Der Mitgliederrat des 1. FC Köln schlägt Jörn Stobbe (59), Ulf Sobek (53) und Jörg Alvermann (53) zur Wahl des neuen Vorstands vor. Jens Meifert, Tobias Carspecken und Martin Sauerborn trafen das Trio in der Rundschau-Redaktion zu einem ersten Gespräch.
Vorstandswahlen 1. FC Köln„Wir wollen den Fahrstuhl abbauen“

Das Vorstandstrio des FC-Mitgliederrats: (v.l.) Ulf Sobek, Jörn Stobbe und Jörg Alvermann.
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Herr Stobbe, Sie wollen Präsident des 1. FC Köln werden. Was prädestiniert Sie für dieses Amt?
Stobbe: Ich drücke es lieber so aus, dass wir drei als Team die Geschicke des FC leiten wollen. Ja, die aktuelle Satzung sieht vor, dass es einen Präsidenten gibt, aber wir wollen den Verein als Team rocken.
Finden Sie den Begriff Präsident für einen modernen Fußballclub und in einer Stadt wie Köln noch zeitgemäß? Würde Vorstandsvorsitzender nicht besser passen?
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Stobbe: Das stimmt. Insofern sehen wir uns als Vorstandsteam.
Alvermann: Eines unserer Themen ist eine Satzungsreform. Die Bezeichnungen Präsident und Vizepräsidenten sind nicht das drängendste Anliegen, aber es spiegelt unsere Herangehensweise wider. Wir haben uns nicht umsonst unter der Bezeichnung „Team FC“ zusammengetan und bewerben uns um ein Vorstandsamt. Der Begriff Präsidium kommt aus einer Zeit, die nicht wiedergibt, was wir wollen. Der FC hatte immer mal wieder das Problem, dass innerhalb der Gremien nicht miteinander, sondern manchmal auch gegeneinander gearbeitet wurde. Wenn man mit einem Mitgliederrat zusammenarbeiten möchte, mit einem Aufsichtsrat, mit einem Beirat und da mit der Bezeichnung Präsident und Vizepräsident reinkommt, damit identifizieren wir uns nicht. Gremien fordern ein Miteinander aus und „Präsident“ ist eine Überhöhung.
Den Teamgedanken haben Sie auch bei Ihrer offiziellen Vorstellung an vielen Stellen deutlich zum Ausdruck gebracht. Wahrscheinlich auch, weil der Mitgliederrat Sie als drei Einzelkandidaten zu einem Team zusammengestellt hat. Wie wollen Sie die vielen unterschiedlichen Stimmen, die es beim FC gibt, letztlich unter einen Hut bekommen?
Stobbe: Indem man sich erst einmal nicht untereinander streitet, sondern überlegt, ob es nicht gemeinsame Lösungen gibt, in denen der Kuchen nach dem Harvard-Konzept größer wird. Es geht darum, ein Interesse an der Gegenseite zu zeigen, die Menschen abzuholen und wertzuschätzen. So kann man eine Basis finden, Einigungen zu erzielen. Im Raum Köln fallen mir jede Menge Streithähne ein, die man mal an einen Tisch bringen und dann den Raum abschließen müsste. Jeder kommt dran und irgendwann gehen alle raus und sagen, war doch ganz okay – und es gibt eine gemeinsame Lösung. Diese Vorstellung hat was.
Auf den Grill, dann gewendet und nochmal gewendet. Es war immer heiß.
Noch eine Frage zum Auswahlprozess. Sie haben bei Ihrer Vorstellung gesagt, dass der Mitgliederrat Sie „gegrillt“ hat. Wie darf man sich das vorstellen?
Alvermann: Sie haben uns mit immer neuen Aufgaben unter Stress gesetzt. Wir haben uns mehrfach als Team präsentieren müssen, mit verschiedenen Themen. Wir sind nach einer Sitzung rausgegangen und dachten, es war ganz gut, und dann kam die nächste Aufgabe.
