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1. FC KölnMit der Identität des Außenseiters

5 min
Zweites DFB-Pokalspiel, zweiter Einsatz für Ron-Robert Zieler. Hier freut sich der FC-Torwart nach dem Erstrundensieg bei Drittligist Jahn Regensburg.

Zweites DFB-Pokalspiel, zweiter Einsatz für Ron-Robert Zieler. Hier freut sich der FC-Torwart nach dem Erstrundensieg bei Drittligist Jahn Regensburg.

Der 1. FC Köln steht am Mittwoch im DFB-Pokal vor der Herkules-Aufgabe FC Bayern München.

Es ist gang und gäbe, dass eine Mannschaft sich gerne in die Rolle des Außenseiters begibt – sich wohlfühlt mit der Attitüde, eigentlich keine Chance zu haben und diese nutzen zu wollen. Die Begeisterung und Vorfreude aber, mit der Lukas Kwasniok am Dienstag darüber referierte, dass es „aktuell so gut wie unmöglich“ sei, den FC Bayern München zu bezwingen, sieht man nicht alle Tage. Und es drängte sich die Frage auf, woher dieser authentische Enthusiasmus kommt, mit dem der Trainer des 1. FC Köln die Herkulesaufgabe am Mittwoch (20.45 Uhr/ARD und Sky) in der 2. Runde des DFB-Pokals angeht.

„Das ist Teil meiner Identität. Ich habe selten eine Mannschaft gehabt, die als Favorit in ein Spiel oder eine Saison gegangen ist, war also immer so ein bisschen ein Underdog-Coach und musste aus weniger versuchen, ein bisschen mehr zu machen“, gab der 44-Jährige Einblick in seine Erfahrungswelt. „Das ist einfach mein Lebensweg und deswegen macht das extrem viel Spaß“, erklärte Kwasniok sich und seine Vorbereitung auf sein erstes Duell mit den Bayern als Trainer.

Kwasniok hat als Außenseiter schon mit Saarbrücken für Furore gesorgt

Der gebürtige Pole kommt aus dem Amateurfußball und hat sich über die Regionalliga sowie die 3. und 2. Liga in die Bundesliga hochgearbeitet. Ein Weg, der Demut lehrt und Möglichkeiten bietet, auch als Außenseiter erfolgreich zu sein. Wie im DFB-Pokal 2019/20, als Kwasniok mit dem Regionalligisten 1. FC Saarbrücken als erstem Viertligisten überhaupt ins Halbfinale einzog. Auf dem Weg dorthin gab es Siege gegen den 1. FC Köln (3:2), den Karlsruher SC (5:3 n.E.) und Fortuna Düsseldorf (7:6 n.E).

Kwasniok   weiß, wie man die Großen ärgert und noch mehr. „Wir machen das nicht aus Lust und Laune. Wir wollen etwas ernten und werden nicht die weiße Fahne hissen“, gab sich der FC-Coach kämpferisch und verriet sein Außenseiter-Rezept: „Wenn du Underdog bist, musst du auch spielen wie ein Underdog. Wenn du glaubst, dass du gegen die Bayern fußballinhaltlich mithalten kannst, bis du geistig verwirrt. Es geht darum, Elemente im Spiel zu finden, mit denen wir sie auf unser Niveau runterziehen können.“

Elemente, von denen es nicht allzu viele gibt: „Standardsituationen, den Ball in die Luft befördern, um sie zu stressen“, benannte Kwasniok Elemente und addierte dazu, was sonst noch nötig ist: „Wir brauchen einen herausragenden Torhüter, mehr als das Quäntchen Glück, einen schlechten Tag der Bayern, die Fans über 90 oder 120 Minuten und die gleiche Aufopferungsbereitschaft wie in Dortmund.“

