Ford kommt in Köln nicht zur Ruhe. Die Auseinandersetzungen über Stellenstreichungen ist noch nicht endgültig beigelegt, da beunruhigen Gerüchte die Mitarbeitenden.
Automontage im Ford-WerkGerüchte über Streichung der 2. Schicht bei Ford in Köln

Seit dem Sommer fertigt Ford in Köln auch die Batterien für die hier montierten E-Autos
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Immer lauter wird im Kölner Ford-Werk darüber spekuliert, dass der Autobauer hier eine der zwei Schichten in der Automontage streichen könnte. Grund ist der schleppende Verkauf der beiden hier gebauten E-Autos Explorer und Capri. Ford wollte die Gerüchte am Donnerstag nicht kommentieren. Der Autobauer dementierte allerdings, dass die Geschäftsleitung die Streichung einer zweiten Schicht bereits angekündigt habe, wie online „wsws“ berichtet hatte. „Es gibt keinerlei Ankündigung über eine Streichung der 2. Schicht“, teilte Ford dagegen auf Anfrage mit. Eine generelle Absage an eine solche Maßnahme war von Ford nicht zu erhalten.
Nahrung bekommen die Gerüchte dadurch, dass das Werk bei Weitem nicht ausgelastet ist. In den ersten sieben Monaten des Jahres kamen laut dem Kraftfahrt-Bundesamt 5421 Explorer erstmals auf die deutschen Straßen sowie 1566 Capri. Traditionell hat das Werk eine hohe Exportquote. Damit dürften von Januar bis Juli in Europa etwa 25.000 bis 30.000 Explorer und Capris in Europa verkauft worden sein. Ford selbst nennt keine Zahlen.
Weniger Kölner E-Autos verkauft als geplant
Gestützt wird die Schätzung von Zahlen des Beratungsunternehmens Jato Dynamics. Das hat für die ersten sechs Monate des Jahres die erstmalige Registrierung von 18.822 Explorer in der EU, Island, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ermittelt. Damit belegt der Wagen Platz 20 unter den am meisten verkauften batterie-elektrischen Autos in Europa. An der Spitze liegt trotz starker Verluste von einem Drittel der Tesla Y mit 68.801 Neuzulassungen. Es folgen der iD 4 von VW und der Tesla 3 mit um die 40.000 Neuzulassungen.
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Autoexperten nennen mehrere Gründe für den schwächer als von Ford erwarteten Absatz. Der Autobauer sei zu spät in die E-Mobilität eingestiegen und habe mit den „amerikanischen“ Modellen wie dem „Mustang Mach-E“ auf die falsche Karte gesetzt, so der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Ford wollte auch im Design der europäischen Autos amerikanischer werden. Und außerdem sollte die Marke höher positioniert werden. Explorer und Capri sind in Preissegmenten unterwegs, die Mercedes, BMW und Volvo vorbehalten waren. Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach sieht die Marke auch durch Stellenstreichungen in den letzten Jahren belastet.
Zwei Milliarden in Köln investiert
Mit dem iD 4 und weiteren VW-Modellen teilen sich Explorer und Capri die Plattform. Antriebsstrang und Fahrwerk kommen von VW. 1,2 Millionen dieser Plattformen hatte sich Ford gesichert. Rechnerisch könnte Ford auf dieser Basis pro Jahr etwa 200.000 Autos bauen. Damit wäre das Werk ausgelastet, hatte sich Betriebsratschef Benjamin Gruschka gefreut, als das Geschäft unter Dach und Fach war.
Zwei Milliarden Dollar hat Ford in Köln investiert, um hier ein hochmodernes Werk zur Produktion von E-Autos und Komponenten zu errichten. Im Sommer 2023 haben Fords Nr. 1, William Clay Ford Jr., und der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz das Werk feierlich eingeweiht. Die Fertigung der ersten E-Autos verzögerte sich dann aber um fast ein Jahr, weil die Autos eine neue Batterie erhalten sollten.
Gefertigt wird der Explorer jetzt seit Sommer des abgelaufenen Jahres, verkauft wird er seit Herbst. Die Fertigung des Capri begann im Herbst, verkauft an Kunden wird er ab Januar. Schon bald hatte Ford Kurzarbeit eingeführt und bis zu den Weihnachtsferien nur jede zweite Woche gearbeitet. Im laufenden Jahr ruht bis Ende April an insgesamt 40 Tagen die Arbeit. Dabei gab es auch kollektiven Urlaub rund um Ostern. Außerdem wurde die Tagesbaurate von 630 auf 480 E-Autos gesenkt. Ford baut nicht auf Halde, betonte der Autobauer immer wieder. Damit ist auch die im Sommer in Betrieb genommene Batteriefertigung im ehemaligen Motorenwerk nicht ausgelastet 370 Batterien pro Schicht können hier gebaut werden. Im Zwei-Schicht-Betrieb, mit dem die Fertigung startete, wären das 740.
Zuletzt konnte Ford den Pkw-Absatz in Deutschland steigern. Die Neuzulassungen stiegen im August laut Kraftfahrt-Bundesamt um 10,6 Prozent auf 9310 Autos. Dadurch kletterte der Marktanteil in den ersten acht Monaten des Jahres auf 3,9 Prozent. Dabei war Ford einmal in Deutschland die stärkste Marke. Auch in Europa, wo Ford auch bei Pkw viele Jahre lang den Spitzenplatz belegt hatte, legte Ford zuletzt zu. Im Juli – neuere Zahlen liegen noch nicht vor — betrug das Plus 11,6 Prozent auf 35.858 Autos. In den ersten sieben Monaten des Jahres stagnierte der Marktanteil allerdings bei 3,3 Prozent.