Der Fall Tim Lemperle beherrscht beim 1. FC Köln vor dem letzten Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga die Nachrichtenlage. Dabei sollte der mögliche Aufstieg im Vordergrund stehen.
1. FC KölnVor dem Aufstiegsfinale herrscht das große Schweigen

FC-Kapitän Timo Hübers (l.) und Stürmer Tim Lemperle.
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Timo Hübers wusste natürlich, was kommen würde und war entsprechend vorbereitet. „Ich sage nichts zu Tim Lemperle“, erklärte der Kapitän des 1. FC Köln und blieb auch standhaft, als die Reporterschar nach dem Training am Mittwoch im Franz-Kremer-Stadion mehrfach nachfragte. „Wir können am letzten Spieltag aufsteigen, also tut mir den Gefallen und stellt Fragen zum Sport und zu irgendwelchen Themen drumherum. Deswegen bin ich hier.“
Ein frommer Wunsch, denn kein anderes Thema bewegt die Stadt Köln in diesen Tagen mehr, als der Eklat um den jungen Tim Lemperle. Jeder möchte mitreden, jeder weiß etwas über die Geschehnisse am Sonntag auf dem Partyschiff „Rhein Roxy“, an deren Ende der FC-Stürmer eine gebrochene Nase und eine Gehirnerschütterung davontrug, nachdem ihm sein Kontrahent nach einer verbalen Auseinandersetzung ins Gesicht geschlagen hatte.
Es ist davon auszugehen, dass Friedhelm Funkel am Freitag auf der Spieltagspressekonferenz die entscheidenden Aussagen treffen wird. Und es ist nicht auszuschließen, dass sich der FC-Trainer gegen eine Freistellung Lemperles ausspricht und ihn lieber bei der Mannschaft sieht — ob er nun selbst spielen kann oder nicht. „Ich habe die Mannschaft als echte Einheit wahrgenommen, die Tim jetzt auch nicht verurteilt. Tim wiederum weiß, dass er einen Fehler gemacht hat“, sagte der 71-Jährige dem Stadtanzeiger.
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Ob der 1. FC Köln Lemperle und sich selbst mit einer solchen, zumindest im Raum stehenden, Entscheidung einen Gefallen tun würde, darf und wird diskutiert werden. Zumal nicht nur Timo Hübers in dieser Woche mehr damit beschäftigt ist, den Fokus weg von Alkohol-Partys und körperlichen Auseinandersetzungen hin zum möglichen Bundesliga-Aufstieg zu richten. Der FC-Kapitän selbst hatte nach den Karnevals-Eskapaden, an denen neben Linton Maina auch der zu dieser Zeit verletzte Lemperle und Leart Pacarada beteiligt waren, noch öffentlich dazu aufgerufen, dass „so etwas, nicht mehr vorkommen dürfe“.
Das Problem blieb in der Welt und hat nun in dieser Woche höchst bedenkliche Ausmaße angenommen. Immerhin spricht die Stadt viel mehr über Tim Lemperle als über den doch so ersehnten, sofortigen Wiederaufstieg des FC. Verlieren die Geißböcke am Sonntag nicht gegen den Ex-Club von Friedhelm Funkel, hat doch ganz Fußball-Köln einen Grund zu feiern und kann Tim Lemperle eine sorgenfreiere Zukunft als Profi wünschen.
Ich habe beim FC in der Saison 2021/22 bei der Qualifikation für den Europapokal miterlebt, was da los ist.
„Uns erwartet eine überragende Stimmung. Das ist ja sowieso das, was den Standort hier auszeichnet. Ich habe beim FC in der Saison 2021/22 bei der Qualifikation für den Europapokal miterlebt, was da los ist. Ich gehe davon aus, dass ein Aufstieg in ähnliche Sphären vorstoßen würde. Deswegen ist die Vorfreude groß“, sagte Timo Hübers.
Erinnerungen, die für den 28-Jährigen und seine Teamkollegen als Motivationsspritze wirken könnten: „Wir sollten uns vergegenwärtigen, was wir schaffen können. Bei einem Blick in den Rückspiegel hätte sich vor einem halben Jahr wohl jeder solch ein Saisonfinale gewünscht.“
Siebter Bundesliga-Aufstieg für den FC und für Funkel ist möglich
Der Kölner Abwehrchef brachte ferner zum Ausdruck, dass es der Mannschaft auch darum geht, die Schmach des Abstiegs im vergangenen Jahr zu tilgen: „Wir wollen nicht nur den Fans etwas zurückgeben, sondern auch uns selbst. Wir wollen uns beweisen, dass wir zu den beiden besten Mannschaften dieser Liga gehören und dann nächste Saison hoffentlich wieder da spielen, wo sich der Verein und sein ganzes Umfeld ja auch sieht.“
Auch, wenn die traurige Geschichte mit Tim Lemperle unweigerlich ihren Platz in der Historie des an Skandalen reichen FC findet, wird am Ende der siebte Bundesliga-Aufstieg sowohl für die Kölner als auch für ihren „Rettungstrainer“ Friedhelm Funkel einen größeren Platz einnehmen. Am Ende ist es doch meistens so, dass die schönen Momente mehr in Erinnerung bleiben als die weniger schönen. „Wenn ich zurückblicke, war das Abstiegsjahr natürlich nicht schön. Ich glaube, deswegen habe viele von uns auch gesagt, okay, wir bleiben hier. Wenn jetzt am Ende dabei der Aufstieg herausspringt, dann können wir uns alle einmal dick anlächeln“, lautete Timo Hübers Schlusswort am Mittwoch.