Frage des TagesBedroht Huawei die deutsche Sicherheit?

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Bedroht Huawei die deutsche Sicherheit?

  • Die Beteiligung des chinesischen Konzerns am Ausbau des 5G-Netzes ist umstritten: Die Einen befürchten Sabotage in Krisensituationen, andere loben die technische Leistungsfähigkeit des Technikriesens
  • Die Regierung ist gespalten, die Europäer sind sich nicht einig: Holt man sich mit Huawei die größte anzunehmende Gefahr in den Aufbau des künftigen Nervensystems aller Staaten, das G5-Netz, selbst hinein?
  • Eine Analyse dessen, was wirklich droht.

Berlin – 

Wenn ein Mann jede Nacht in ein Haus einzubrechen versucht, es immer wieder auch schafft, reinzukommen, wäre es dann klug, den Sohn des Einbrechers zu beauftragen, den neuen Haustürschlüssel herzustellen? Ganz so einfach ist die Frage nicht zu beantworten, ob Deutschland seine Sicherheit aufgibt, wenn es den chinesischen Konzern Huawei am Aufbau des schnellen 5G-Netzes beteiligt.

Wie schwer der Rat gleichwohl fällt, lässt sich anhand der wichtigsten staatlichen Experten auf diesem Feld beleuchten: Der Bundesnachrichtendienst (BND), der Strategie und Möglichkeiten des chinesischen Staates kennt, sagt: Keinesfalls! Das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn, das sich wie kaum eine andere Behörde mit Digitaltechnik auskennt, sagt: Warum nicht?

Sabotagepotenzial

Die Horrorvorstellung der westlichen Nachrichtendienste knüpft bei dem Sabotagepotenzial durch digitale Kriegsführung an – dem systematischen Niederringen kritischer Infrastruktur durch massive Angriffe, die die Energie- und Krankenversorgung, den Verkehr, die Telekommunikation lahmlegen. Schon im Irakkrieg vor anderthalb Jahrzehnten bewiesen die Amerikaner, dass sie harmlos wirkende Software in Gebrauchsgegenständen so präparieren können, dass sie sich selbständig macht und an einem Tag X Teile der gegnerischen Luftabwehr lahmlegt. Immer wieder gibt es Berichte, wonach auch westliche Nachrichtendienste neu erkannte Sicherheitslücken in global verbreiteter Software für ihre Zwecke nutzen. Die Annahme liegt nahe: Was wir können, werden die Geheimdienste der autoritären Systeme erst Recht tun.

Neutrale Technik

Die Technikneutralität beruht zum einen auf den Erkenntnissen des BSI, das Huawei-Produkte auf Herz und Nieren geprüft und keine eingebauten Hintertüren oder Vorkehrungen zur Zweckentfremdung finden konnte. BSI-Präsident Arne Schönbohm hält Wirtschaftsspionage generell für „kontrollierbar“ und verweist darauf, dass die Herkunft der Bauteile letztlich völlig egal dafür sei. Wer das Funktionieren einer Antenne nicht kontrollieren könne, müsse auf sie streng genommen verzichten, unabhängig davon, ob die Bauteile aus Schweden, Korea oder China gekommen sind.

Arne Schönbohm

BSI-Präsident Arne Schönbohm hält Wirtschaftsspionage generell für „kontrollierbar“.

Ausbautempo

Das Netz-Ausbautempo ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Große Konzerne wie Siemens oder Telekom wollen beim Netzausbau nicht per se auf Huawei verzichten. Dank der riesigen Entwicklungsabteilungen von Huawei sind Bauteile des Herstellers  besser und billiger als die Produkte der Konkurrenz. Mit ihren Investitionen in die Integration Künstlicher Intelligenz sind die Chinesen den Konkurrenten  voraus. Anders ausgedrückt: Ohne Huawei müsste Deutschland wohl noch Jahre in einem inakzeptablen Digitalzustand verharren. Die Europazentrale hat Huawei  bewusst in Düsseldorf angesiedelt, weil in Deutschland die höchsten Marktzugangshürden bestehen. Das sollte den Anspruch an die Qualität der eigenen Produkte markieren.

Chinesische Expansion

Die neue Seidenstraße ist das Mega-Projekt der chinesischen Regierung, das ihre weltweite Expansionsstrategie unterstreicht. Es geht dabei nicht um traditionelle Handelswege, sondern um den strategischen Zugang zu regionalen und nationalen Märkten, wie etwa über den Duisburger Binnenhafen. Wenn sie dem strategischen Ziel im Weg sind, weiß die von der Kommunistischen Partei gestellte Regierung auch Eigenmächtigkeiten von chinesischen Privatkonzernen abzuräumen. Wenn sie es für nötig hält, steckt sie auch mächtigste Konzernlenker in den Knast oder sorgt für ihre Ablösung oder ihr Einknicken.

Seidenstraße

Die  Seidenstraßeninitiative ist ein weiteres Mega-Projekt der chinesischen Regierung.

Die neue Seidenstraße steht auch für die chinesischen Versuche, ganze Staaten beeinflussen und beherrschen zu können, was in Afrika bereits weit fortgeschritten ist. Das von China spendierte Verwaltungszentrum der Afrikanischen Union merkte nach Berichten in französischen Medien erst nach Jahren, dass Nacht für Nacht große Datenmengen mit brisanten Informationen aus den wichtigsten Staaten abflossen. Ziel: Schanghai. Eingebaute Technik: Huawei. Direkter Zusammenhang: Unbewiesen.

Massive Unterstützung einzelner Staaten zahlt sich auch in Europa schon aus. Als es darum ging, dass die EU die Menschenrechtslage in China einhellig verurteilt, wurde das von Ungarn verhindert. China hat Ungarn Investitionen in Milliardenhöhe zugesagt. Und Ungarn hat entschieden, wer sein 5G-Netz mit aufbaut: Huawei.

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In dieser Gemengelage ist nicht ganz durchschaubar, was hinter der Kampfansage von US-Präsident Donald Trump an Huawei steckt.  Möglicherweise geht es Trump nur darum, die Huawei-Blockade als Druckmittel gegen Peking einzusetzen, um mehr chinesische Bestellungen von amerikanischen Produkten herauszuholen.

In der Diskussion um einen Ausschluss des chinesischen Technologiekonzerns Huawei vom Ausbau des 5G-Mobilfunks verlangt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer „belastbare Sicherheitsgarantien“. Sie habe Verständnis dafür, dass in ihrer Partei über das Thema kontrovers diskutiert werde, aber Deutschland müsse „schnell das Mobilfunknetz – vor allem 5G – ausbauen, um als Standort zukunftssicher zu sein“, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sonst werde Deutschland weiter abgehängt.

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