Hector, Horn und SkhiriTag des Abschieds beim 1. FC Köln

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1.FC Köln vs. Hertha BSC Berlin, 32. Spieltag, 12.05.2023, 20.30 Uhr, Geburtstagsständchen für Timo Horn (1. FC Köln), rechts: Jonas Hector (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Letzter Auftritt: Timo Horn (l.) und Jonas Hector verlassen den 1. FC Köln.

Der Abschied naht. Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri spielen am Samstag das letzte Mal für den 1. FC Köln.

Der 27. Mai 2023 ist beileibe kein Tag wie jeder andere in der langen Club-Historie des 1. FC Köln. Und nicht etwa, weil am Samstag der Kampf um die deutsche Fußball-Meisterschaft in Müngersdorf mit entschieden wird und die Geißböcke in ihrem Duell mit dem FC Bayern München das Zünglein an der Waage sein können. Es geht um etwas viel Größeres, um die letzte Vorstellung von zwei FC-Ikonen und eines außergewöhnlichen Spielers, dessen Name in der Zukunft noch oft genannt werden wird, wenn es darum geht, den Erfolg der vergangenen beiden Jahre in Worte zu fassen.

Der schmerzhafte Abschied und die großen Emotionen rücken unaufhaltsam näher: Kapitän Jonas Hector, Torwart Timo Horn und Ellyes Skhiri tragen am 27. Mai 2023 zum letzten Mal das Geißbock-Trikot.

Jonas Hector

Seit jenem einschneidenden 22. April 2023 in Sinsheim ist viel über Jonas Hector gesprochen und geschrieben worden. Nach seinem Geschmack vermutlich zu viel,   denn er hat nach dem 3:1-Sieg seines 1. FC Köln bei der TSG 1899 Hoffenheim lediglich eine Entscheidung getroffen, vor der jeder Fußball-Profi eines Tages steht. Hector verkündete in der Kabine sein Karriereende. Ausgerechnet an einem Ort, der für ihn nicht nur mit positiven Erinnerungen verbunden ist. Ein Moment, den sein aktueller Trainer Steffen Baumgart als einen beschrieb, der bleibt. Sofern das möglich ist, also einer, der mehr als besonders war. Und Baumgart hat sicher schon viele besondere Momente in seiner Karriere als Spieler und Trainer erlebt. Besonders ist auch das Stichwort, wenn die Rede auf den am 27. Mai 1990 in Saarbrücken geborenen Hector kommt. „Jonas ist angenehm anders. Er setzt seine eigenen Prioritäten und ist sicher kein Mainstream-Junge“, sagte sein ehemaliger Trainer Peter Stöger dieser Tage. Was der Österreicher damit ausdrücken möchte? Hector hat sich dem Profi-Geschäft nie angepasst, ist immer seine eigenen Wege gegangen und trotzdem extrem erfolgreich gewesen. Er hat das Spiel geliebt und dem Drumherum, wann immer es möglich war, den Rücken zugekehrt. Nachdem sein Abschied öffentlich war, gab er lediglich dem Magazin „11 Freunde“ ein Interview. Seine bisweilen aufreizende Distanz gegenüber den Medien und seine legendären TV-Interviews nach Spielen sind Teil seines Charakters als Profi.

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Ich gehöre zum FC.
Jonas Hector, FC-Kapitän 2018 nach seiner Vertragsverlängerung

Im Verein nennen sie ihn nicht nur „Schlaubi“ oder „Capitano“ sondern auch „unseren Leistungskapitän“. Einer, der mit Taten vorangeht und die anderen darüber in der Öffentlichkeit sprechen lässt. Wie nach dem unerwarteten 2:1-Heimsieg gegen RB Leipzig am Ende der Saison 2020/21. Hector nahm es gefühlt allein mit den übermächtigen Leipzigern auf, war überall auf dem Platz zu finden, erzielte beide Treffer und sorgte so dafür, dass der FC am Ende über die Relegation den Klassenerhalt schaffte. Der Linksverteidiger, dessen einzigartige 180 Grad-Drehung mit Ball am Fuß ein Patent verdient hätte, hat seit seinem Profidebüt vor zehn Jahren für keinen anderen Club gespielt und im Moment des bitteren Abstiegs 2018 seinen Vertrag um bis 2023 verlängert. „Ich gehöre zum FC“, sagte er damals. Das lässt hoffen, dass Jonas Hector auch künftig am Geißbockheim zu sehen sein wird. Deshalb soll Peter Stöger noch einmal zu Wort kommen: „Es überrascht mich nicht, dass Jonas seine Karriere beendet. Es würde mich bei ihm aber auch nicht überraschen, wenn er irgendwann mal eine andere Idee hat.“

Timo Horn

21 Jahre 1. FC Köln. Kein anderer Spieler des Clubs hat länger das Geißbock-Trikot getragen als Timo Horn. Und wenn der mittlerweile 30-Jährige es hätte bestimmen können, wären noch ein paar Jahre hinzugekommen. „Ich hatte ursprünglich auch mal die Idee, ein Leben lang beim FC zu bleiben“, sagte er im Podcast von Radio Köln. Ein Gedanke, an dem es lange Jahre keine Zweifel gab. Der gebürtige Kölner war seit seinem Profi-Debüt 2012 unangefochtene Nummer Eins im Tor des FC. Der nächste Sprössling aus der Kölner Torwartschule, die   zuvor schon Legenden wie Toni Schumacher und den Weltmeister Bodo Illgner ausgebildet hatte.

