Telekom BasketsDer Kapitän, TJ DiLeo, feierte im Sommer seinen 30. Geburtstag

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 Heute geht er für die Telekom Baskets Bonn auf Korbjagd.

 Heute geht er für die Telekom Baskets Bonn auf Korbjagd.

Bonn – „Eigentlich ist er als Anführer geboren, aber lange Zeit war er zu schüchtern“, sagt Michael Wichterich über seinen Kapitän TJ DiLeo. Der Sportmanager der Telekom Baskets Bonn verpflichtete den heute 30-Jährigen vor der Basketball-Bundesliga-Saison 2016/17. Hier kommt die Geschichte eines bescheidenen jungen Mannes, der – ohne ihn einzufordern – viel Respekt verdient.

DiLeo ist in Düsseldorf geboren. Er ist intelligent, authentisch und professionell. Manchmal ist er aber auch scheu und wirkt hin und wieder unsicher – auf dem Parkett genauso wie abseits des Spielfelds, so wie in der aktuellen Situation mit der Corona-Pandemie. „Es kommt vor, dass ich Angst habe, weil einfach nicht klar ist, was uns in den nächsten Wochen und Monaten erwartet“, verrät er. „Deswegen nehme ich die Saison jetzt Woche für Woche, Tag für Tag – jeder Tag an dem wir Basketball spielen können, ist ein guter.“

Die beiden Profis wuchsen in Philadelphia auf, wo sie Größen wie Charles Barkley persönlich trafen.

Die beiden Profis wuchsen in Philadelphia auf, wo sie Größen wie Charles Barkley persönlich trafen.

Ein Blick auf seine bisherigen Teams und Stationen zeigt, dass DiLeo immer etwas Zeit benötigt, um aus sich herauszukommen. Erst mussten Sicherheit und ein Alltag her, dann blühte der vielseitige Sportler auf. Während seiner Zeit an der Cinnaminson Highschool in den USA spielte er im Sommer im Fußballteam der „Pirates“ und im Winter Basketball.

In seinem letzten Schuljahr 2008 wurde der Stürmer zum Kapitän seines Soccer-Teams ernannt. An der Temple University war er Rollenspieler, auch hier avancierte er in seinem Abschlussjahr 2012 zum Captain. Als er anschließend Profi wurde, benötigte er eine Saison, um in Gießen anzukommen. Trainer Denis Wucherer hatte DiLeo in der U-20-Nationalmannschaft Deutschlands bei der Junioren-Europameisterschaft in Kroatien unter seinen Fittichen.

Schon beim Fußball in der Highschool trug TJ DiLeo die Kapitänsbinde.

Schon beim Fußball in der Highschool trug TJ DiLeo die Kapitänsbinde.

Nach dem College verpflichtete er ihn gleich für die 46ers in der 2. Liga. In seinem zweiten Jahr ernannte er ihn auch dort zum Anführer. In dieser Spielzeit feierten die Gießener die Meisterschaft und den Aufstieg in die BBL. DiLeo wurde damals im April/Mai 2015 zum Spieler des Monats der zweitklassigen ProA gewählt, genau in der Zeit der Play-offs, in der er das Team in die Beletage führte.

„Veränderung fühlt sich immer komisch an“, erklärt der US-Amerikaner, der mittlerweile gut Deutsch spricht. „Ich brauche eine gewisse Normalität, um mich wohl zu fühlen.“ In Bonn hat er diese. Jedes Jahr bezieht er seine Wohnung auf dem Brüser Berg, der Flug über den Großen Teich „fühlt sich an, wie meine Heimat zu verlassen, aber gleichzeitig auch nach Hause zu kommen“.

Basketball war schon immer ein Teil seines Lebens und von Bruder Max.

Basketball war schon immer ein Teil seines Lebens und von Bruder Max.

Die Nummer elf hat am Hardtberg seine zweite Heimat gefunden. „Die Organisation, die Fans, die gewonnenen Freunde und meine Eltern, die jedes Jahr aus den USA kommen, um bei Spielen dabei zu sein – all das macht mir das Leben hier sehr leicht“, erklärt er. Mit der Region verbindet ihn mehr als der Club. Nur wenige wissen, dass er, seit er Basketball spielt, regelmäßig in Bonn und in Bad Honnef war.

„Mein Vater war früher jeden Sommer beim Basketballcamp am Hagerhof und hat mich immer mitgenommen“, schwelgt DiLeo in Erinnerungen. Für den Weg zur Menzenberger Sporthalle, in der er sich die Spiele der Dragons Rhöndorf ansieht, wenn es zeitlich passt, benötigt er kein Navi.

Von seinem College-Trainer Trainer Fran Dunphy und BBL-Coach Predrag Krunic hat TJ DiLeo am meisten gelernt.

Von seinem College-Trainer Trainer Fran Dunphy und BBL-Coach Predrag Krunic hat TJ DiLeo am meisten gelernt.

Ein Gefühl von Heimat hat er in Bonn aber auch gerade in schlechten Zeiten entwickelt. „Die Stadt, der Verein und die Menschen hier haben mir durch die schwierigen Zeiten geholfen, die wir hatten“, so DiLeo. Allein in der vergangenen Saison hatte er einiges wegzustecken. „TJ hat hier Höhen und Tiefen durchlebt. Aber gerade in den Tiefen hat er immer den Verein und sein Team über seine eigenen Ansprüche gestellt, deswegen ist er hier eigentlich nicht mehr wegzudenken“, sagt Manager Michael Wichterich.

