Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Aus gegen Bayern MünchenWas der 1. FC Köln aus dem großen Pokal-Kampf mitnimmt

6 min

Bayern-Trainer Vincent Kompany (l.) gratuliert den Kölnern für eine selbstbewusste Vorstellung.

Alles gegeben – und doch mit 1:4 verloren: Der 1. FC Köln hat sich gegen derzeit übermächtige Bayern teuer verkauft. Lob gab es auch vom Münchner Trainer Vincent Kompany.

Als sich die Aufregung etwas gelegt hatte, zog Lukas Kwasniok einen Vergleich aus dem täglichen Leben heran. „Wenn du immer mit dem Navi unterwegs bist“, gab der Trainer des 1. FC Köln zu bedenken, „lernst du irgendwann diese Straßen nicht mehr.“ Gemeint war das irreguläre Tor des FC Bayern München zum 1:1-Ausgleich, den Luis Diaz aus einer recht klaren Abseitsposition erzielt hatte. „Das war ein halber Meter“, haderte Kwasniok mit jener Szene aus der 36. Minute und kritisierte: „Ich finde, dass er das sehen kann, wenn nicht sogar sehen muss.“

Gleichwohl zeigte der 44-Jährige auch Verständnis für das Gespann um Tobias Welz, das mit seiner Fehlentscheidung die 1:4 (1:2)-Niederlage des Außenseiters in der zweiten Runde des DFB-Pokals eingeleitet hatte. Im Gegensatz zum Bundesliga-Alltag kommt der Videoassistent im Cup-Wettbewerb schließlich erst ab dem Achtelfinale zum Einsatz. „Sie können sich auf den VAR verlassen, und auf einmal ist er halt nicht da. Ich glaube, dass das die Entscheidungsfindung ein wenig beeinflusst“, sagte Kwasniok.

Wir haben es geschafft, den FC Bayern 30 Minuten vor eine Challenge zu stellen.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln

Zu der Theorie passt, dass die Zweitrundenpartien von mehreren strittigen Entscheidungen begleitet wurden. Doch keine war so offensichtlich falsch wie die am Mittwochabend in Müngersdorf, die der Debatte um einen früheren Einsatz des „Kölner Keller“ neuen Auftrieb verlieh. „Wir hätten dieses Quäntchen gebraucht. Dann wären wir vielleicht mit einem 1:0 in die Pause gegangen und hätten es vielleicht ein bisschen wilder gestalten können. Es ist bitter für uns“, bedauerte Kwasniok, der aber ebenso einräumte: „Sie hätten uns früher oder später erdrückt, so ehrlich muss man einfach sein. So ist der FC Bayern. Und dennoch: schade.“

Trotz der am Ende deutlichen Niederlage gegen den Rekordpokalsieger überwog bei Köln das Positive. „Wir haben es geschafft, den FC Bayern 30 Minuten vor eine Challenge zu stellen“, sagte ein zufriedener Lukas Kwasniok, dessen Plan über weite Strecken der ersten Halbzeit hervorragend aufgegangen war. „Wir haben sie in viele Luftzweikämpfe verwickelt und versucht, sie mit einem Mann gegen Mann vom Tor wegzuhalten.“ Eine halbe Stunde lang war der mutige FC sogar die bessere Mannschaft. Die 1:0-Führung von Ragnar Ache durch das erste Standardtor der Saison (31.) war nach einer Drangperiode mit mehreren Abschlüssen verdient. „Es war eine Phase, in der Köln fast alles richtig gemacht hat“, lobte Bayerns Trainer Vincent Kompany.

1. FC Köln: Kwasniok sorgt sich um Standfestigkeit des Stadions

Für Ache war es das langersehnte erste Tor als FC-Profi. „Ein geiles Gefühl“, freute sich der Zugang aus Kaiserslautern, der sich bei seinem Kopfballtor gegen das Münchner Schwergewicht Dayot Upamecano durchgesetzt hatte. Für den Mittelstürmer waren es keine einfachen ersten Monate in Köln. „Nur Assists, keine Tore“, fasste Ache seine Ausbeute zusammen. „Wenn man dann endlich das Tor schießt, fühlt man sich erleichtert.“

Fast genauso bedeutsam war für den verletzungsgeplagten 27-Jährigen die Erfahrung, erstmals wieder ein komplettes Spiel bestritten zu haben. „Ich bin sehr glücklich, dass ich 90 Minuten geschafft habe. Darauf können wir aufbauen“, freute sich Ache, auf den das Kölner Spiel mit vielen hohen Bällen zugeschnitten war. Eine Aufgabe, die er zur Zufriedenheit seines Trainers löste. „Er hat auf sich aufmerksam gemacht“, meinte Kwasniok, der nach Aches Führungstreffer eine tosende Arena erlebte: „Ich habe mir Sorgen gemacht um das Stadion, dass es auseinanderfällt.“

