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Jonas Urbig trifft auf Heimatclub
„Es war ein turbulentes halbes Jahr beim 1. FC Köln“

7 min
Das Kölner Eigengewächs Jonas Urbig steht seit Januar 2025 beim FC Bayern München unter Vertrag.

Das Kölner Eigengewächs Jonas Urbig steht seit Januar 2025 beim FC Bayern München unter Vertrag.

Jonas Urbig spricht im Rundschau-Interview über seinen Wechsel zum FC Bayern München, seine Rolle an der Seite von Manuel Neuer und das DFB-Pokalspiel gegen seinen Heimatclub 1. FC Köln.

Es ist kein Spiel wie jedes andere für Jonas Urbig (22). Mit dem Pokalduell beim 1. FC Köln kehrt der Torhüter des FC Bayern München und Vertreter des rotgesperrten Manuel Neuer am Mittwoch (20.45 Uhr, ARD und Sky) erstmals in seine Heimat zurück. Im Vorfeld gab er Tobias Carspecken sein erstes großes Interview als Profi des Rekordmeisters.

Herr Urbig, wie geht es Ihnen nach Ihrer Verletzungspause?

Mir geht es sehr gut. Ich habe mich nach meinem Faserriss schnell erholt. Ich bin gesund und fit, bei 100 Prozent.

Ihr Wechsel nach München ist nun ein Dreivierteljahr her. Wie haben Sie sich beim FC Bayern und in der Stadt eingelebt?

Ich habe mich sehr gut eingelebt. Die Mitspieler, das Trainerteam, aber auch die Mitarbeiter haben es mir sehr leicht gemacht, mich wohlzufühlen und anzukommen. Ich habe relativ schnell viel gespielt (Stammtorwart Manuel Neuer fiel im Frühjahr durch eine Muskelverletzung zwei Monate aus; d. Red.). Das verkürzt die Integrationszeit. Privat bin ich auch gut angekommen. Das hat alles sehr gut geklappt.

Wie nehmen Sie die Größe dieses Weltclubs wahr?

Der FC Bayern ist ein großer Club, ganz klar. Ich freue mich, ein Teil dieses Vereins zu sein und mit den Besten gemeinsam auf dem Platz zu stehen. Das ist etwas Besonderes.

Haben Sie das „Mia san mia“-Gefühl schon verinnerlicht?

Ich finde schon. Wenn wir öffentliche Trainingseinheiten haben, merkt man noch einmal ganz besonders, wie viele Fans der FC Bayern hat. Das ist ein schönes Gefühl. Wir nehmen uns dann gerne viel Zeit für die Fans.

Welche Gefühle sind Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie im Mai erstmals die Meisterschale hochhalten durften?

Es war die Erfüllung eines Traums. Dadurch, dass ich in der Rückrunde viele Spiele gemacht habe, konnte ich auch einen Teil zum Titel beitragen. Auch wenn es nicht die erste Meisterschaft meiner Karriere war (schmunzelt). Den Titel mit der U17 des 1. FC Köln möchte ich auch nicht vergessen.

Erster großer Titel als Profi: Bayern-Torwart Jonas Urbig reckt im Mai die Meisterschale in die Höhe.

Wie war das für Sie, als Kölner Eigengewächs ausgerechnet in Leverkusen Ihr Debüt in der Champions League zu feiern?

Der Moment an sich war besonders. Ein Achtelfinale in der Champions League war für mich ein neues Erlebnis. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Da habe ich gar nicht groß über Leverkusen nachgedacht.

Sie stehen täglich mit Weltstars wie Harry Kane auf dem Trainingsplatz. Was nehmen Sie als junger Profi aus den Einheiten mit?

Wir haben viele sehr gute Spieler. Dadurch lernt man jeden Tag. Ein Harry Kane schlägt aktuell mit seiner Performance seine eigenen Bestmarken. Da kann man sehr viel von lernen – zum Beispiel, wie gut und präzise er im Abschluss ist. Mit Manu (Neuer), Sven (Ulreich) und den jungen Torhütern haben wir ein wirklich fantastisches Torwartteam. Der Austausch und die Zusammenarbeit sind sehr, sehr gut.

Der FC Bayern hat den Vertrag mit Trainer Vincent Kompany kürzlich bis 2029 verlängert. Wie erleben Sie die Arbeit mit ihm?