Mein Anspruch ist es zu spielen.
Timo Horn, Torwart 1. FC Köln

Dann kam im Spätherbst 2021 seine zweite größere Verletzung und die Dinge entwickelten sich anders als geplant. Marvin Schwäbe entthronte Horn, der seitdem nur noch zweimal in einem Pflichtspiel zwischen Pfosten stand. „Ich bin im besten Torwartalter. Mein Anspruch ist es zu spielen“, tat Horn der Status als Nummer Zwei weh. Deshalb hat er ein neues Vertragsangebot des FC abgelehnt und sucht eine neue Herausforderung. Wohin Horns Weg führt, ist noch offen. Im Herzen aber wird er nach 329 Bundesligapartie für die Kölner immer ein Geißbock bleiben. „Es wird hart, die Jungs und den Verein zu verlassen, weil ich fast mein ganzes bisheriges Leben hier verbracht habe. Der Verein ist ein Teil von mir, ich werde immer FC-Fan bleiben.“

20.05.2023, Bremen: Fußball: Bundesliga, Werder Bremen - 1. FC Köln, 33. Spieltag, wohninvest Weserstadion. Kölns Ellyes Skhiri am Ball. Foto: Carmen Jaspersen/dpa - WICHTIGER HINWEIS: Gemäß den Vorgaben der DFL Deutsche Fußball Liga bzw. des DFB Deutscher Fußball-Bund ist es untersagt, in dem Stadion und/oder vom Spiel angefertigte Fotoaufnahmen in Form von Sequenzbildern und/oder videoähnlichen Fotostrecken zu verwerten bzw. verwerten zu lassen. +++ dpa-Bildfunk +++

Ellyes Skhiri am Ball. Der Unersetzlich verlässt den FC.

Ellyes Skhiri

Es ist tatsächlich so, dass Ellyes Skhiri in diesen Tagen der großen Veränderungen im Kader des 1. FC Köln nur eine Nebenrolle spielt, schon fast nur beiläufig erwähnt wurde. Was wenig verwundert, denn zum einen ist sein Abschied noch nicht offiziell und zum anderen hat der 28-Jährige im Vergleich zu Hector und Horn nach seinem Wechsel aus Montpellier nur vier Jahre für den FC gespielt. Skhiri spielt meistens unauffällig. Zumindest für das ungeschulte Auge, denn was der 54-fache tunesische Nationalspieler und WM-Teilnehmer   als Sechser leistet, ist oft einfach nur Weltklasse.   FC-Stadionsprecher Michael Trippel nennt Skhiri den „Unersetzlichen“. Mit Recht, denn „Flaco“ spult als laufstärkster Spieler der Liga durchschnittlich mehr als zwölf Kilometer pro Partie ab. Skhiri ist nicht nur ein Muster-Profi, sondern als defensiver Mittelfeldspieler auch FC-Toptorschütze in dieser Saison. Sein Abgang nach dann 133 Pflichtspielen (20 Tore/8 Vorlagen) wird die Kölner schmerzen – wohin auch immer es ihn zieht. Und sicher nicht allein deshalb, weil Skhiri nach Ablauf seines Vertrages ablösefrei geht. Sondern vielmehr, weil es so einen Spieler in Köln wirklich lange nicht mehr gegeben hat.


Aufregung beim Abschlusstraining des 1. FC Köln: Cheftrainer Steffen Baumgart zog sich am Freitag beim Torschuss am hinteren, rechten Oberschenkel möglicherweise eine Muskelverletzung zu. Sein Einsatz an der Seitenlinie am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC Bayern München ist aber nicht gefährdet, wie er dem „Express“ mitteilte: „Bevor ich mir so ein Spiel entgehen lasse, muss viel mehr passieren.“ Der 51-Jährige ist auf jeden Fall voller Vorfreude auf das Duell mit dem noch amtierenden Meister im mit 50 000 Zuschauern restlos ausverkauften Rheinenergiestadion: „Wer gegen die Bayern nicht motiviert ist, ist fehl am Platz.“ Egal, wie die sportliche Situation sich darstellt. Der FC-Coach findet zudem großen Gefallen daran, dass der letzte Bundesliga-Spieltag der Saison 2022/23 vor Spannung fast platzt. „Wann hat es so etwas denn zuletzt gegeben? Es ist doch schön zu sehen, dass die Liga dichter zusammengerückt ist. Das hat vor der Saison keiner so erwartet.“ Baumgart will nichts davon wissen, dass die ausstehenden Entscheidungen im Titelkampf, die Vergabe der Europapokalplätze und die Abstiegsfrage nur etwas mit den schwächelnden Bayern oder Glück zu tun haben: „Über eine gesamte Saison gesehen, lügt die Leistung nicht.“ 

Voraussichtliche Aufstellungen:

1. FC Köln: Schwäbe; Schmitz, Hübers, Chabot, Hector; Martel, Skhiri; Ljubicic, Kainz, Maina; Selke. – FC Bayern München: Sommer; Mazraoui, Pavard, de Ligt, Joao Cancelo; Kimmich, Goretzka; Coman, Musiala, Gnabry; Müller. – SR.: Jablonski (Bremen).

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