Das Team steht für den Aufbauspieler immer im Vordergrund: „Mir ist es wichtig, mich voll und ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen, in jedem Training, jedem Spiel und jeder Saison. Damit erzielst du die besten Ergebnisse, so macht es auch am meisten Spaß.“ Dank dieser Attitüde erntet er von seinen Mitspielern schnell Respekt.

Von seinem College-Trainer Trainer Fran Dunphy und BBL-Coach Predrag Krunic hat TJ DiLeo am meisten gelernt.

Von seinem College-Trainer Trainer Fran Dunphy und BBL-Coach Predrag Krunic hat TJ DiLeo am meisten gelernt.

Diese Einstellung hat er von seinen Eltern und seinem College-Coach Fran Dunphy geerbt: „Meine Eltern haben mir beigebracht, andere Menschen wichtig und ernstzunehmen sowie mich um andere zu kümmern.“ Seine Zeit an der Temple University hat ihn noch weiter geprägt: „Mein Trainer Fran Dunphy hat unserem ganzen Team an der Uni eingebläut, dass es das A und O ist, ein guter Mensch zu sein. Er lebte uns das mit ehrenamtlicher Arbeit vor, er kannte den Namen von jedem an der Uni, und er sprach mit dem Hausmeister auf die gleiche Weise wie mit dem Dekan.“

Eine ähnlich hohe Meinung hat TJ von seinem ersten Coach in Bonn, Predrag Krunic. „Er hat mir in meiner ersten Saison bei den Baskets viel beigebracht und mir zu meinem Durchbruch verholfen“, sagt DiLeo. „Er hat immer gesagt: ,Denk einfach an einen Dunking jedes Mal, wenn du zum Korb ziehst‘.“ Als er in seinen ersten Play-offs mit Bonn 2017 zum Korb zog und den Bambergern im Telekom Dome einen krachenden Dunking durch die Reuse hämmerte, riss er die Baskets-Fans zum ersten Mal von ihren Sitzen.

Anthony DiLeo Jr.

Anthony erhielt den Namen seines Vaters, den alle nur Tony nennen – so wurde Tony Junior bereits in jungen Jahren „TJ“ gerufen. Am 22. Juni 1990 wurde er in Düsseldorf geboren. Nur fünf Monate später zogen seine Eltern mit ihm nach Cinnaminson, New Jersey, USA – ein östlicher Vorort von Philadelphia.

Zum ersten Mal in Kontakt mit Basketball kam er bereits kurz nach seiner Geburt, da Vater Tony Cheftrainer bei Saturn Köln in der Bundesliga war. Der Junior bestritt sein erstes organisiertes Basketballspiel in der lokalen Kirchengemeinde in Cinnaminson. In den USA spielen die Kinder in der „Church League“.

An der Highschool spielte er Fußball und Basketball, in seinem ersten Jahr auch Baseball. Anschließend erhielt der Kapitän der „Pirates“ Angebote von Colleges, die ihn per Teilstipendium als Fußballer verpflichten wollten. Er entschied sich für ein Vollstipendium im Basketball an der Temple Universität in Philadelphia.

Im Sommer 2013 unterschrieb er bei den Gießen 46ers (damals ProA), mit denen er in seiner zweiten Saison die Meisterschaft in der 2. Liga gewann. Nach einem Jahr BBL in Gießen wechselte er an den Hardtberg. (rom)

Dass Vater Tony und Mutter Anna ihm Basketball in die Wiege gelegt haben, steht außer Frage. Papa Tony war selbst erfolgreicher Trainer und Manager in Europa und bei den Philadelphia 76ers. Mutter Anna war deutsche Nationalspielerin und bei Agon Düsseldorf aktiv, wo die beiden sich kennenlernten. Wer nun denkt, dass er alles von seinem Vater gelernt hat, der täuscht sich. „Aufgrund des straffen Zeitplans der NBA konnte mein Dad mich und meinen Bruder Max nicht coachen.

Unsere Mum war dafür jahrelang Trainerin meiner Jugendteams.“ Von ihr hat er die ruhige und überlegte Spielweise, mit der er sich vom Rollenspieler am College zum Leistungsträger in der BBL entwickelte. In seiner ersten Saison in Bonn legte er im Schnitt 3,8 Punkte und 2,4 Assists auf. In der Spielzeit 2019/20 waren es 7,4 Zähler und 3,8 Vorlagen.

Haus in Cinnaminson erworben

Nachdem er Profi in Deutschland wurde, übernahm sein Vater (als Scout für die Washington Wizards nun mit mehr Zeit ausgestattet) die Trainingseinheiten, die er mit seinem Bruder jeden Sommer in den USA absolviert. „Das Training mit meinem Dad, der unglaublich vier Erfahrung besitzt, und meinem Bruder als Gegner, der einer der intensivsten Verteidiger der BBL ist, hilft mir jedes Jahr einen enormen Sprung nach vorne zu machen“, so DiLeo.

Familie ist dem 30-Jährigen heilig. Den Sommer verbringt er bei seinen Eltern, die heute noch Wurf-Wettbewerbe im Garten in Cinnaminson veranstalten. „Meine Mutter gewinnt immer noch jeden unserer Freiwurf-Contests“, sagt er schmunzelnd. Mit seiner Freundin Shannon hat er jüngst ein Haus in Cinnaminson erworben. Vergangene Saison war die medizinisch-technische Assistentin mit ihm in Bonn.

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Seine besten Freunde aus der Jugend gehören ebenso zur Familie. Sie waren dabei, als DiLeo im Karnevalsspiel gegen Gießen in der vergangenen Saison mit der Schlusssirene zum 112:96-Sieg traf und 6000 Jecken ihn feierten. „Das war der größte Moment meiner Karriere, besonders weil meine zwei besten Freunde in der Halle waren.“

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