Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Handelsstreit mit den USAZückt die EU nun die „Handels-Bazooka“?

3 min
US-Präsident Trump ist auf einem Bildschirm auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse vor der Anzeigetafel mit der Dax-Kurve zu sehen.

US-Präsident Trump ist auf einem Bildschirm auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse vor der Anzeigetafel mit der Dax-Kurve zu sehen.

Die EU droht im Handelsstreit mit drastischen Maßnahmen gegen die USA, sollte die geplante Zollanhebung erfolgen. Auch die „nukleare Option“ wird erwogen.

Vom Zücken der „Handels-Bazooka“ ist die Rede und von der „nuklearen Option“, die man derzeit prüfe: Die Europäer schlagen im Handelsstreit mit den USA einen zunehmend harschen Ton an – und allein die Rhetorik zeigt, wie nervös sie auf den 1. August blicken. Ab dann wollen die Amerikaner einen Basiszoll in Höhe von 30 Prozent auf Waren aus der EU erheben, zusätzlich zu jenen bereits vor Monaten verhängten Sonderabgaben von 25 Prozent auf europäische Autos und Autoteile sowie von 50 Prozent auf Stahl und Aluminium, die ohnehin unverändert in Kraft bleiben. Die so überraschende wie unheilvolle Zahl 30 hatte Donald Trump den Europäern in nonchalanter Weise Mitte Juli per Brief mitgeteilt, nachdem die Unterhändler der beiden Partner eigentlich schon einen Deal vereinbart hatten. Doch der US-Präsident lehnte die mühsam ausgehandelte Lösung in Eigenregie und „wie ein Alleinherrscher“ ab, wie Kritiker im Anschluss monierten.

Brüssel enttäuscht von Trumps Tageslaune

Daumen hoch? Daumen runter? Die Tatsache, dass eine Einigung von der Tageslaune Trumps abhängt, sorgte für Ernüchterung und Frust in Brüssel. Seitdem stocken die Verhandlungen, während die Deadline immer näher rückt. Oder ist doch noch ein Durchbruch möglich? „Morgen kommt Europa“, kündigte der US-Präsident einen für Mittwoch geplanten Besuch von EU-Vertretern im Weißen Haus an.

Tatsächlich könnte der Konflikt nächste Woche zu einem handfesten Handelskrieg eskalieren. Denn auch wenn die EU bislang von scharfen Reaktionen absah, um den Schaden für die heimische Wirtschaft so gering wie möglich zu halten und einen Kompromiss am Verhandlungstisch zu erzielen: Sollte Washington ab 1. August einen 30-Prozent-Basiszoll verlangen, „dann haben wir keine andere Wahl mehr, als zurückzuschlagen“, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat. Die Frage bleibt, wie die härtere Linie der EU aussehen könnte, ohne „in eine Eskalationsspirale zu gelangen“.

EU plant Gegenmaßnahmen

Zunächst könnten die verabschiedeten, aber auf August verschobenen Gegenmaßnahmen im Wert von rund 21 Milliarden Euro in Kraft treten, die Zölle von bis zu 50 Prozent auf US-Waren wie Jeans, Bourbon Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder, Spielkonsolen, Motorboote oder Erdnussbutter vorsehen. Darüber hinaus will die EU-Kommission, die für Handelsfragen zuständig ist, diese Woche eine weitere Liste mit Produkten vorlegen, die das Ziel von Vergeltungszöllen werden könnten. Es geht vor allem um Industrie- und Agrarimporte aus den USA, die laut früherer Angaben zusammen einen Wert von 95 Milliarden Euro hätten. Das klingt nach viel, doch die von Washington angedrohten Abgaben auf europäische Waren beträfen umgekehrt ein Vielfaches. Und die Amerikaner hätten die „Eskalationsdominanz“, sagte ein Kommissionsbeamter. Die EU dagegen würde schnell asymmetrisch eskalieren. Das heißt, es würden unterschiedliche Zollsätze auf beiden Seiten des Atlantiks gelten – mit dem vermeintlichen Sieger Trump.

EU erwägt „nukleare Option“

Deshalb bringt die Gemeinschaft nun die besagte „nukleare Option“ ins Spiel. Es geht um das sogenannte „Anti-Coercion-Instrument“, ein Gesetz, das zwar nicht gerade nach Bazooka klingt, aber dessen Aktivierung zu weitreichenden Zwangsmaßnahmen führen würde. Mit diesem können Sanktionen gegen ein Land verhängt werden, das den Handel als Waffe einsetzt. So könnte die EU die Amerikaner von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in der Union ausschließen, den Zugang von US-Lieferanten zum EU-Markt einschränken, Export- und Einfuhrbeschränkungen für Waren und Dienstleistungen verhängen, was digitale Dienstleister wie Amazon oder Netflix treffen könnte, und ausländische Direktinvestitionen in der Staatengemeinschaft begrenzen.