Stobbe: Auf den Grill, dann gewendet und nochmal gewendet. Es war immer heiß. Dabei haben wir uns als Team wirklich kennen- und schätzen gelernt. Ich habe ein ziemlich gutes Bauchgefühl, dass wir drei auch in kritischen Phasen gut zusammenhalten und Dinge aushalten, obwohl wir uns noch nicht so lange kennen.
Herr Alvermann, Sie haben die Satzungsreform angesprochen. Wird es beim FC mit Ihnen Dreien weniger Gremien geben?
Alvermann: Es braucht Klarheit. Jedes FC-Mitglied, jeder Fan in der Kurve und jeder, der sich dafür interessiert, muss diese Satzung und die Strukturen des FC auf Anhieb verstehen. Das ist aktuell nicht der Fall. Wir wollen die Gremienvielfalt verschlanken. Dass einzelne Personen innerhalb des FC in drei Gremien sitzen, ist für mich ein Widerspruch in sich. Zudem müssen die Bezeichnungen der Gremien auch ihren Aufgaben entsprechen. Ein Beispiel: Der Mitgliederrat ist das Aufsichtsgremium des Vorstands und sollte dann auch Aufsichtsrat heißen. Wir sind auch der Meinung, dass der Gemeinsame Ausschuss durch ein einfacheres, transparenteres Aufsichtsgremium ersetzt werden müsste. Andere Kapitalgesellschaften haben eine Geschäftsführung, darüber gibt es einen Aufsichtsrat. Punkt. Aktuell wissen auch viele Fans nicht, wer beim FC wofür zuständig ist. Die Identifikation eines Fans und eines Mitgliedes mit dem Verein und seinen Strukturen ist zentral.
Wir sind auch der Meinung, dass der Gemeinsame Ausschuss durch ein einfacheres, transparenteres Aufsichtsgremium ersetzt werden müsste.
Zweites großes Thema ist eine Änderung der Rechtsform des FC. Wollen Sie den FC in einen e.V. zurückführen?
Alvermann: Der 1. FC Köln ist seit 2001 in einer GmbH und Co-Kommanditgesellschaft auf Aktien. Also eine Rechtsform, die laut Ausgliederungsbericht darauf ausgerichtet ist, eine maximale Beteiligung Dritter zu ermöglichen. Wir sagen das genaue Gegenteil. Ich sehe einen großen Konsens aller Beteiligten, dass wir den FC vor Investoren schützen und dass wir die Beteiligung Dritter nicht haben wollen. Dann haben wir die falsche Rechtsform. Wir können das aber nicht innerhalb von zwei Wochen auflösen. Das hat vereinsrechtliche, das hat gemeinnützigkeitsrechtliche, das hat sportrechtliche Aspekte und das berührt letztlich auch bestehende Verträgen. Wir werden aber die Ersten sein, die das mit dem klaren Ziel prüfen wollen, die Rechtsform zu ändern.
Stobbe: Es gibt genügend Beispiele, bei denen aufgrund von sportlichem Misserfolg und finanziellen Problemen Klubs der Versuchung erlegen sind, sich Investoren auszuliefern. Wir wollen davor mit einer starken Satzung und klaren Strukturen schützen. Geld von Investoren ist das teuerste Geld. Die suchen sich genau die Ziele, wo sie etwas entwickeln können. Der FC braucht keine Investoren, weil er aus sich heraus stark ist, selbstständig agieren und wirtschaften kann.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation beim FC?
Stobbe: Der FC ist am 18. Mai in Leverkusen deutscher U19-Meister geworden und am gleichen Tag mit den Profis in die Bundesliga aufgestiegen. Das ist erst einmal nur Grund zur Freude. Jetzt geht es darum, den Fahrstuhl abzubauen und oben zu bleiben. Finanziell stehen wir deutlich stärker da als vorher. Wir wollen Brücken bauen und mit Klarheit, Kompetenz und Zusammenhalt nach vorne gehen. Das ist unsere Botschaft.
