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Standort vor dem Aus„Ford ohne Fiesta ist wie Köln ohne Dom“

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Die Zukunft der Ford-Werke in Köln hängt in der Schwebe.

Köln – Vom Kreisel hinter Tor 6 im Ford-Werk in Köln-Niehl ist nichts mehr zu sehen. Selbst in den Zufahrtsstraßen und auf der Brücke zum westlichen Teil des Werkes drängen sich die Beschäftigten. "So voll wäre die Y-Halle bei einer Betriebsversammlung nie gewesen", ruft Betriebsratschef Martin Hennig in ein Mikrofon. In der Halle finden normale Versammlungen statt und hier wird der Fiesta montiert, um den es den Beschäftigten geht. "Ford ohne Fiesta ist wie Köln ohne Dom", steht etwa auf Transparenten.

8000 Mitarbeiter in Niehl haben gestern Mittag die Arbeit zeitweise niedergelegt, um für den Erhalt der Fiesta-Produktion in Köln zu demonstrieren. Weitere 2000 sind es in Merkenich, wo unter anderem Entwicklungszentrum und Ersatzteilzentrum angesiedelt sind, und noch einmal 1000 im Industriepark der Zulieferer. Auch sie fürchten um ihre Jobs.

Mitte Dezember hatte Ford-Werke-Chef Bernhard Mattes auf einer Betriebsversammlung gefordert, der nächste Fiesta müsse in Köln global wettbewerbsfähig sein und damit die Fiesta-Nachfolge in Köln in Frage gestellt. Dabei hatte die Belegschaft die Zusicherung, dass auch die nächste Generation des Kleinwagens hier vom Band läuft. Das war Bestandteil einer Beschäftigungssicherungsvereinbarung von Sommer 2011. Darin heißt es laut IG Metall: Der neue Fiesta B479, der Ende 2014 anlaufen soll, wird in Köln gebaut. Köln soll der "Lead Plant" für die B-Car-Produktlinie (Fiesta Klasse) bleiben." Gleichzeitig bekamen die Mitarbeiter eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2016.

Doch dann wurde der Produktionsanlauf des Wagens mehrfach verschoben. Ein Facelift für das seit 2008 gebaute Modell hat es eben erst gegeben, und der Nachfolger soll 2017 auf den Markt kommen. Dann ist die Beschäftigungssicherung ausgelaufen. Das trägt ebenso wenig zur Beruhigung der Mitarbeiter bei wie der Blick ins rumänische Craiova. Hier hat Ford eine Milliarde Euro investiert und montiert den Mini-Van B-Max, ein Fahrzeug auf Fiesta-Plattform. Das Werk ist bei weitem nicht ausgelastet.

Köln habe einiges zu bieten, betonte Hennig unter dem Beifall der Mitarbeiter. Nach dem international renommierten Harbour Report sei Köln das effizienteste Autowerk der Welt. Nirgendwo läuft ein Auto schneller vom Band. Auch seien die Mitarbeiter hoch flexibel. Die Tagesrate sei gerade auf 1760 Fiesta pro Tag erhöht worden. Und um die Nachfrage zu befriedigen, werden im Februar auch an drei Samstagen gearbeitet.

Köln verfüge über hervorragende Standortfaktoren, sagte auch Kölns IG Metall-Chef Witich Roßmann. "In Köln wird der im Fiesta erfolgreich eingesetzte 1-Liter-Fox-Motor hergestellt. Auch die enge Verbindung von Produktion und Entwicklungszentrum ist ein Standortvorteil", so Roßmann.

Kritik am "Wasserkopf Europazentrale"

Die Entscheidung über die nächste Fiesta-Produktion fällt noch in diesem Jahr in der Konzernzentrale in den USA. Hennig will vorher aber mit dem Management von Ford in Europa über langfristige Kostensenkungen verhandeln. Dabei müsse es um die Gesamtkosten gehen, also um Senkungen in allen Produktions-, Entwicklungs- und Einkaufs- und Vertriebsstrukturen, und nicht allein um die Fertigungskosten und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Ausdrücklich kritisierte Hennig den "Wasserkopf Europazentrale", der die Kosten treibe.

Der Betriebsrat hat laut IG Metall von der Belegschaft das Mandat für Verhandlungen erhalten. Sie machten aber nur Sinn, wenn Köln eine realistische Chance auf die Fortführung der Fiesta-Produktion habe. Zugeständnisse der Belegschaft seien möglich, es müsse dann aber eine Anschlussvereinbarung zur 2016 auslaufenden Standortsicherung geben, so Hennig. "Die Geschäftsführung kann nicht mit der Kölner Belegschaft spielen", warnte er. Das Werk sei nicht so einfach zu schließen wie die Werke in Genk, Dagenham und Southampton.