Nach der Trennung von Erik ten Hag setzt Bayer Leverkusen auf den kommunikativen Gegenentwurf: Kasper Hjulmand soll den Vizemeister mit behutsamer Hand aus der Krise führen.
Hjulmand startetVom „Seelsorger der Nation“ zum Krisenmanager bei Bayer 04

Bei der Arbeit: Kaspar Hjulmand am Mittwoch bei seiner ersten Einheit als Bayer 04-Trainer.
Copyright: IMAGO/Vitalii Kliuiev
Aus der Not eine Tugend machen. Dieser Ansatz zündete bei Bayer Leverkusen schon einmal. Vor knapp drei Jahren beerbte Xabi Alonso den erfolglosen Gerardo Seoane und machte die Werkself vom Abstiegskandidaten zum Double-Sieger. Nun galt es unter dem Bayer-Kreuz den gescheiterten Alonso-Nachfolger Erik ten Hag zu ersetzen, um nach nur zwei Spieltagen der Bundesliga-Saison und Platz zwölf aus der Krise zu kommen. „Kasper war der erste Anruf“, verriet Simon Rolfes bei der Vorstellung des Dänen Hjulmand als neuer Cheftrainer.
Bayer Leverkusens Trainerwechsel: Hjulmand für Erfolg
Vor zehn Tagen hatte der Geschäftsführer zugeben müssen, mit dem autoritären Niederländer ten Hag die falsche Wahl getroffen zu haben. Um den deutschen Vizemeister nach dem Bundesliga-Fehlstart wieder nach vorne zu führen, schenken die Bayer-Bosse also dem ehemaligen, dänischen Nationaltrainer (2020 bis 2024) und Mainz-Coach (2014/15) das Vertrauen. Vor allem dessen „kommunikative Art“ und seine „Prinzipien der Teamführung“ stehen konträr zum ten Hag-Stil und sollen mitten im laufenden Bundesliga-Wettbewerb und vor dem Start in die Champions League-Ligaphase helfen. Aus bewährten Topspielern und jungen Talenten müsse nun schnell ein neues Team geformt werden. „Dafür ist es wichtig, einen guten Alltag zu haben, gute Trainingsarbeit, ein gutes Miteinander“, weiß Rolfes.
Hjulmands Kommunikation als Schlüssel
Dass die Chemie mit Hjulmand und dem im Umbruch befindlichen Werksklub passen könnte, legt die Vergangenheit nahe. Trotz mehrmaligem Interesses von Leverkusener Seite kam es zwar nie einer direkten Anstellung, der Däne hatte Bayer aber seinen Nationalmannschafts-Assistenten Ismael Camenforte empfohlen und durch diesen quasi einen direkten Draht zum Werksklub. „Unsere Trainingsmethodik ist Kasper sehr gut bekannt und auch wie wir Fußball spielen wollen. Deswegen ist er eine hervorragende Wahl“, glaubt Rolfes an seinen neuen Trainer.
Alles zum Thema Fußball-Bundesliga
- 1. FC Köln Wolfsburg gegen Köln wird zum Duell der Überraschungstrainer
- 1. FC Köln Timo Hübers spürt die Leichtigkeit des erfolgreichen Auftakts
- Hockey Blackout von Jean Danneberg führt zur Niederlage von Rot-Weiss Köln
- Fußball-Bundesliga Hjulmand wird neuer Trainer bei Bayer Leverkusen
- Hockey Titeljäger auf den Trainerbänken von Rot-Weiss Köln
- Drei Topspiele So spielt der 1. FC Köln an den Spieltagen sechs bis zwölf
- Triathlon Kölner Frauen peilen die deutsche Vizemeisterschaft an
Herausforderungen des neuen Trainers
Dieser muss schnell funktionieren, um die hohen nationalen und internationalen Ansprüche nicht zu gefährden. „Das wird eine große Herausforderung“, sagte Hjulmand, der seit sechs Jahren nicht mehr im Klubfußball gearbeitet hat und zuletzt beratend für den Dänischen Verband tätig war. „Im Fußball braucht man Prozesse, man kann keinen Knopf drücken und dann spielen sie, wie du es möchtest“, bremste der 53-Jährige allzu hohe Erwartungen.
Spielstil und Potenzial in Leverkusen
Anders als beim dänischen Nationalteam, das er in 54 Spielen als Chefcoach defensiv stabil, aber nicht allzu angriffslustig einstellte, möchte er mit Leverkusen „alle Phasen des Spiels sehr gut“ gestalten. Dass es dann positive wie negative Momente geben wird, liege in der Natur der Sache: „Wir müssen hart arbeiten, um besser und besser zu werden“, hielt Hjulmand fest. Er hob das große Potenzial mit Spielern wie Exequiel Palacios, Edmond Tapsoba, Alejandro Grimaldo, Nathan Tella, Patrik Schick oder Robert Andrich hervor. Zusammen mit den jungen Neuzugängen habe man „viel Talent und Qualität“. „Hoffentlich können wir das irgendwann zum Explodieren bringen“, sagte der neue Coach.
Hjulmand als „Seelsorger der Nation“
In Dänemark hatte Hjulmand durch seinen bemerkenswerten Umgang mit Christian Eriksens Kollaps während der EM 2021 den Ruf als „Seelsorger der Nation“ bekommen. So wie er sein traumatisiertes Heimatland damals bis ins Halbfinale führte (und auch 2024 erst in der K.o.-Phase an Deutschland scheiterte), soll er nun auch die Werkself auf Erfolgskurs bringen. Auch wenn er seine größten Vereinserfolge „nur“ in der heimischen Liga mit Nordsjaelland feierte und die Bundesliga-Station beim 1. FSV Mainz 05 (als Nachfolger von Thomas Tuchel) vor zehn Jahren in einer schnellen Entlassung mündete, sieht er sich gut gewappnet. „Ich habe viel gelernt“, sprach der Neu-Leverkusener vergleichbare Situationen an. Als Nationalcoach etwa habe er auch nicht viele, gemeinsame Einheiten mit dem Team gehabt und musste „sehr präzise, die kurze Zeit auf dem Trainingsplatz nutzen“.
Sozialpädagogische Ansätze im Klubfußball
Wohl wissend, dass er bei seinem „größten Job als Klubtrainer“ ein neues Team erst formen muss, verriet er seine, fast schon sozialpädagogische Herangehensweise. „Es geht darum, Dinge zusammen zu machen und die Menschen zu ermächtigen. Dann können sie sich selbst stark fühlen“, erklärte er seinen anti-autoritären Ansatz. Konträr zu Erik ten Hag ist dieser in jedem Fall. Ob er schnell die Probleme von Bayer 04 lösen kann, wird schon Hjulmands-Premiere am Freitag (20.30 Uhr/Sky) gegen Eintracht Frankfurt zeigen.