Zum Thema Brückenbauen: Von außen betrachtet entsteht das Gefühl, dass immer wieder Fronten zwischen FC und Stadt entstehen, obwohl sie so eng miteinander verwachsen sind. Als Beispiel sei einmal der Ausbau des Geißbockheims genannt. Wie sehen Sie das?
Alvermann: Die Stadt Köln wird sicher an manchen Stellen zu Recht kritisiert. In den Gesprächen, die ich als Vertreter im Arbeitskreis der Stadt zum Thema Geißbockheim geführt habe, ist die Stadt Köln überhaupt nicht der Verhinderer. Die Vertreter der Stadt wurden nach meiner Wahrnehmung schlichtweg von der Politik ausgebremst. Ich nehme keine Front zur Stadt Köln wahr. Alle Beteiligten müssen die Realität sehen und die hat mit den politischen Mehrheiten zu tun.
Mir ist wichtig, einen strukturierten Prozess reinzubekommen, um jeden Fall klar beurteilen und aus ihm lernen zu können.
Geißbockheim bedeutet auch Ausbau der Infrastruktur und ein neues Nachwuchsleistungszentrum. Warum hat der FC in den vergangenen Jahren trotz erfolgreicher Nachwuchsarbeit zu viele Talente ziehen lassen müssen?
Sobek: Es wäre vermessen, das von außen draufschauend zu beurteilen. Mir ist wichtig, einen strukturierten Prozess reinzubekommen, um jeden Fall klar beurteilen und aus ihm lernen zu können. Mir ist auch klar: Wir werden nie alle Talente halten können, und manchmal entwickelt sich ein Spieler viel schneller als ein Verein. Es geht darum, dass jeder Spieler, der den Verein verlässt, mit einem positiven Gefühl geht – denn eventuell kommt er zurück.
Wie interpretieren Sie Ihre Rolle?
Sobek: Es geht mir um Gedankenvielfalt. Ich kann mit allen Beteiligten auf Augenhöhe diskutieren. Weil ich die Sorgen und Nöte der Spieler und auch die der Entscheider kenne – ebenso wie die Seite der Berater. Ich möchte Anregungen geben und Eindrücke vermitteln, die ich in mehr als 20 Jahren gesammelt habe. Am Ende muss trotzdem der Sportchef entscheiden.
Herr Alvermann, wie beurteilen Sie als Sportrechtler den Fall Potocnik?
Alvermann: Es ist nicht seriös, von außen zu beurteilen, wer an welcher Stelle etwas falsch gemacht hat. Ich war bei den Gesprächen, als der Transfer zustande gekommen ist, nicht dabei. Ich weiß auch nicht, wer wann worüber informiert wurde. Fakt ist: Der FC hat gegen Statuten verstoßen, wo man im Nachhinein festgestellt hat, dass diese Statuten möglicherweise rechtswidrig waren. Fakt ist auch: Der FC hat dort einen Fehler gemacht. Zu einem funktionierenden Compliance-System gehört, dass Schutzmechanismen für solche Fälle vorhanden sind. Das hat der FC nach meiner Wahrnehmung zum damaligen Zeitpunkt nicht gehabt. Für mich als Sportrechtler und FC-Fan hat es sehr weh getan, dass alles von außen zu verfolgen.
Wäre die Transfersperre nach dem Vertragsabschluss mit dem Spieler noch zu verhindern gewesen?
Alvermann: Normalerweise ja. Ich war aber nicht dabei und kann nicht beurteilen, woran es lag, dass das hier nicht geklappt hat. Normalerweise löst man es – und ich habe solche Verfahren zigfach erlebt – durch eine Einigung der beiden Klubs. Es soll, wie in den Medien zu lesen war, auch Gespräche darüber gegeben haben. In welcher Intensität diese geführt wurden und warum eine Einigung nicht zustande gekommen ist, kann ich nicht beurteilen. Auf den Ausgang eines sportrechtlichen Verfahrens vor dem CAS zu vertrauen, ist aber — vorsichtig formuliert — gewagt. Das sagt Ihnen jeder Sportrechtler.