Bis zur 88. Minute sah der FC Bayern in Madrid nach dem sicheren Sieger aus. Dann patzte erst Manuel Neuer und letztlich auch der Schiedsrichter.
„Das ist ein Desaster“FC Bayern entsetzt über Schiedsrichter in Madrid – Warum der VAR nicht eingriff
Erneut eine bittere Schlussphase für den FC Bayern in der Königsklasse: 25 Jahre nach der denkwürdigen 1:2-Finalniederlage gegen Manchester United haben die Bayern erneut ein Champions-League-Drama beim 1:2 (0:0) gegen Real Madrid im Halbfinale erlebt.
Bis zu 88. Minute hatte der deutsche Rekordmeister die Partie mit 1:0 geführt. Alphonso Davies hatte das Team von Thomas Tuchel nach einem tollen Sololauf in der 68. Minute zur Führung geschlenzt. Doch Real-Joker Joselu drehte die Partie im Bernabéu am Mittwochabend mit zwei ganz späten Toren (88./90.+1).
Ausgerechnet der bis dahin tadellos haltende Kapitän Manuel Neuer patzte schwer. Nach dem Fehlgriff des Nationaltorhüters war zunächst der Ausgleich zum 1:1 gefallen. Eine abseitsverdächtige, aber letztlich reguläre Kombination in der 91. Minute, brachte die Königlichen nur drei Minuten später in Führung. Den Bayern blieben dennoch gut acht Minuten in der Nachspielzeit, um eine Antwort zu finden.
Krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichters – Deshalb konnte der VAR nicht mehr eingreifen
Doch den Schlusspunkt setzte vielmehr eine krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Gespanns. Referee Szymon Marciniak pfiff einen Bayern-Angriff zurück, weil der Linienrichter auf einen abseitsverdächtigen Pass sofort mit einer gehobenen Fahne reagierte. Der Pfiff ertönte fast während der letzten Aktion des Angriffs von Bayern-Abwehrspieler De Ligt, der eine Direktabnahme im Real-Tor unterbrachte – zum möglichen 2:2.
Da der Pfiff so schnell erfolgte und die Aktion unterbrach, konnte der VAR die Situation nicht mehr checken. Abseits lag nach allem Anschein nicht vor. Doch eine Tatsachenentscheidung war bereits getroffen und durchgesetzt worden. Ein Vorgang, der nach dem Spiel für Ärger und Entsetzen auf der Seite der Bayern sorgte.
„Das darf nicht sein, die Aktion muss zu Ende gelaufen lassen werden“, analysierte zunächst DAZN-Experte Michael Ballack. „Es ist eine enge Entscheidung, deswegen muss er warten. Der Linienrichter muss eigentlich warten mit seiner Fahne. Warum sie hier so früh kommt, ist unerklärlich. Das war eine krasse Fehlentscheidung.“
Matthijs de Ligt: „Der Schiedsrichter hat sich entschuldigt“
Der vermeintliche Torschütze Matthijs de Ligt zeigte sich nach dem Abpfiff niedergeschlagen über sein nicht anerkanntes Tor: „Ich kann das nicht verstehen, es gibt die Regel, dass ein Angriff durchgespielt werden muss. Der Schiedsrichter hat sich auch entschuldigt. Aber das hilft uns nicht mehr.“
Der in gut zwei Wochen scheidende Bayern Coach Thomas Tuchel, der von den mitgereisten Fans lautstark besungen wurde, sah in der Szene derweil ein einziges „Desaster“. Beim zweiten Tor von Real hätten die Unparteiischen schließlich auch weiterspielen lassen, erklärte Tuchel am DAZN-Mikrofon. „Auch diese Szene muss zu Ende gespielt werden. Das ist die Regel. Den ersten Fehler macht der Linienrichter, den zweiten der Schiedsrichter. Das ist ein Regelverstoß.“
Seine Mannschaft sei nun schwer enttäuscht und sauer in der Kabine. Manuel Neuers Fehlgriff geriet da schon in den Hintergrund: „Manuel, der überragend gehalten hat, macht einen Fehler, den er in 100 Jahren nicht macht.“
Manuel Neuer: „Ich habe den Ball anders erwartet“
Der Nationaltorhüter äußerte sich zu seinem Fehler selbstkritisch: „Dass man so jetzt hier ausscheidet, ist extrem bitter. Wir haben uns schon im Finale gesehen. Ich muss sagen, dass ich den Ball (vor dem 1:1) anders erwartet habe, eher Richtung Brustkorb. Der ist dann einen Tick höher gegangen und damit habe ich nicht gerechnet, dass da ein minimaler Maulwurf drin war in dem Platz“. Und zum Schiri-Fehlgriff kurz vor Schluss: „Dass er am Ende auch einen Fehler gemacht hat, weiß er selbst.“
Auch Thomas Müller hatte zu dem bitteren Ende des Bayern-Traums von Wembley seine Meinung: „Der Pfiff des Schiedsrichters war absolut wild. Es gibt da keinen Grund, so schnell, so früh zu pfeifen. Man kann sich da jetzt reinsteigern, oder nüchtern bleiben. Aber der Stachel sitzt jetzt tief“.
Glück hatten die Bayern vor den beiden Gegentreffern gehabt, als das vermeintliche Ausgleichstor vor über 76 000 Zuschauern in der 72. Minute nach Videobeweis richtigerweise aberkannt wurde. Reals Kapitän Nacho hatte zuvor Joshua Kimmich mit beiden Händen ins Gesicht gefasst und den Bayern-Profi zu Fall gebracht. Es war der einzige Eingriff des Videoschiedsrichters. Und damit einer zu wenig.
Das Königsklassen-Finale am 1. Juni in London bestreiten nun Rekordsieger Real Madrid und Herausforderer Dortmund. Erstmals seit 2012 beenden die Bayern eine Saison ohne Titel. Und Trainer Thomas Tuchel bleibt ein triumphaler Abschied aus München verwehrt.