Klingt, als wolle der FC-Coach am Mittwoch im mit 50.000 Zuschauern einmal mehr ausverkauften Rheinenergiestadion einen Sechser im Lotto landen. Für ihn liegt die Wahrscheinlichkeit aber höher, weil er seinen Spielern vertraut: „Wir haben die Mannschaft, die bereit ist für die nächste Schlacht. Das ist kein Team, das von vorneherein sagt, wir haben keine Chance. Der Glaube an die Möglichkeiten entsteht dann im Spiel. Wie in Dortmund, als wir gleich zwei, drei Umschalter hatten und das Gefühl aufkam, es geht was. Es geht um die Taten auf dem Platz“, übertrug Kwasniok seine Außenseiter-Begeisterung auf das Team und erinnerte noch kurz an das Beispiel Bielefeld. Die Arminia hat im vergangenen Jahr als Drittligist auf dem Weg ins Finale vier Bundesligisten ausgeschaltet.

Da steht so ein Bär, ein Riese, aber ein ganz weiches Herz, habe ich das Gefühl. Ich wäre gerne er.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln über Vincent Kompany

Wie groß die Aufgabe gegen die in ihren 13 Pflichtspielen dieser Saison noch makellosen Bayern ist, erklärte der Kölner Trainer mit der „Gier“, die das Team von Trainer Vincent Kompany an den Tag legt: „Man muss sich nur die Läufe der Jungs nach einem Spiel anschauen, die nicht gespielt haben. Die sprinten voller Hingabe. Das ist ein extremer Fokus und die große Kunst eines Trainers, das so in eine Mannschaft reinzupressen, mit Spielern, die alle schon erfolgreich gewesen sind.“

Kompany   ist nicht nur deshalb ein Vorbild für Lukas Kwasniok. „Er hat diese Gier, die er jetzt als Trainer auf Titel hat und schon als Spieler verkörpert hat, in eine Mannschaft reingetragen, die ein Stück weit satt gewesen ist. Er hat in der Arbeit gegen den Ball eine Identität geschaffen, die Bayern lassen einem keine Luft zum Atmen und es gibt kein Pardon. Darum verteidigt manchmal auch ein Harry Kane am eigenen Strafraum.“

Auch menschlich hält der FC-Trainer große Stücke auf Kompany: „Ich habe ihn auf einer Fortbildung kennengelernt. Er ist unfassbar sympathisch und hat aus dem Nähkästchen geplaudert. Du hast zugehört, mit großen Augen und da steht so ein Bär, ein Riese, aber ein ganz weiches Herz, habe ich das Gefühl. Und deswegen: Ich wäre gerne er.“

Ron-Robert Zieler ist ein Gamechanger

Lukas Kwasniok wird aber Lukas Kwasniok bleiben und sich überlegen, wie er seine Dreierkette nach dem Ausfall von Timo Hübers aufstellt. Wohl sicher mit Eric Martel und wohl auch mit Tom Krauß, obwohl Cenk Özkacar seinen Blessuren aus Dortmund insoweit überstanden hat, dass er am Mittwoch spielen kann.

Feststeht, dass Ron-Robert Zieler gegen die Bayern im Tor stehen wird und mit der Kapitänsbinde die Aufgabe angeht, eine überragende Leistung zeigen zu müssen: „Ron ist für uns ein Gamechanger gewesen in der Gesamtentwicklung der Mannschaft, was Leistungs- und Erfolgskultur angeht. Er ist Weltmeister und weiß, wie man die ganz großen Titel gewinnt“, lobte Kwasniok seine Nummer zwei und erklärte: „Ron lebt das jeden Tag vor und die Jungs, die hinten dran sind, können gar nicht anders als mitzuziehen. Wenn das einer mit Ü30 vorlebt, kann ein Spieler mit 24 nicht sagen: Ich spiele nicht so häufig und mache weniger.“ Alle sollten sich an Zieler orientieren – und an der Begeisterung ihres Trainers an der Außenseiterrolle.


Voraussichtliche Aufstellungen:

1. FC Köln: Zieler; Schmied, Martel, Krauß; Sebulonsen, Huseinbasic, Johannesson, Lund; Kaminski, El Mala, Bülter. – FC Bayern München: Urbig; Guerreiro, Upamecano, Tah, Laimer; Kimmich, Pavlovic; Olise, Gnabry, Luis Diaz; Kane. – SR.: Welz (Wiesbaden).