Doch der Traum von der Sensation währte nur wenige Minuten. Dann schob Luis Diaz im Abseits stehend ein (36.), ehe Harry Kane mit einem Drehschuss aus spitzem Winkel ins lange Eck seine Weltklasse unter Beweis stellte (38.). „Das hat uns ein wenig leidgetan für die Stimmung im Stadion, weil sie in den fünf Minuten rund um das 1:0 unglaublich war“, sagte Kwasniok. Der Doppelschlag veränderte das Spiel. „Dann rennt man den Bayern hinterher und merkt, wie viel Qualität sie haben“, erklärte Ache. Mit dem 1:3 durch Kanes zweiten Treffer (64.) war das Spiel entschieden, Michael Olise stellte mit einem Bilderbuchkonter den Endstand her (72.).

Die Mannschaft hat voll an sich geglaubt, dass sie das Spiel gewinnen kann. Das haben die Fans gespürt. Das ist das Größte, was du in Spielen gegen Mannschaften mit höherer Qualität machen kannst.
Vincent Kompany, Bayern-Trainer, über den 1. FC Köln

Die Kölner verabschiedeten sich dennoch erhobenen Hauptes aus dem Pokal. „Man hat gesehen, dass in jedem Spiel etwas möglich ist, auch gegen die Bayern“, sagte Pokaltorwart Ron-Robert Zieler. „Wenn das Spielglück auf unserer Seite gewesen wäre und das 1:1 als Abseits erkannt worden wäre, dann wäre es vielleicht noch länger beim 1:0 geblieben. Wer weiß, was dann gewesen wäre.“ Doch auch so hatte sich der Aufsteiger gegen das Münchner Starensemble teuer verkauft. „Wir sind nicht weit weg und werden unseren Weg konsequent weitergehen“, sagte Zieler.

Lukas Kwasniok glaubt ebenfalls nicht, dass die zweite Pflichtspielniederlage in Folge den FC ins Grübeln versetzen wird. „Wer von mehr ausgegangen ist in Dortmund und daheim gegen Bayern, bei dem läuft auch nicht alles richtig in der Birne“, entgegnete Kölns Trainer, der weitere Fortschritte erkannt hat: „Ich fand unser Auftreten mutiger als in Dortmund, wo wir relativ früh ein tiefes Verteidigen an den Tag gelegt haben. Heute haben wir gezeigt, dass es auch anders geht.“

1. FC Köln: Einsatz von Ragnar Ache gegen HSV nicht in Gefahr

Zumindest phasenweise. „Für ein Mann gegen Mann, wie es der FC Bayern, wie es Paris macht, musst du 90 Minuten kacheln können. So weit sind wir aber noch nicht. Ich habe noch keine 15 Jungs, die 90 Minuten kacheln können. Das ist überhaupt nicht schlimm, aber wir werden es immer mal wieder situativ anwenden. Das ist ein gutes Gefühl“, erklärte Kwasniok.

Anerkennung gab es auch von der Gegenseite. Vincent Kompany lobte den selbstbewussten Auftritt der Kölner: „Die Mannschaft hat voll an sich geglaubt, dass sie das Spiel gewinnen kann. Das haben die Fans gespürt. Das ist das Größte, was du in Spielen gegen Mannschaften mit höherer Qualität machen kannst“, sagte der Belgier, der ein „richtiges Pokalspiel“ erlebt hatte. „Sie haben versucht, sich aus dem Volldruck zu befreien und haben uns immer wieder gefordert.“ Sorgen um den weiteren Weg des FC macht er sich nicht: „Das ist schon sehr viel, wenn man aufsteigt.“

Damit das so bleibt, gilt es nun, in der Kürze der Zeit bis zum Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr, DAZN) gegen Mitaufsteiger Hamburger SV wieder zu Kräften zu kommen. „Wir haben ein gutes Spiel gemacht, das müssen wir auch am Wochenende wieder zeigen und alles reinhauen“, gab Ragnar Ache als Devise aus. Der Stürmer verließ den Platz zwar mit einer Eispackung am Knöchel, konnte aber Entwarnung geben. „Es ist nur zur Sicherheit. Wenn der Trainer mit mir rechnet, bin ich da“, sagte der Torschütze schmunzelnd.