Er ist ein wirklich toller Trainer und ein toller Mensch. Man merkt einfach, dass er jeden Spieler besser machen möchte. Er nimmt jeden mit, jeder fühlt sich integriert. Jeder ist wichtig für das Team. Da merkt man, dass er auch als Spieler auf tolle Stationen zurückblickt und bei Manchester City große Erfolge gefeiert hat. Er hat einen sehr guten Draht zur Mannschaft. 

Sie sollen sich zunächst an der Seite von Manuel Neuer entwickeln. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Unser Verhältnis ist gut, wir arbeiten gut zusammen. Es ist mir aber wichtig, zu betonen, dass wir im gesamten Torwartteam ein gutes Verhältnis zueinander haben. Wir gehen bei der Arbeit ins Detail. Da haben Manuel und Sven einfach unglaublich viel Erfahrung, von der ich sehr viel mitnehmen kann.

Neuers Vertrag läuft im Sommer 2026 aus. Wie gehen Sie mit der offenen Zukunftsentscheidung Ihres Torwartkollegen um?

Das sind Sachen, mit denen ich mich gar nicht so beschäftige. Weil es mir auch gar nicht zusteht, zu kommentieren, was Manu für eine Entscheidung trifft, was der Club für eine Entscheidung trifft. Ich konzentriere mich auf die tagtägliche Arbeit mit Manu, dem Torwartteam und der Mannschaft.

Welchen Plan hat der FC Bayern mit Ihnen besprochen?

Ich bin vor knapp einem Jahr zum FC Bayern gewechselt, habe mich an der Seite meiner Torwartkollegen weiterentwickelt und bin schnell zum Spielen gekommen. Der Plan ist, diese Entwicklungsschritte weiterzugehen. Also: Täglich daran zu arbeiten, besser zu werden. Nur das zählt für mich. Über alles Weitere mache ich mir keine Gedanken.

Beim FC Bayern München soll Jonas Urbig sich an der Seite von Ex-Nationaltorwart Manuel Neuer (l.) entwickeln.

Sie haben alle Junioren-Nationalteams durchlaufen. Bleibt die A-Auswahl ein Ziel für Sie?

Natürlich ist das perspektivisch ein Ziel von mir. Trotzdem denke ich in der aktuellen Phase auch über die Nationalmannschaft nicht nach. Weil es darum geht, von den Besten zu lernen, alle Details herauszupicken, sich einfach diese Gier beizubehalten, besser zu werden und zu lernen. Dann bin ich davon überzeugt, dass alles Weitere mit der Zeit kommen wird. Eins nach dem anderen.

Das erste Jahr bei den Bayern ist also so verlaufen, wie Sie es sich erwünscht haben?

Ich habe schon fast 15 Spiele gemacht für den FC Bayern in einer sehr, sehr kurzen Zeit, in die auch der Gewinn der Meisterschaft fiel. Darauf bin ich stolz. Umso größer ist aber der Hunger, dass ich mich weiterentwickele.

Haben Sie noch Kontakt nach Köln?

Mit Eric (Martel) und Jan (Thielmann) hatte ich Kontakt über die U21-Nationalmannschaft. Mit beiden Jungs bin ich weiterhin im Austausch.

Wie bewerten Sie die Entwicklung des FC?

Ich habe mich gefreut, dass der FC es geschafft hat, aufzusteigen. Das ist für den Verein, für die Stadt etwas ganz Wichtiges gewesen. Der FC hat sich weiterentwickelt und macht es in der Bundesliga gerade auch wirklich gut. Daher nehme ich die Entwicklung aus der Ferne positiv wahr.

Bleibt Ihnen als Bayern-Profi noch Zeit dafür, die FC-Spiele zu verfolgen?

Immer, wenn ich Zeit habe, schaue ich mir die Spiele an.

Was trauen Sie dem FC in dieser Saison zu?

Das ist für mich schwer zu beurteilen, weil ich ja nicht mehr hinter die Kulissen blicke. Für einen Traditionsverein wie den FC und für die Bundesliga ist es aber wichtig, dass der FC wieder erstklassig ist.

Durch die Rot-Sperre von Manuel Neuer werden Sie am Mittwoch im Tor stehen. Was ist Ihnen bei der Pokal-Auslosung durch den Kopf gegangen?

