aus der Kurve umgehend auf und ging die Herkules-Aufgabe mit Mut und Leidenschaft an. Die Bayern hatten nach einer Olise-Flanke durch Luis Diaz zwar die erste Möglichkeit (8.), der FC hielt aber dagegen und verschaffte sich Respekt. Durch beherzte Zweikämpfe, Offensivgeist und die erste Großchance. Nach der ersten Ecke wehrte Jonathan Tah den Ball direkt vor die Füße von Isak Johannesson ab. Der Isländer zog mit links ab und zwang den stark übergreifenden Ex-FC-Keeper Jonas Urbig zu einer Glanztat (11.).
Die Aktion gab dem FC Energie und zündete das Stadion an. Aches Kopfball nach der schon dritten Ecke (15.) wehrte Urbig mit einer Hand ab. Die größte Chance hatte Jakub Kaminski, der nach Krauß-Pass einen Haken nach innen schlug, aber zu unplatziert direkt auf Urbig abschloss (25.). Und Joel Schmied traf aus sieben Metern nur Jonathan Tah, anstatt ins Tor (30.).
Ragnar Ache trifft mit seinem ersten FC-Tor zum 1:0
Die Münchner hatten durch Diaz und Harry Kane zwar auch eine Doppelchance (19.), die Führung für den FC war aber verdient. Ache setzte sich nach einer Johannesson-Ecke mit perfektem Timing am Fünfer gegen Dayot Upamecano durch und köpfte ins rechte Eck (31.). Das 1:0 war eine doppelte Premiere: Es war Aches erster Treffer im Kölner Trikot und das erste Standardtor der Kwasniok-Elf in dieser Saison.
Der Rekordmeister war beeindruckt und benötigte Hilfe. Die kam von den Unparteiischen. Konrad Laimer hatte Johannessons schlechte Positionierung mit einem Sprint ausgenutzt und konnte dadurch Josip Stanisic links im Strafraum freispielen. Der Kroate zwang Kölns Pokal-Torwart Ron-Robert Zieler zu einer Parade, die aber direkt vor den Füßen von Diaz landete, der zum 1:1 abstaubte (36.).
Einen, anderthalb Metern abseits kann man schon mal sehen.
Das Schiedsrichter-Gespann um Tobias Welz übersah dabei allerdings, was eigentlich nicht zu übersehen war. Der Kolumbianer stand bei Stanisics Abschluss klar im Abseits stand. Einen Videobeweis gibt es allerdings in der zweiten Runde des DFB-Pokals noch nicht. „Es war nicht mal knapp abseits“, fühlte sich Marius Bülter wie alle Kölner um ihre Chance bestohlen. Auch FC-Torwart Ron-Robert Zieler verstand die Welt nicht mehr: „Einen, anderthalb Metern abseits, das kann man schon mal sehen.“
Die Bayern durften sich bevorteilt fühlen und nutzten den Moment. Kane verwertete einen Olise-Pass, indem er sich rechts am Fünfer rasant um Martel herum nach innen drehte, und herrlich mit links in den linken Winkel zum 1:2 abschloss (38.). Ein bitterer Doppelschlag für den engagierten FC.
Die Aufgabe war zu Beginn der zweiten Hälfte nicht leichter geworden. Der FC blieb aber im Spiel, weil Luis Diaz nach einem El Mala-Fehlpass und Sololauf über das halbe Feld den Ball aus zehn Metern über Zielers Tor drosch (53.). Im Gegenzug lag der Ausgleich nach einem Kaminski-Freistoß in der Luft. Ragnar Ache fehlte diesmal aber das Timing. Er drückte den Kopfball zu früh auf den Boden (54.).
Harry Kane sorgt mit seinem 22. Saisontor für die Entscheidung
Bevor die Entscheidung zugunsten des Favoriten fiel, prüfte Martel Urbig noch einmal im kurzen Eck (57.). Nach einer Ecke von Joshua Kimmich war Ron-Robert Zieler dann im eigenen Strafraum zu zögerlich, sodass Harry Kane aus zwei Metern per Kopf seinen Doppelpack schnüren konnte. Für den Engländer war es im 13. Pflichtspiel dieser Saison der 22. Treffer (64.).
Lukas Kwasniok hisste beim 1:3 die weiße Fahne und wechselte mit Cenk Özkacar und Denis Huseinbasic zwei defensive Spieler für die offensiven Said El Mala und Marius Bülter ein (65.). Es half nichts. Olise leitete einen Münchner Konter ein, der im Direktspiel über Aleksandar Pavlovic und Diaz wieder zu dem Franzosen kam, der locker zum 1:4 einschieben konnte (72.).
Die tapferen Geißböcke waren geschlagen, obwohl sie so oft auf das Bayern-Tor geschossen hatten wie noch keine der 13 anderen Mannschaften in dieser Saison. Das Glück war den Kölnern aber an diesem Oktober-Abend nicht hold. Den letzten Beweis lieferte der Pfostenschuss des eingewechselten Linton Maina (86.). Die FC-Fans feierten ihre Mannschaft trotzdem bis zum Schlusspfiff und auch danach – völlig zu Recht.
Statistik:
1. FC Köln: Zieler; Schmied, Martel, Lund; Sebulonsen, Krauß (75. Kainz), Johannesson (79. Waldschmidt), Kaminski (79. Maina); Bülter (65. Özkacar), Ache, El Mala (65. Huseinbasic). — Bayern München: Urbig; Stanisic (87. Boey) , Upamecano, Tah, Laimer; Kimmich, Pavlovic; Olise (76. Karl), Gnabry (61. Goretzka), Luis Diaz (87. Guerreiro); Kane (87. Jackson). —SR.: Welz (Wiesbaden). — Zuschauer: 50.000. — Tore: 1:0 Ache (31.), 1:1 Diaz (36.), 1:2 Kane (38.), 1:3 Kane (64.), 1:4 Olise (72.). — Gelbe Karten: El Mala; Diaz, Upamecano.
