Stefan Reindl, Professor für Automobilwirtschaft an die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen, im Rundschau-Interview über die neue Ford-Vereinbarung.
Ford in KölnExperte sieht „sehr viel strukturelle Schwäche im Unternehmen“

Prof. Dr. Stefan Reindl
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Es gibt nun eine Einigung über die Zukunft für Ford bei Köln. Ist das eine gute Nachricht?
Angesichts der aktuellen Situation ist das durchaus ein Vorteil. Hier wurde eine Ausgangsposition geschaffen, um die notwendige Restrukturierung einzuleiten, damit das Unternehmen nicht noch stärker in Gefahr kommt, als es ohnehin schon ist.
Die Rede ist von einem „wertvollen Sicherheitsnetz“. Gleichwohl werden aber betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr wie bisher ausgeschlossen. Ist das wirklich gut?
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Wenn man sich die Situation von Ford in Köln insgesamt anschaut, sind die Zukunftsperspektiven insgesamt nicht sehr gut. Und es ist wohl davon auszugehen, dass man sich alle Optionen offenhalten möchte, einerseits das Unternehmen aus eigener Kraft zu optimieren und andererseits möglicherweise einzelne Unternehmensteile dann trotzdem zu verkaufen.
Für diese möglichen Betriebsübergänge ist vereinbart, die Konditionen sollen die gleichen bleiben, und es sollen von potenziellen Käufern nachhaltige Konzepte vorgelegt werden. Wer soll bei solchen Bedingungen überhaupt Unternehmensanteile kaufen?
Das ist eben das Problem. Natürlich können eine Gewerkschaft und ein Betriebsrat solche Vereinbarungen treffen. Am Ende, wenn es denn zu einem Verkauf kommt, wird wohl keiner mehr danach fragen. Wenn es irgendwie weitergeht mit dem Unternehmen und einer gewissen Anzahl an Beschäftigten, wird man solche Vereinbarungen dann auch wieder einkassieren.
Die Gewerkschaft IG Metall legt Wert darauf, dass es einen Bonus für ihre Mitglieder gibt. Ist das hilfreich, wenn man gute Leute halten möchte?
Ob das hilfreich ist, möchte ich schon bezweifeln, weil dadurch sozusagen eine „Zweiklassengesellschaft“ etabliert wird. Und genau diejenigen, die Leistungsträger sind, sind womöglich gar keine Gewerkschaftsmitglieder. Und das könnte natürlich noch mal zu weiteren Verwerfungen führen.
In der Vereinbarung wird vor allem darauf gesetzt, dass Mitarbeitende freiwillig ausscheiden. Die dürften aber in der angespannten Automobilbranche doch kaum neue Jobs finden?
Ich denke, gerade für hoch auf den Automobilsektor spezialisierte Arbeitskräfte wird es schwierig sein, weil alle anderen Automobilhersteller und auch die Zulieferer derzeit Arbeitsplätze abbauen, um eben auch ihre Strukturen kostentechnisch zu straffen. Für diese Menschen wird es schwer, wieder einen Anschlussvertrag zu kriegen. Insofern ist das möglicherweise Wunschdenken, dass man auf sehr viele Freiwillige hofft.
Jetzt scheinen Streiks bei Ford in Köln erst einmal vom Tisch zu sein. Gleichwohl steht eine weitere Urabstimmung über diese Ergebnisse erst nach der Sommerpause an. Ist die Kuh wirklich schon vom Eis?
Nein, das glaube ich nicht. Wenn man sich jetzt vor allem das letzte Jahr bei Ford anschaut, da ist schon sehr viel strukturelle Schwäche im Unternehmen. Man ist in einer sehr schwachen Ausgangsposition für beide Varianten, ob man es aus eigener Kraft schafft, oder ob es eben darum geht, Unternehmensteile zu verkaufen, bis hin zu einem Gesamtverkauf des deutschen beziehungsweise europäischen Geschäfts.
Am Standort Köln werden keine Verbrennermotoren, sondern nur noch Elektroautos produziert. Ist das besonders zukunftsfähig?
Nach dem Wegfall der Verkaufsprämien hatten wir einen Rieseneinbruch bei der Elektromobilität. Den hat man dadurch aufgefangen, dass man großvolumige Nachlässe auf Elektroautos gegeben hat. Dadurch ist die Profitabilität dieses Geschäfts weiter eingeschränkt worden. Meines Erachtens wird sich der Markt für Elektroautomobile tatsächlich wieder erholen. Aber ob wir sozusagen den Durchbruch jetzt in ein, zwei Jahren schaffen, wage ich zu bezweifeln.