Ich freue mich auf das Spiel, das ist doch klar – auch wenn ich jetzt nicht speziell auf den FC als Gegner gehofft habe. Ich habe die Auslosung ganz neutral verfolgt.

Elfmal hütete Jonas Urbig das Tor der FC-Profis, ehe er nach dem Kölner Fehlstart in die Zweitliga-Saison 2024/25 den Platz zwischen den Pfosten an Marvin Schwäbe zurückgeben musste.

Welche Gefühle verbinden Sie mit Ihrer erstmaligen Rückkehr?

Der FC ist mein Jugendverein. Ich bin beim FC groß geworden und kenne noch viele Personen im Club. Dennoch gehört das der Vergangenheit an. Ich bin jetzt Spieler des FC Bayern München, und unser Ziel lautet, das Spiel zu gewinnen und in die nächste Runde einzuziehen. Darauf liegt die Priorität, auch für mich. Natürlich ist die Rückkehr nach Köln etwas Besonderes für mich. Aber ich möchte, dass es gar nicht so viel um mich geht. Es soll um unsere Mannschaft gehen und um unser Ziel, in die nächste Runde zu kommen. Da sind Gefühle und Emotionen zweitrangig.

Werden viele Verwandte und Freunde im Stadion sein?

Ich denke schon, dass der eine oder andere von meiner Seite aufschlagen wird (schmunzelt). Ich freue mich, sie wiederzusehen.

Die Vorfreude in Köln ist riesig. Der FC hätte mehr als 200.000 Karten verkaufen können. Was für ein Spiel erwarten Sie?

Ich erwarte ein gutes Spiel gegen einen guten Gegner vor lauten Fans. Der FC ist gut in die Saison gestartet. Wir bereiten uns – wie auf jedes Spiel – äußerst konzentriert und hochprofessionell vor.

Der FC Bayern konnte den DFB-Pokal nach 2020 nicht mehr gewinnen. Sind die Sinne dadurch noch mehr geschärft?

Der Anspruch des FC Bayern ist es, jede Saison jeden Titel zu gewinnen. Nach diesem Maßstab wird auch trainiert und sich auf die Spiele vorbereitet. Um alle Titel zu gewinnen, müssen in der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Champions League möglichst alle Spiele gewonnen werden. In diesem Verein herrscht immer Anspruchsdenken und Druck. Aber diesem Druck ist die Mannschaft gewachsen. Diesem Druck bin auch ich gewachsen.

Weil das Ihrer Mentalität entspricht?

Ich will immer gewinnen, das ist ganz klar. Es ist von klein auf meine Mentalität, alles zu gewinnen. Das passt gut zum FC Bayern, der auch jedes Spiel gewinnen will.

War für Sie sofort klar: Der FC Bayern ist die Chance meines Lebens?

Die sportliche Situation in Köln war zum damaligen Zeitpunkt schwieriger. Wenn dann der große FC Bayern anklopft, ist vielleicht auch nicht so viel falsch gelaufen (schmunzelt). Als das Angebot kam und der Wechsel geklappt hat, habe ich mich natürlich sehr darüber gefreut.

Wie blicken Sie mit einem Jahr Abstand auf die Hinrunde der Zweitliga-Saison 2024/25 zurück, in der Sie nach dem Fehlstart des FC den Platz im Tor an Marvin Schwäbe zurückgeben mussten?

Es war ein turbulentes halbes Jahr. Dennoch habe ich mir beim FC mein Ziel verwirklichen können, vor 50.000 Fans im Rhein-Energie-Stadion aufzulaufen. Darauf bin ich nach wie vor stolz. Die positiven Verbindungen bleiben.

Hätten Sie sich als Eigengewächs dennoch mehr Rückendeckung von den damaligen Verantwortlichen gewünscht?

Es ist müßig, jetzt im Nachhinein noch mal darüber zu sprechen. Von den Spielen, die ich für den FC gemacht habe, waren viele gute dabei. Nach der Umstellung auf ein defensiveres System habe ich leider kein Spiel mehr gemacht, um mich beweisen zu können. An meiner Verbundenheit zum FC ändert das aber nichts. Das habe ich ganz klar voneinander getrennt. Ich habe viel daraus gelernt, das Kapitel ist abgehakt. Ich bin jetzt Spieler des FC Bayern und blicke voller Vorfreude nach vorne.