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Urteil des BGHNegativzinsen teils unzulässig – was man nun wissen muss

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 09.04.2021, Bayern, Nürnberg: «Zinsen» steht auf einem Kontoauszug.

Das BGH beurteilt Negativzinsen auf Geldeinlagen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Negativzinsen auf Sparguthaben unzulässig sind, während sie für Girokonten teilweise erlaubt bleiben.

Normalerweise bekommen Sparer Zinsen, wenn sie Geld zur Bank bringen. Doch über Jahre berechneten viele Geldhäuser ihren Kunden negative Zinsen für deren Guthaben. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) können nun Inhaber von Sparkonten mit Rückzahlungen rechnen. Für Kunden mit Girokonten gilt das nur unter bestimmten Umständen.

Nach der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 sind die sogenannten Verwahrentgelte nahezu wieder verschwunden. Rechtlich umstritten blieb aber lange, ob die Praxis überhaupt erlaubt war. Nun hat der BGH in Karlsruhe entschieden: teils, teils.

Was hat der BGH entschieden?

Der BGH hat klargestellt: für Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten dürfen Banken und Sparkassen keine Verwahrentgelte erheben. Das würde nämlich den Charakter der Einlagen, die neben einer Verwahrung auch Anlage- und Sparzwecke verfolgen, verändern. Verbraucher würden dadurch unangemessen benachteiligt. Anders sieht es das Gericht mit Blick auf Girokonten. Die Verwahrung des Geldes stelle hier eine von der Bank erbrachte Hauptleistung dar und unterliege damit keiner rechtlichen Inhaltskontrolle. Somit dürften die Geldinstitute auf diese Einlagen grundsätzlich Negativzinsen erheben.

Das große Aber: Die Vertragsklauseln zu den Verwahrentgelten müssen transparent sein, betont der Senat. Kunden müssen etwa verstehen können, auf Grundlage welches Guthabens die Entgelte berechnet werden. Sonst sind auch hier die Strafzinsen unzulässig.

Wie kam es überhaupt zu den Negativzinsen?

Von Juni 2014 an mussten Geschäftsbanken im Euroraum Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parkten. Auf dem Höhepunkt der Negativzinsphase waren es 0,5 Prozent. Etliche Geldhäuser gaben die Kosten dafür an ihre Kundschaft weiter und verlangten Verwahrentgelte. Sparerinnen und Sparer fühlten sich enteignet – auch wenn die Zinsabzüge auf dem Konto in der Regel erst ab einem bestimmten Freibetrag fällig wurden. Im Juli 2022 schaffte die EZB die Negativzinsen ab, in der Folge lockerten auch Banken und Sparkassen die Gebührenschraube wieder.

Worum ging es konkret in Karlsruhe?

Der für Bankenrecht zuständige 11. Zivilsenat des BGH entschied konkret zu Klagen der Verbraucherzentrale Sachsen, der Verbraucherzentrale Hamburg, sowie des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv). Sie waren gegen drei Banken und eine Sparkasse vor Gericht gezogen, die von Verbrauchern Entgelte für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten erhoben hatten.

Wie reagieren die Verbraucherverbände?

„Das ist ein großer Erfolg für die Bankkunden in Deutschland“, sagt Michael Hummel von der Verbraucherzentrale Sachsen. „Das Gericht hat klargestellt, dass Negativzinsen in den allermeisten Fällen unzulässig sind.“ Das Urteil sei vor allem deshalb so wichtig, weil während der Niedrigzinsphase fast alle Banken Negativzinsen erhoben. „Es waren sehr viele Verbraucher betroffen und diese Beträge sind nun rückzahlbar durch die Banken“, so Hummel.

David Bode von dem Verbraucherzentralen Bundesverband kommentierte nach der Entscheidung: „Zwar hat der Bundesgerichtshof Verwahrentgelten für die Zukunft nicht per se einen Riegel vorgeschoben. Dennoch werden wir genau hinschauen, ob ein nicht ausgeschlossenes Comeback von Negativzinsen dann im rechtlich noch zugelassenen Rahmen erfolgt.“

Was sagen die Banken zu der Entscheidung?

Die Volksbank Rhein-Lippe sieht die BGH-Entscheidung als Bestätigung ihrer Geschäftspolitik während der Negativzinsphase. Die Bank habe Verwahrentgelte „sehr transparent ausschließlich in Form einzelvertraglicher Vereinbarungen“ berechnet. Das Karlsruher Urteil zeige, „dass Banken in herausfordernden Marktsituationen wirtschaftlich sinnvolle Lösungen finden dürfen“, sagt Vorstand Marc Indefrey – auch mit Blick in die Zukunft. „Wir werden auch zukünftig das persönliche Gespräch mit unseren Mitgliedern, Kundinnen und Kunden suchen und für Transparenz sorgen.“

Was bedeutet das Urteil für betroffene Verbraucher?

„Betroffene Bankkunden müssen jetzt aktiv werden“, sagt Hummel. Eine automatische Rückzahlung an betroffene Verbraucher hatte der BGH abgelehnt. „Das heißt, wer Negativzinsen gezahlt hat in der Vergangenheit, der sollte sich schnellstmöglich rechtliche Beratung suchen und bei seiner Bank die Beträge zurückfordern.“ Beratung gebe es bei den Verbraucherzentralen, aber auch bei spezialisierten Anwälten. (dpa)